Bereits zum 12. Mal erschien jetzt der von den beiden Fondsmanagern der Incrementum AG, Ronald-Peter Stöferle und Mark Valek, verfasste In Gold we Trust-Report. Auf mehr als 200 Seiten analysieren die Autoren verschiedenste Einflussfaktoren des Goldpreises. Mit über 1,7 Millionen Downloads (2017) weltweit zählt diese Goldstudie zu den meistgelesen einschlägigen Publikationen weltweit. Vom renommierten Wall Street Journal wurde der In Gold we Trust-Report als "Goldstandard aller Goldstudien" bezeichnet.
Die diesjährige Ausgabe wählte zum Leitmotiv das Bild einer fundamentalen Gezeitenwende, die sich mit Bezug auf Gold insbesondere auf drei Ebenen vollzieht: 1) die geldpolitische Gezeitenwende; 2) die währungspolitische Gezeitenwende; 3) die technologische Gezeitenwende.
Ein wenig mehr im Detail zu diesen drei Gezeitenwende.
1) Die geldpolitische Gezeitenwende
Die Wende von Quantitative Easing (QE) zu Quantitative Tightening (QT) hat in der öffentlichen Debatte erstaunlich wenig Aufmerksamkeit erregt. Zentralbanken um den Globus haben durch die Schaffung einer gigantischen Liquiditätsschwämme in den vergangen zehn Jahren die Preise von Vermögenswerten (insb. Aktien, Anleihen, Immobilien) massiv in die Höhe getrieben. In diesem Zeitraum wurden unvorstellbare 14.357 Mrd. US-Dollar von den führenden Zentralbanken (FED, EZB, BoJ, PBoC, SNB) geschöpft und in Wertpapiere veranlagt. Zu den großen Gewinnern des QE gehören die Anleihen- und Aktienmärkte. Mit einer Länge von 108 Monaten und einem Anstieg von 262 % ist der aktuelle Bullenmarkt einer der längsten und kräftigsten in der Geschichte der USA. Diese relative Stärke des Aktienmarktes erhöhte die Opportunitätskosten des Goldes, das, so die Autoren, dadurch vergleichsweise ins Hintertreffen geriet.
Sollte insbesondere in den USA die schrittweisen Verkürzung der Zentralbankenbilanz tatsächlich wie geplant umgesetzt werden, dürften spätestens 2019 die oben genannten Zentralbanken die Zentralbankenliquidität in toto reduzieren. Die Folgen dieser geldpolitischen Gezeitenwende, die in den USA bereits eingeläutet wurde und die im Euroraum bald folgen dürfte, könnten dramatisch sein. Zumal das Auslaufen der außergewöhnlichen geldpolitischen Maßnahmen wie des QE begleitet wird mit dem schon vollzogenen bzw. zumindest debattierten Einstieg in den Zinserhöhungszyklus.
2) Währungspolitische Gezeitenwende
Die De-Dollarization, das heißt die schleichende Abwendung vom US-Dollar als alles dominierende Weltleitwährung und damit die Umformung der unipolaren in eine multipolare Welt- und Geldordnung, setzt sich fort. Besonders auffällig äußert sich dies zum einen darin, dass die Zentralbanken seit 2008 als Nettokäufer von Gold auftreten. Insbesondere China, Russland und die Türkei haben ihre Zentralbankbestände an Gold seit 2007 deutlich erhöht und zwar um 307% (China), 408% (Russland) und 486% (Türkei). In Q4/2007 hielten China, Russland, die Türkei und Indien zusammen 1.524 Tonnen Gold, was 5,1% der damaligen Gesamtgoldreserven der Zentralbanken entsprach. In Q4/2017 kommen sie zusammen schon auf 4.804 Tonnen Gold oder 14,3% der Gesamtgoldreserven der Zentralbanken. Nicht minder bemerkenswert ist der Umstand, dass in Russland mittlerweile knapp 55% der Zentralbankgeldmenge M0 durch Gold gedeckt sind, während der Deckungsgrad des engsten Geldmengenaggregats in der Eurozone bei 9,5% und in den USA bei 8,8% liegt. Zum anderen setzt speziell China Schritte, um im Öl- und Goldhandel nicht mehr auf die Weltleitwährung US-Dollar zurückgreifen zu müssen.
Für die USA, so die Autoren, könnte der schleichende Verlust des hegemonialen Status der Weltleitwährung weitreichende Konsequenzen haben. Eine sinkende Nachfrage nach US-Dollar und Treasuries würde sowohl die Preisinflation befeuern als auch die Zinsen weiter nach oben treiben. Beides wäre Gift für die Konjunktur.
Alles in allem deuten viele Entscheidungen der Zentralbanken darauf hin, dass wir uns auf eine multi-polare Welt- und Geldordnung hinbewegen, in der Gold eine bedeutendere Rolle spielen dürfte. Denn insbesondere für Staaten, die die US-zentrische (hegemoniale) Weltordnung skeptisch betrachten, hat Gold den Vorteil, dass es weitestgehend politisch unabhängig ist.
3) Technologische Gezeitenwende
In rasantem Tempo vollzieht sich ein epochaler technologischer Wandel. Immer mehr Finanztransaktionen werden mit dem Smartphone oder über das Internet getätigt. Mit der Erfindung von Kryptowährungen erfährt die Digitalisierung des Geldes eine weitere Beschleunigung.
Die Autoren vertreten die These, dass Gold und die Kryptowährungen sich nicht feindlich gegenüber stehen. Vielmehr könnten sie ihre jeweiligen Stärken im kooperativen Miteinander noch stärker ausspielen. So sind erste goldgedeckte Kryptowährungen schon erfolgreich lanciert worden. Die Golddeckung soll den Kryptowährungen die starke Volatilität nehmen, die Blockchain-Technologie den Erwerb und die Nutzung von Gold als Zahlungsmittel demokratisieren und erleichtern.
Als weitere Höhepunkte enthält der diesjährige Report zwei Exklusivinterviews. Im Gespräch mit dem US-amerikanischen Analysten Luke Gromen (FFTT) wird vor allem die Zukunft des US-Dollar thematisiert. Dr. Richard Zundritsch, der Neffe des bekannten Nobelpreisträgers Friedrich A. von Hayek, kommentiert den in "Entnationalisierung des Geldes" dargelegten Vorschlag seines Onkels, einen Wettbewerb unter (privaten) Währungen zuzulassen. Durch das Aufkommen von goldgedeckten Kryptowährungen gewinnt diese Idee erneut an Aktualität.
Der In Gold we Trust-Report überzeugt durch die Vielschichtigkeit seiner Analyse und die Breite der behandelten Themen, zu denen neben den bereits erwähnten Schwerpunkten das Fortschreiten der finanziellen Repression, das Tauziehen zwischen inflationären und deflationären Kräften, die Diskussion möglicher Krisenauslöser auch Goldthemen im engeren Sinne zählen wie die technische Analyse und ein Blick auf die Minenaktien.
Der Report ist in einer englischen und einer deutschen Ausgabe sowie jeweils in einer Kurz- und Langfassung verfügbar und kann gratis unter www.ingoldwetrust.report heruntergeladen werden.
"Gregor Hochreiter ist als Ökonom (Universität Wien) selbständig tätig.