Der Bundespräsident ist tief bestürzt, der SPÖ-Chef nicht minder, die größte Medienorgel im Land, der ORF, spielt das Thema, ebenso wie die gesamte linke Medienlandschaft, seit Tagen rauf und runter. Ein altes Liederbuch mit ein paar Nazi-Texten, das der Falter gut getimt vor der niederösterreichischen Landtagswahl an die Öffentlichkeit gebracht hat, lässt die linken Kräfte wieder zur Hochform auflaufen, gibt ihnen nach einem Durchhänger wieder neue Energie und Motivation. Endlich wieder ein Thema, wo sie sattelfest und kompetent sind, endlich wieder ein Terrain, auf dem man sich sicher bewegen kann und dem politischen Gegner überlegen ist. Schließlich kann man hier auf jahrzehntelange Erfahrung und Vorarbeit zurückgreifen und die eigenen Leichen im Keller sind noch immer gut versteckt.
Euro- und Finanzkrise, Braindrain und unkontrollierte Masseneinwanderung, Terrorismus und Islamisierung, mit solchen drängenden Problemen waren und sind die Linken intellektuell überfordert. Man begreift weder deren Ursachen noch die Hintergründe solcher Fehlentwicklungen, hat sie in den meisten Fällen sogar selbst ausgelöst und mitverursacht. Antworten auf die für Europa existenziellen Fragen hat man ohnehin keine. Das ist auch der Grund, warum rote und grüne Sozialisten vom Wähler abgestraft worden sind.
Doch beim mutigen Kampf gegen die Gespenster aus der Vergangenheit, kann ihnen keiner etwas vormachen, da kann selbst Christian Kern, der sich mit Zahlen und Sachpolitik sichtlich schwertut, mitreden. Dieses Liederbuch mit Nazitexten ist so widerlich, wie der Umgang der Linken damit heuchlerisch ist.
Die Performance der unter genauester Beobachtung der Sozialisten aus dem In- und Ausland stehenden schwarzblauen Regierung war bisher tadellos. Ein weiterer Tiefschlag für die roten und grünen Sozialisten bei der niederösterreichischen Landtagswahl musste mit allen Mitteln verhindert werden. Zu viel stand auf dem Spiel. Und just wenige Tage für diese für die Linken so entscheidende Wahl taucht dieses alte Liederbuch auf. Wie sehr dieser Medienhype das Wahlergebnis beeinflusst hat, lässt sich schwer beurteilen. Jedenfalls konnte die SPÖ trotz eines extrem peinlichen Wahlkampfs Stimmen dazugewinnen und die Grünen konnten die Verluste in Grenzen halten. Die FPÖ hätte ohne diese Geschichte wohl deutlich stärker zulegen können. Mission Liederbuch erfolgreich erfüllt.
Es geht all jenen, die nun öffentlichkeitswirksam tief erschüttert sind, natürlich nicht um Antisemitismus und Faschismus. Wäre dem so, hätten all die nun Empörten, Aufgeregten und Erzürnten vor wenigen Wochen viel lauter aufschreien müssen, als nach der Ankündigung Donald Trumps, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, mehrere hundert Menschen durch Wien zogen. Aus ihren Reihen waren Parolen wie "Schlachtet die Juden", "Tod Israel" und andere Aufforderungen, Juden irgendwie zu massakrieren, zu hören.
Damals hatte die SPÖ den "Nationalen Sicherheitsrat" nicht einberufen, so wie jetzt beim Liederbuch. Auch der Bundespräsident und all die vielen steuergeldgetriebenen Vereine und Vorfeldorganisationen, die sich als Kämpfer gegen den Faschismus in Szene setzen, hielten ihren Mund. Auch der ORF und all die anderen linken Medien hielten es nicht für angebracht, groß zu berichten, und die Staatsanwaltschaft ging in Deckung. Kein Wunder, schließlich gehören viele derer, die da mitmarschiert sind, zur Stammwählerschaft der SPÖ. Da kann und muss man schon mal beide Augen zudrücken.
Was sind schon die konkreten Aufrufe einer Massenbewegung zum Massenmord gegen ein vergammeltes Liederbuch eines anachronistischen Vereins, der keine 100 Mitglieder hat. Dass hier völlig unterschiedlich Maßstäbe angelegt werden, obwohl es im zweiten Fall um öffentlich ausgestoßene Mordaufrufe ging, zeigt, wie verlogen und heuchlerisch die Linke mit den Juden umgeht, wie man sie für seine eigenen machtpolitischen Zwecke missbraucht. Dafür gibt es mehrere Gründe:
- Erstens legen sich die "mutigen" linken Antifaschisten niemals mit Gegnern und Feinden an, die diesen Namen auch verdienen. Dazu fehlt ihnen der Mumm.
- Zweitens gibt es in der Linken sehr viele Antisemiten und Freunde des politischen Islam, die ihren ausgeprägten Judenhass gerne als Israel- und Kapitalismuskritik tarnen.
- Drittens kann die Linke die in der NS-Zeit ermordeten Juden wesentlich eleganter für ihre machtpolitischen Zwecke instrumentalisieren, als jene, die derzeit in Israel und Europa leben. Immer mehr Juden fliehen aus Europa, insbesondere aus Frankreich, weil ihr Leben durch den von den Linken aus dem arabischen Raum importierten Antisemitismus immer unsicherer und unerträglicher wird.
Aber auch das wird, im Gegensatz zu diesem Liederbuch, von linken Medien kaum thematisiert. Denn dazu müsste man sich mit seinen politischen Einstellungen selbstkritisch auseinandersetzen. Da ist es viel einfacher, mit dem Finger auf andere zu zeigen und sich über alte Liederbücher aufzuregen. Viele Linke lieben die getöteten Juden aus der NS-Zeit und sie verachten die heute lebenden. Besonders ausgeprägt findet sich diese Geisteshaltung etwa beim deutschen SPD-Außenminister Sigmar Gabriel.
Zudem sollte in einem ordentlichen Rechtsstaat jemand solange als unschuldig gelten, solange er nicht von einem Gericht rechtskräftig verurteilt wird. Dieser Grundsatz gilt für prominente Persönlichkeiten aus dem nichtlinken Lager in Österreich definitiv nicht. Das wissen wir nicht erst seit Udo Landbauer, man denke etwa an Karl Heinz Grasser, den die linken Medien am liebsten ganz ohne Gerichtsverfahren einsperren würden. In Österreich wissen alle guten Menschen vom Bundespräsidenten abwärts, dass Herr Landbauer schuldig ist und die Texte gekannt und gesungen hat. Punkt.
Die Linke hat derzeit ein Heimspiel, all die Probleme und krisenhaften Entwicklungen, die sie selbst zu verantworten hat, sind kein Thema mehr, während Österreich und ganz Europa weiter in eine tiefe Krise schlittern, diskutiert ein ganzes Land – oder besser die linken Medien- und Meinungsmacher – über ein altes Liederbuch mit Nazitexten. Hoffentlich lernt die FPÖ aus dieser Geschichte.
Personell, intellektuell und politisch sind die Gegner der Freiheitlichen am Ende, die FPÖ kann sich nur noch selbst zu Fall bringen. Die Parteispitze um Strache, Kickl und Hofer hat mit Antisemitismus und Deutschnationalismus nichts am Hut. Man sollte deshalb sehr genau darauf achten, den derangierten Sozialsten und ihren medialen Helfershelfern keine solche Elfmeter mehr aufzulegen. Ein politisches Comeback der Sozialsten hält Österreich nicht mehr aus.
Werner Reichel ist Autor und Chefredakteur von Frank&Frei – Magazin für Politik, Wirtschaft und Lebensstil