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Die Wiener Korruption und Karl-Heinz Grasser im Vergleich

Eine Wohnung in Wien um 2000 Euro. Das wäre schon dann ein Supergeschäft für jeden Käufer, wenn das der Quadratmeterpreis wäre. Aber nein, das ist der Preis für eine ganze Wohnung! Um diesen Preis sollten insgesamt 3000 Sozialwohnungen einer – nach seriösen Angaben zu 40 Prozent aus Steuermitteln geförderten – SPÖ-nahen Wohnbauvereinigung unter der Hand an einen privaten Investor verkauft werden, hätte nicht im letzten Moment das Finanzamt Probleme gemacht. Ein solches Schnäppchen klingt auf zehn Kilometer gegen den Wind nach dem größten Korruptionsskandal dieses Jahrtausends. Und was tut die Staatsanwaltschaft? (mit nachträglicher Ergänzung)

Natürlich nichts. Wie bei fast allen Skandalen rund um die Wiener SPÖ.

Man vergleiche diesen Skandal mit dem Verhalten der Staatsanwaltschaft in der Causa Grasser. Auch in dieser geht es ja interessanterweise primär um den Verkauf von Wohnungen, die mit Hilfe von Steuermitteln errichtet worden waren. Der Vergleich fällt ganz eindeutig aus – allerdings zu Gunsten des einstigen Finanzministers.

Die wichtigsten Unterschiede:

  1. Der damalige Verkauf der Buwog-Wohnungen ist in aller Öffentlichkeit und begleitet von scharfem Licht der Opposition abgelaufen. Die SPÖ-nahe Wohnbauvereinigung und das voll kooperierende Rathaus wollten hingegen ihren Deal unter der Tuchent abwickeln.
  2. 2003 haben alle Besitzer einer Buwog-Wohnung vorweg die Möglichkeit bekommen, die eigene Wohnung selbst zu kaufen. Was etliche auch wahrgenommen haben. Die SPÖ-nahe Wohnbauvereinigung hingegen hat dieses Angebot nicht gemacht (ganz offensichtlich, weil dadurch der Wert des Gesamtpakets für den Beschenkten – pardon: den "Käufer" deutlich gesunken wäre, der dann nicht mehr mit jedem Haus beliebig verfahren hätte können).
  3. Der damalige Buwog-Verkauf ist nach einer peniblen Ausschreibung verlaufen, an der sich jeder zahlungskräftige Interessent beteiligen hat können. In Wien hat es keine Ausschreibung gegeben.
  4. Das erste Ergebnis jener Ausschreibung ist von Grasser auch noch durch einen zweiten Durchgang ergänzt worden, sodass die Erträgnisse für den Staatssäckel noch ein wenig gesteigert werden konnten.
  5. Grasser wird nun – ohne echten Beweis – der Vorwurf gemacht, dass er es gewesen sei, von dem die Information über die Höhe des einen Bieter-Gebots gekommen sei, worauf die Gegenseite ein darüber liegendes Angebot machen konnte. Selbst wenn das stimmen sollte (vielleicht hat ja Grasser wirklich nächtens das verschlossene Kuvert mit dem Gebot aus dem Panzerschrank des Ministeriums geholt und über einer Kerzenflamme geöffnet), ist dadurch ja am Ende noch mehr Geld zum Staat geflossen.
  6. Alle potenziellen Käufer im Buwog-Rennen waren seriöse österreichische Unternehmen, im Falle des Rathaus-Deals war es hingegen ein hierzulande bisher unbekannter Schweizer Investor.
  7. Dieser Investor ist noch dazu ausgerechnet von jenem Immobilienspekulanten ins Gespräch gebracht worden, der durch das Projekt eines Hochhauses neben dem Konzerthaus zu Recht zum meistgehassten Mann für alle am kulturellen Erbe Wiens Interessierten geworden ist.
  8. Während die Causa Buwog von Anfang an Jagdobjekt der SPÖ und bald auch das linker Staatsanwälte gewesen ist, brauchte es zur Aufdeckung des Wiener Wohnungs-Deals das Finanzamt.
  9. Beim Buwog-Verkauf hat trotz der Wertminderung durch einzelne Privatkäufe der Großkäufer für jede einzelne Wohnung im Schnitt 16.020 Euro zahlen müssen. Das aber war im Jahr 2003. Auf Grund der im Immobiliensektor rasanten Preisentwicklung seither ist dieser Wert zum jetzigen Zeitpunkt mindestens zu verdoppeln. Womit Grasser im Vergleich zu den Wiener Genossen aus jeder Wohnung mehr als das 15-fache pro Stück herausgeholt hat.
  10. Grasser gesamte Existenz wird seit fast einem Jahrzehnt von den mit unglaublichem Hass und  ungeheurer Verbissenheit agierenden Staatsanwälten ruiniert (so gab es nicht weniger als 15 Razzien). Der in Wien lange für Wohnbau verantwortliche Stadtrat Michael Ludwig ist hingegen mit dem Bürgermeisterposten belohnt worden.

Diesen ungeheuerlichen Skandal der Verscherbelung von öffentlichem Gut versuchen die Rathausverantwortlichen hinter dem Nebel einer Debatte über die viel weniger wichtige formaljuristische Frage zu verstecken, ob der Käufer zum Erwerb einer solchen gemeinnützigen Gesellschaft rechtlich legitimiert gewesen ist oder nicht. Auch ein Problem, aber wirklich unbedeutend gegenüber dem Hauptskandal.

Dieser ist keineswegs das einzige, was einen über das Wiener Rathaus fassungslos macht.

Dazu kommt das schon genannte Hochhaus-Verbrechen, das ja ebenfalls gewaltigen Profit zu bringen verspricht (wo man vorerst nur nicht genau weiß, wer aller davon profitieren wird), an dem die grüne Parteichefin Vassilakou hauptschuld ist.

Dazu kommt die Verschandelung des herrlichen Jugendstil-Geländes am Steinhof rund um die weltweit renommierte Otto-Wagner-Kirche durch Neubauprojekte, woran die frühere rote Stadträtin Frauenberger hauptschuld ist.

Dazu kommen die schier unendlichen Skandale rund um das Krankenhaus Nord, an denen die frühere Stadträtin Wehsely hauptschuld ist. Dieses Projekt ist schon deshalb zur Katastrophe geworden, weil ständig die Verantwortlichen im Stadtsenat, in der Krankenanstalts-Führung und in der Bauleitung ausgetauscht worden sind. Es kostet zumindest Hunderte Millionen mehr als ursprünglich geplant (wobei die Herstellung eines "Energieringes" rund um den Bau oder die Rechnung für die bloße "Wartung" nur des Baustellenzaunes in der Höhe von mehr als 800.000 Euro bloß die anschaulichsten aus zahllosen Beispielen von totaler Unfähigkeit – oder schwerer Korruption sind).

Wie konnte es nur soweit kommen, dass solche Dinge in Wien offenbar ununterbrochen passieren?

  • Ein Grund ist zweifellos, dass man sich im Rathaus des Wohlverhaltens der Staatsanwälte ziemlich sicher sein konnte.
  • Ein weiterer Grund ist, dass man alle großen Medien der Stadt in der Hand zu haben glaubte: durch eindeutig kriminelle Bestechungsinserate aus Steuermitteln (von denen Wien eine Vielfaches aller anderen Bundesländer vergibt) und durch – gesetzlich gedeckten – direkten Einfluss beim ORF. 
  • Ein dritter ist, dass in der Sozialdemokratie im Lauf der Jahrzehnte jeder Rest des einst sicherlich vorhandenen Ethos einer Arbeiterbewegung (die etwa für Bildung und gegen Alkohol gekämpft hatte) spurlos verschwunden ist. Jetzt geht es nur noch um Macht, Jobs und Geld.
  • Ein vielleicht noch wichtigerer Grund ist, dass es praktisch immer in schwere Korruption mündet, wenn irgendwo mehr als 70 Jahre ein und dieselbe Partei an der Macht ist (die in Wien nur hie und da grüne oder schwarze Wasserträger gebraucht hat).
  • Was noch dadurch erschwert wird, dass die Roten ihre Herrschaft in Wien auch in die Zukunft hinein für abgesichert halten können, weil sie mit den Grünen und Pinken gleich zwei potenzielle Satellitenparteien zur Hand haben, die ihnen weiter die Macht sichern, da sie nicht für Kooperationen mit Blau-Schwarz zur Verfügung stehen wollen.

Macht korrumpiert fast immer. Totale Macht korrumpierte immer total.

PS: Noch ein anderer Vergleich zur Causa Buwog, diesmal aber zum Bau des Krankenhauses Nord. Auch bei diesem lagen die beiden Bestbieter nur um ein Frauenhaar auseinander. In der Abrechnung des Krankenhausbaues wäre jedoch der Zweitbieter deutlich billiger gewesen, weil der Ausschreibungssieger von der Menge des Erdaushubes bis zu jener der gesetzten Dübel unrealistisch niedrige Mengen in seinem Angebot hatte. Was aber im ganzen Rathaus-Apparat – angeblich – niemandem aufgefallen ist.

PPS: Wer noch Zweifel an einer Degeneration der Staatsanwaltschaft zu einer De-Facto-Unterabteilung der SPÖ hat, schaue sich den Fall Grünberg an. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft, die in all den erwähnten Fällen nie Anklage erhoben hat, führt nun ein Verfahren gegen die querschnittsgelähmte Ex-Sportlerin und jetzige ÖVP-Abgeordnete Grünberg, weil ihr – lange vor der politischen Tätigkeit – via Sporthilfe ein behindertengerechtes Auto geschenkt worden war, das aber erst nach Antritt ihres Mandats geliefert worden ist. Sie schämen sich nicht einmal mehr bei so etwas.

(Nachträgliche Ergänzung: Inzwischen hat die Wiener SPÖ einen halben Rückzieher gemacht. Unter dem Motto "vorerst", Verweis auf angebliche rechtliche Unklarheiten und dass man mit der Genossenschaft ja eigentlich nichts zu tun habe.
Gleichzeitig wurde aber auch ein teilweise die Affäre mildernder Aspekt kommuniziert, der ursprüngliche Käufer, dessen Kauf nach Einschreiten des Finanzamtes - und lautem Aufschrei der Öffentlichkeit - jetzt nachträglich für unwirksam erklärt wird, hätte auch etliche Schulden der Wohnbauvereinigung übernehmen sollen.
Gleichzeitig hat freilich die SPÖ mittels des ORF-Hörfunks noch eine weitere eine skandalöse Entlastungsoffensive gestartet: Gemeinnützige Wohnungen wären keine Sozialwohnungen - als ob das nicht jede geförderte Wohnug wäre! - und außerdem wäre die Wohnbauvereinigung früher eine ÖVP-nahe gewesen)

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