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Islam? Christentum? Eh alles eins

Stolz kam die Klosterschwester auf mich zu, um Lob einzuheimsen: "Wie finden Sie es, dass wir es heuer nach der Matura ganz anders gemacht haben, also keinen Schlussgottesdienst, sondern eine interreligöse Dankfeier?" Die Frau war über meine Antwort freilich schockiert. "Wenn Sie es ehrlich hören wollen: schrecklich und selbstentwürdigend. Das ist genau das, was der Papst Ratzinger einst als die Hauptsünde des Relativismus bezeichnet hat, der in der Botschaft besteht: Es ist eh alles gleich und wurscht."

In Schulen sind es Lehrer nicht gewohnt, von Eltern & Co aufrichtige Worte zu hören, da diese ja im Interesse ihrer Kinder fast immer taktisch denken. Aber da mein Enkel die Schule (mit Bravour) beendet hatte und da wohl kein anderer meiner Nachfahren in eine die eigene Identität verratende "katholische" Schule mit merkwürdigen "interreligösen" Veranstaltungen gehen wird, musste ich mir kein Blatt vor den Mund nehmen.

Wahrscheinlich ist es das Hauptproblem solcher Klosterschwestern – die es nicht nur in diesem Gymnasium im siebenten Bezirk Wiens gibt –, dass sie das Christentum völlig anders zu interpretieren versuchen, als es 2000 Jahre lange gelebt worden ist. Es war immer eine Religion, die Nächstenliebe, persönliche Demut, ja auch die Bereitschaft zur persönlichen Selbsterniedrigung gelehrt hat (was alles freilich oft nicht praktiziert worden ist, aber das ist eine zweite Frage). Die Christen haben aber niemals eine Relativierung oder Erniedrigung ihrer eigenen Religion gelehrt oder praktiziert. Es war in all dieser Zeit für Christen sogar die größte Sünde gegen ihr oberstes Gebot, eine solche Erniedrigung der eigenen Religion schweigend hinzunehmen oder gar an dieser auch aktiv mitzuwirken.

Um es konkret zu sagen: Natürlich können auch Klosterschwestern Probleme mit Gott und seinem Wesen haben. Aber das gibt ihnen noch lange nicht die Legitimation, vor Schülern jenen Allah undifferenziert als Gott, als identisch mit dem Gott darzustellen, den die Christen anbeten. Dies vor allem deshalb nicht, weil dieser Allah – wie Moslems überzeugt sind – jedes Wort des Korans selbst diktiert hat. Das aber ist ein Buch, in dem – neben durchaus netten, friedlichen Passagen – an vielen Stellen steht, dass der Ungläubige, der Kafir, betrogen, gehasst, verspottet, gefoltert und getötet werden dürfe. Was ja eigentlich alles schon straf-, verfassungs- und grundrechtlich ein gewaltiges Problem ist, das aus Feigheit und Opportunismus nur niemand auszusprechen wagt. Aber es geht dann doch zu weit, wenn auch in einer katholischen Schule diese fundamentalen Unterschiede wegignoriert werden.

Bei dieser Feier in der Schulkapelle wurden – von einem katholischen und einem islamischen Religionslehrer – fünf knappe Zeilen aus der Bibel und eine doppelt so lange Koranstelle vorgelesen. Keineswegs zufällig stammt die Bibelstelle aus dem – im Christentum im Vergleich zum Neuen Testament zu Recht nie so bedeutend gewordenen – Alten Testament. Und fast natürlich ging es wieder einmal um Abraham, weil der auch im Koran vorkommt. Das neuerdings so häufige Zitieren Abrahams ist eine weitere der von Unterwerfungs-Christen heute gern praktizierten Methoden, um zu ihrem "Ist eh alles dasselbe" zu kommen. Da müssen halt Christus, Paulus und die Apostel weit zurücktreten, Sie könnten ja die "interreligiöse" Harmonie stören .

Weniger gerne hören diese Unterwerfungschristen die Erinnerung daran, dass die Kirchengeschichte vor allem der ersten Jahrhunderte voller Märtyrer ist, die lieber in den Foltertod gegangen sind, als einem fremden Gott zu opfern. Dabei waren doch etwa Jupiter oder Zeus laut Mythologie durchaus nette Obergötter im Götterhimmel …

Weniger gern werden die Unterwerfungschristen auch daran erinnert, dass das Christentum immer dann und dort stark und groß geworden ist, wo es an der Seite des Volkes gegen fremde Bedrohungen gestanden ist. Von den Wiener Türkenbelagerungen über die Befreiung Spaniens bis zum Freiheitskampf der Polen gegen Preußen und Russen.

Weniger gerne hören sie auch, dass das europäische Christentum durch solche Aktionen eines Alle-Religionen-sind-eh-gleich mit Sicherheit nicht Sympathien gewinnt, sondern viel Respekt verliert. Auch bei Moslems, die unweigerlich zum Schluss kommen müssen: "Diese Christen wissen ja gar nicht mehr, wer sie sind und wofür sie stehen."

Jeder Moslem, der seine Kinder in eine katholische Schule schickt, weiß ja, dass es eine solche ist, und er akzeptiert daher auch die (vermeintliche) katholische Identität einer solchen Schule. Und manche schicken ihre Kinder sogar aus einer Art positiver Neugier in eine katholische Schule. Beide Gruppen hätten nicht erwartet, geschweige denn verlangt, dass sie bei offiziellen Schulfeiern mit Suren beglückt werden.

Besonders seltsam war es auch, bei dieser Dankfeier ständig von den "beiden Religionen" zu hören, als ob es in dieser Schule oder gar auf der Welt nur Katholizismus und Islam gäbe. Dabei berichtete nachher der Klassenvorstand nüchtern von vier Religionen und neun Nationen in einer einzigen Klasse. Sind die anderen Religionen etwa nichts wert, sodass sie bei einer solchen Feier nicht einmal erwähnt werden? Dafür, so hat er nachgezählt, ist in dieser Schule der Anteil der katholischen Schüler niedriger als im österreichischen Schnitt …

Verlassen wir vorerst diese Schule und blicken zur Ergänzung eines erstaunlichen Bildes etwa ins vermeintlich bürgerliche Niederösterreich. Dort bietet die "Pädagogische Hochschule Niederösterreich" einen viersemestrigen Lehrgang (allerdings nur mit dreistündiger Präsenzpflicht!) "Migration, Asyl & Schule" an.

Freilich sind die Lehrgangsveranstalter nicht einmal selbst imstande, sich selbst verständlich und in gutem Deutsch auszudrücken. Ein paar Beispiele eines unerträglichen Phrasendreschens aus ihrem Werbeprospekt:

  • "Sie erwerben dabei Kompetenzen für die Diversität unserer Migrationsgesellschaft";
  • ein Absolvent "kann fachlich und diversitätsorientiert Auskunft geben";
  • "Diskurs an originären Lern- und Erfahrungsorten";
  • "Portfolio als verschriftliche Dokumentation erfüllter Aufgabenstellungen";
  • "begleitete gemeinsame Arbeits- und Reflexionsräume";
  • "Reflexion auf persönlicher und professioneller Ebene des an den Primärerfahrungsorten Erlebten";
  • "Sie erwerben Wissen über humanitäre Werte, betrachten das Alltagsgeschehen in humanitärer Perspektive, treffen ihre Entscheidungen und setzen daraus ihre Handlungen";
  • "die Studierenden sind in der Lage, ihre Vorannahmen individuell und kooperativ zu reflektieren";
  • "in situierten Lernumgebungen werden Rahmenbedingungen interkulturellen Handelns erfahrbar gemacht";
  • "Sie verstehen die Multiperspektivität der multikulturellen Handlungskompetenz und können ihre Erfahrungen in einen Gesamtzusammenhang stellen (Metakontextualisierung)".

Dieses oft grammatikwidrig holpernde und inhaltsarme Geschwurbel gibt zwar viel Anlass, hellauf zu lachen. Und man kann fast erleichtert sein, dass Lehrer, die sich diesem Schwachsinn unterziehen, ohnedies nur drei(!) Wochenstunden physisch anwesend sein müssen. Aber weniger erleichtert ist man, wenn man bedenkt, dass Lehrer nach solchen Veranstaltungen glauben könnten, irgendetwas über die wirkliche Welt erfahren zu haben. Noch weniger erleichtert ist man, wenn man bedenkt, dass all das auf Steuerkosten stattfindet. Und schließlich sei die These gewagt: Auch solche Veranstaltungen tragen dazu bei, dass sogar in katholischen Schulen Verwirrung und Standortlosigkeit eingezogen sind, dass sich das eben bis in die Schulkapelle hinein fortsetzt.

Wohlgemerkt: Weder die PH Niederösterreich noch die katholische AHS sind Institutionen, wo Rot und Grün ihre Ideologie verbreiten können. Daher haben manche sie bisher für Horte christlicher, abendländischer und bürgerlicher Identität gehalten. Aber wir lernen: Schwachsinn und Identitätsverlust sind nicht parteipolitisch begrenzbar.

Während manche Katholiken ihr Heil in Anpassung an den Islam oder gar Unterwerfung suchen, zeigen die Schulstatistiken ein anderes – für viele erstaunliches – Phänomen: Die am schnellsten wachsende Schülergruppe sind gar nicht die Moslems, sondern die Kinder "ohne Bekenntnis". Eigentlich wundert es ja nicht, dass ein Glaube nicht mehr sonderlich anziehend wirkt, wenn viele seiner heutigen Exponenten jede innere Identität verloren haben. Gleichzeitig ist allein seit der Jahrtausendwende der Anteil der katholischen Schüler in Wien von über 57 auf unter 32 Prozent gesunken.

Wahrscheinlich werden daher die Unterwerfungschristen bald auch mit den Schülern ohne Bekenntnis eine "religiöse" Feier abhalten: Motto: Ist doch gleich, ob es einen Gott gibt oder nicht.

PS: Irgendwie war die Antwort entwaffnend, als ich nach der Maturafeier die Schwester auf den Relativismus-Gedanken von Ratzinger hinwies: "Diesen Papst hab ich eh nie gemocht."

PPS: Vielleicht hat sie sogar Recht, wenn sie ihr Christentum nur in Hinblick auf den jetzigen Papst sieht. Hat er doch nach seinem Besuch auf einer griechischen Insel etliche "Flüchtlinge" mitgenommen – durchwegs Moslems. Seither tun sich meine orientalischen Christenfreunde schwer, ihn noch zu akzeptieren: "Warum hat er nicht meine christlichen Verwandten mitgenommen, die auch auf der Insel gewartet haben? Ist er nicht Oberhirte der Christen, der also seine Christen nicht im Stich lassen dürfte?" Mir ist keine Antwort eingefallen.

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