Es tuat so weh, wenn ma verliert

Diesen Schlager sang Rainhard Fendrich irgendwann in den 80er Jahren. Lang ist‘s her. Jetzt ist er wieder hochaktuell. Für Raini und seine linken Kumpels. Es ist dieses elende, schmerzhafte Gefühl, wenn man verloren hat und sich ungerecht behandelt fühlt. Von der Welt oder wie in diesem Fall, von der Gesellschaft, von den "deppatn" Österreichern, sprich Wählern.

Der russische Präsident Wladimir Putin schaut auf der Hochzeit der FPÖ-nahen Außenministerin Karin Kneissl vorbei und schwingt mit ihr das Tanzbein. Die linke Reichshälfte ist aus dem Häuschen. Von der linken Twitterblase und den Kampfpostern in den einschlägigen Foren bis hinauf zum schwer dezimierten linken politischen Spitzenpersonal ist man durchgängig empört, lässt kein gutes Haar am Putin-Besuch: Instrumentalisierung, Imageschaden, Provokation, Schande, Kniefall, Schaden für Österreich und Schaden für die EU. Und erst die hohen Kosten! Davon hätte die SPÖ auch um das AKH einen Esoterikschutzring legen lassen können.

Die wichtigsten moralische Instanzen unseres Landes, Falter-Journalist Florian Klenk, postet eine Bildmontage: Kneissl und Putin im Vorder-, das Wrack des abgeschossenen Malaysia-Air-Flugzeuges im Hintergrund. Wenn, wie in diesem Fall, die Nazikeule selbst bei der linksextremen Falter-Klientel nicht so recht funktionieren will, greift man eben zu einem anderen Totschlagargument. Alles ist erlaubt. Als Van der Bellen mit Irans Präsidenten Hassan Rouhani bei dessen Besuch in Wien in die Kameras strahlte, hat Klenk übrigens keine Bildmontage mit an Laternenpfählen aufgeknüpften Schwulen gepostet.

Keine Frage, der Putin-Besuch ist für die heimischen Linken ein Desaster. Für die Linken, nicht für Österreich. Das ist der Grund, warum Klenk, Kern und die ganze linke Truppe so auszucken und ihre Kräfte mobilisieren, um gegen die Regierung Stimmung zu machen. Nicht weil die Putin-Visite politisch tatsächlich besonders problematisch gewesen wäre. Hätte der russische Präsident bei einer Geburtstagsfête von Christian Kern, beim Grillabend von Hans Peter Haselsteiner, beim Jagdausflug von Christian Konrad oder beim Brunch mit den Van der Bellens vorbeigeschaut, wären jene, die jetzt so laut und verbittert wehklagen, vor Glückseligkeit im Kreis gesprungen.

Die linken Medien hätten von einem wichtigen Zeichen, vom notwendigen Dialog oder von einer Verbesserung der Beziehungen zwischen EU und Russland geschwärmt. Putin hat aber nicht Kern, nicht Van der Bellen, sondern Kneissl getroffen. Das ist das Problem. Nicht mehr und nicht weniger.

Die Scheinwerfer der Aufmerksamkeit, auch die internationalen, sind auf Kurz und Kneissl gerichtet. Unter Sebastian Kurz als Bundeskanzler hat Österreich eine internationale Bedeutung erlangt, wie seit Jahrzehnten, seit Bruno Kreisky nicht mehr.

Kern, Pilz, Van der Bellen und all jene, die sie gewählt haben, sitzen im Dunkeln, im Schatten der bösen, rechten Regierung, vor der sogar so bedeutende Menschen wie Wolfgang Ambros warnen. Und der ist immerhin die Nummer 1 vom Wienerwald.

Gegen Österreich gibt es, anders als unter der schwarzblauen Regierung von Wolfgang Schüssel, nicht nur keine von der SPÖ initiierten Sanktionen mehr, im Gegenteil, unser Land macht unter der rechtskonservativen Regierung außenpolitisch eine äußerst gute Figur, hat international an Bedeutung und Einfluss gewonnen. Das hat unter anderem der Freundschaftsbesuch eines der mächtigsten Männer der Welt bei einer "deppaten FPÖ-Politikerin" den Linken in Politik, Medien und Kultur drastisch vor Augen geführt. Jene politische Gruppe, die jahrzehntelang im Rampenlicht stand und Österreich angeführt hat, die sich gegenseitig unablässig ihrer eigenen Wichtigkeit und Unverzichtbarkeit versichert hat, steht nun im Abseits. Kern wird bestenfalls von Tal Silberstein, Pilz von niemandem besucht und Frau Meinl-Reisinger kennt man nicht einmal mehr in Passau oder der Excalibur City.

Sie können nur frustriert zusehen, wie Kurz die europäische Politik beeinflusst und mitbestimmt, Kneissl mit Putin tanzt und gute Beziehungen zu vielen anderen Staaten rund um den Globus unterhält. Dabei müsste die Rollenverteilung nach dem gängigen linken Narrativ völlig anders sein: Die rechten Kellernazis, mit denen niemand etwas zu tun haben möchte, auf der einen, die international anerkannten und beliebten Linken auf der anderen Seite. Was für eine Schmach. Da ist man betont weltoffen, aber außer jenen, die in unser Sozialsystem einwandern wollen, würdigt das im Ausland niemand.

Das betrifft nicht nur Christian Kern, Andreas Schieder, Gabriele Heinisch-Hosek und die anderen Sozialisten, die bis vor kurzem noch die Hausherren in diesem Land gegeben haben, sondern alle Linken, bis hinunter zum linken Fußvolk.

Dieser Bedeutungs- und Machtverlust ist nur schwer zu verkraften, zumal alle Linke, von Ambros über Kern, von Klenk bis Pilz, der festen Überzeugung sind, dass sie aufgrund ihrer moralischen und intellektuellen Überlegenheit dort sein müssten, wo die Kurz-ÖVP und die FPÖ jetzt sind. Dass Putin Kneissl besucht und nicht Kern oder Bures, ist eine schwere Kränkung für das gesamte linke Lager. Auch wenn man noch so schimpft, diesen Besuch noch so sehr in den Dreck zieht, den eigenen Bedeutungsverlust kann man damit mehr schlecht als recht kaschieren.

Putin hat die aktuellen politischen Macht- und Kräfteverhältnisse in Österreich, die von den einschlägigen Medien so verzerrt und falsch dargestellt werden, vielen im Land wieder deutlich vor Augen geführt. Auch wenn Kern, Pilz und sogar Kogler von ORF, News und Profil hochgejubelt werden, außerhalb der linken Medienblase sind sie weitgehend bedeutungslos.

Und kaum hat der verschrumpelte Wolferl Ambros, dessen besten Zeiten in der Kreisky-Ära liegen, mit seinen Attacken auf die FPÖ das verletzte Ego der Linken wieder ein bisserl aufgerichtet, da fliegt Putin mit seiner Präsidentenmaschine in Österreich ein und trampelt es auch schon wieder nieder. Da hilft es auch nicht, den Wolferl zu hypen und den Putin zu verdammen: Wer ist Ambros? Und wer ist Putin? Diesen krassen Bedeutungsunterschied können nicht einmal linke Wohlfühlpostillen á la Standard oder Falter einebnen.

So viel Gift und Galle können sie gar nicht spucken. Es sind Sebastian Kurz und Karin Kneissl, die im internationalen Rampenlicht stehen und nicht ihre Freunderln Kern und Pilz. Die linken Oppositionsführer sind zu politischen Randfiguren verkommen und selbst in den eigenen Reihen nicht mehr unumstritten. Auch wenn die linken Medien ausschließlich negativ über den Putin-Besuch berichtet haben, sie haben berichtet. Ausführlich sogar.

Das schmerzt. Was hilft es, wenn man in seiner linken Blase, in seiner schrumpfenden Scheinwelt nach wie vor der Klügste und Wichtigste ist, der alles besser kann und weiß, aber in der realen Welt der Loser ist? Wenn Selbst- und Fremdwahrnehmung zu weit auseinanderdriften, wie etwa bei Christian Kern, beginnt es peinlich und tragisch zu werden.

Irgendwann hilft auch das Eindreschen auf den politischen Gegner nicht mehr, irgendwann muss sich auch die Linke eingestehen, dass sie mit ihren ranzigen Rezepten, Utopien und Lösungsvorschläge von vorgestern weder bei den Wählern, noch auf dem internationalen Parkett gut ankommt, dass jetzt andere die Geschicke dieses Landes lenken, und die Mehrheit der Österreicher damit zufrieden ist.

Sich das einzugestehen, scheint für Klenk, Fendrich, Kern, Ambros und Co. ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Schlechte Verlierer. Die linken Besserwisser und Moralapostel hätten nicht "Schifoan", sondern "Es tuat so weh, wenn ma verliert" zur Nummer 1 der Austrocharts machen sollen.

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