Der Herr Karl ist bei uns präsenter, als man glauben mag. Diese "geistige Beweglichkeit" ist uns anscheinend angeboren. Unser ehemaliger Bundespräsident Heinz Fischer hat – lange ist her – einst mit geiferndem Tonfall eine parlamentarische Untersuchung gegen Simon Wiesenthal gefordert. Nie zuvor und nie danach sah man ihn so emotional.
Simon Wiesenthal hatte etwas dagegen, dass sich Kreisky die erste Regierung von einer Partei stützen ließ, die von einem ehemaligen SS-Offizier geleitet war. Der FPÖ-Chef Friedrich Peter war bei den Einsatzgruppen, die in den eroberten Gebieten Juden systematisch zusammengetrieben und umgebracht hat.
Als sich Simon Wiesenthal, der ÖVP-Mitglied war, darüber echauffierte, dass in der ersten Regierung Kreisky vier Minister zuvor ein Nazi-Parteibuch hatten, war das das Ende seines Wirkens in Österreich. Er wurde von Kreisky persönlich auf die übelste Art diffamiert. Fischer assistierte brav.
Die Drohung der SPÖ mit einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss gegen Wiesenthal verpuffte wirkungslos. So etwas gibt es in entwickelten Demokratien nicht gegen Privatpersonen. Das hat der Verfassungsrechtler Fischer wissen müssen. Ein paar Jahre zuvor war Fischer wie ein Retter des Abendlandes an führender Stelle zur Demo geschritten. Weil es an der Uni antisemitische Vorfälle gab. Diese Vorgänge werden immer wieder öffentlich präsentiert.
Unser ehemaliger Präsident, der sich gerade als Elder Statesman installiert, hätte einiges seines Fehlverhaltens loswerden können, indem er sich großzügig und öffentlich für sein Vorgehen gegen Wiesenthal entschuldigt hätte. Tat er aber nicht. Angeblich hat er sich klammheimlich beim sterbenden Wiesenthal entschuldigt. Wiesenthal hat es nach eigenem Bekunden nie verwunden, dass ihm lange nach dem Krieg so hässlich in den Rücken gefallen wird. Heinz Fischer ist ein Herr Karl auf hohem Niveau.
Der Autor ist NMS-Lehrer für Englisch und Geographie/Wirtschaftskunde in Wien.