Wenn im ORF über die polnische oder ungarische Regierung berichtet wird, dann fehlt niemals der Zusatz "national-konservativ" oder "rechts-national". Der ORF glaubt nämlich, dass seine Kunden nicht so gescheit sind, wie seine Redakteure und daher entsprechend zu belehren sind. Und so ist das "katholische Irland" selbstverständlich "erzkonservativ" und war der Ständestaat in Ö1 "klerikal-faschistisch".
Es ist auffallend, dass bei negativ konnotierten Regimen linker Spielart diese erklärenden Hinweise regelmäßig fehlen. In einem ausführlichen Feature über Venezuela wurde zwar korrekt berichtet, dass in "diesem einstmals reichsten Land Südamerikas" wegen mangelnder Ernährung "sechs Kinder pro Tag" sterben, aber es gab keinen einzigen Hinweis, dass blindwütige linke Ideologen dieses Land ruiniert haben. Als die slowakische Regierung nach dem Mord an einem unbequemen Journalisten ins Schleudern kam und sogar der Ministerpräsident und einige seiner Minister den Hut nehmen mussten, fand sich ebenso wenig ein Hinweis auf die Partei des Regierungschefs wie bei Berichten über Malta, Rumänien oder Nikaragua. Wahrscheinlich will uns der ORF in diesen Fällen nicht überinformieren.
Die unverschämte Parteinahme für die SPÖ und ihren Spitzenkandidaten im letzten Wahlkampf ist noch in unguter Erinnerung. Nach der Wahl geht es ungeniert weiter; die täglichen – mehr oder weniger versteckten – Fouls werden nicht weniger. Es gibt praktisch kein von der Regierung präsentiertes Thema oder Projekt, wo der ORF nicht sofort einen (oder mehrere) "Experten" antreten lässt, die mundflink "nachweisen", dass das Projekt total verfehlt, falsch aufgezogen, unsozial, ungerecht, ausländerfeindlich oder was sonst noch ist.
Projekte der Regierung werden in ORF-Berichten auch gerne als "umstritten" bezeichnet. Damit wird schon in der Anmoderation eine negative Tendenz vorgegeben. Aber natürlich sind praktisch alle Vorhaben automatisch "umstritten", weil die SPÖ grundsätzlich dagegen ist und der Staatssender den Gegenstimmen regelmäßig mehr Gewicht verleiht. Ausgewogenheit sieht anders aus.
Auch bei der Themensetzung zeigt der ORF – insbesondere auf Ö1 – wenig Phantasie. Egal um welches Sendeformat es sich handelt: Kapitalismuskritik, Klimawandel, Nationalsozialismus, Migration oder Genderfragen gehören zum täglichen Pflichtprogramm.
1992 gab es zu dem von der FPÖ initiierten Volksbegehren "Österreich zuerst" – eine interne Anweisung im ORF: "Dem Volksbegehren ist in allen Sendungen unauffällig entgegenzuarbeiten." Mittlerweile sind solche Anweisungen nicht mehr notwendig, denn eine handverlesene Personalpolitik sorgt sein Jahren dafür, dass jeder weiß, was er zu tun hat.
Sogar das auch nicht gerade regierungsfreundliche Magazin "Profil" stellte jüngst trocken fest, dass es im ORF "keine innere und äußere Äquidistanz zu den Parteien" gibt, was sich vielleicht " ein privates Medium leisten könne", das man ja nicht kaufen muss, aber nicht ein der Objektivität verpflichteter und mit Zwangsgebühren finanzierter Staatsfunk.
Das ORF-Gesetz verpflichtet nämlich zu einer "objektiven Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten und Reportagen". Diese Anforderungen werden täglich verletzt, durch eine gezielte Auswahl und Gewichtung der Themen, durch sorgfältige Selektion der Gesprächspartner und "Experten", durch tendenziöse Formulierungen bis zur Auswahl des Filmmaterials.
Es wird Zeit, dass die Bürger, die sich bereits zunehmend vom "Rotfunk" abwenden, entweder die ordentliche Information bekommen, für die sie zahlen, oder der Staatsfunk wird durch schrittweise Privatisierung in die finanzielle Unabhängigkeit entlassen. Viele fragen sich schon lange, warum wir etwa für einen Kanal wie ORF1, der – wie ein privater Trashsender – überwiegend amerikanischen Serienmüll sendet, zahlen müssen.
Dr. Herbert Kaspar war langjähriger Herausgeber bzw. Chefredakteur der ACADEMIA, der Zeitschrift des österreichischen Cartellverbandes. Der Beitrag ist sein adaptierter Gastkommentar in der Juli-Ausgabe dieser Publikation.