Ich bin kein Stammwähler. Ich habe in meinem Leben bereits fünf verschiedenen Parteien meine Stimme gegeben. Ich muss daher jedes Mal neu abwägen, wen ich ankreuze. Drei Gedanken, die mich diesmal antreiben. Es ist ein Privileg, in einer Demokratie leben zu dürfen. Es ist ein Privileg, regelmäßig auswählen zu dürfen, wer dieses Land führt. Mit diesem Privileg geht aber auch die unangenehme Pflicht einher, sich diese Auswahl nicht zu leicht zu machen. Die immer rascher einsetzenden Verwerfungen in unserer Welt machen es notwendig, die Konzepte der Parteien jedes Mal aufs Neue zu überprüfen. Man tut gut dafür daran, den Wahlkampf hinter sich zu lassen und einen Perspektivenwechsel vorzunehmen: Wichtig ist nicht, welche Fragen den Parteien wichtig sind, wichtig ist, welche mir wichtig sind. Wenn man vier Kinder hat, dann bekommt man bei dieser Fragestellung automatisch einen anderen Fokus. Das Klein-Klein des politischen Alltags tritt deutlich zurück hinter die große Frage: Was muss passieren, damit es meine Kinder in 30 Jahren (mindestens) genauso gut haben wie ich? Und hier sehe ich drei zentrale Herausforderungen, die alle anderen Fragen deutlich überlagern. Es ist eine beklemmende Vorstellung: Bevor jedes meiner Kinder auch nur den ersten Atemzug gemacht hat, hatte es bereits einen Schuldenrucksack von 40.000 Euro umgehängt bekommen. Jedes meiner Kinder wird 40.000 Euro zurückzahlen müssen, die die Menschen vor seiner Geburt ausgegeben haben. Das ist nichts anderes als organisierter Diebstahl an meinen Kindern. Lange haben wir uns eingeredet, dass der Exekutor nur Privatleute und Firmen heimsucht. Seit Griechenland wissen wir: So schnell kann man gar nicht schauen, klebt der Kuckuck auch auf Schulen und Spitälern. Obwohl: Wissen das wirklich alle? Viele Politiker verhalten sich so, als ob es kein Morgen gäbe. Innerhalb der letzten zehn Jahre ist unsere Staatsverschuldung von 60 auf fast 85 Prozent der Wirtschaftsleistung explodiert. Wenn es so weitergeht, sind wir in nur sechs Jahren(!) bei 100 Prozent des BIPs angelangt. – Übrigens genau jener Wert, bei dem es laut vielen Studien kritisch wird. Jener Wert, bei dem ein Staat in einen tödlichen Abwärtsstrudel aus explodierenden Zinsen und einbrechender Wirtschaftsleistung gerät. Jener Wert, bei dem Spitäler geschlossen, Pensionen radikal zusammengestrichen und Hunderttausende arbeitslos werden. Am Ende der Ära Schüssel haben wir erstmals das Maastricht-Kriterium (Verschuldung unter 60 Prozent der Wirtschaftsleistung) geschafft, inzwischen stehen wir wieder bei 85 Prozent des BIPs. Die erstaunliche Erkenntnis: Es kommt nicht auf den Finanzminister, sondern auf den Kanzler an. Wir sind ja nicht Griechenland? Weit gefehlt – die Pro-Kopf-Verschuldung in unserem Land ist sogar höher als in Griechenland und eine der höchsten in der EU. Es ist wirklich erstaunlich, mit welcher Geschwindigkeit wir uns an unglaubliche Meldungen gewöhnen. Wenn wir kurz zurückdenken: Wer hätte es vor ein paar Jahren für möglich gehalten, Man muss kein Wissenschaftler sein, um festzustellen, dass unser Land in vielerlei Hinsicht ein anderes geworden ist. Und man muss keine Kassandra sein, um festzustellen, dass wir insbesondere in den Ballungsräumen wirklich aufpassen müssen, dass zentrale Errungenschaften unserer Kultur nicht in Bedrängnis geraten: waren vor ein paar Jahren noch vollkommen unbestritten. In der Zwischenzeit scheinen wir uns damit abzufinden, dass sich ein größer werdender Teil unserer Bevölkerung offen gegen diese Grundwerte stellt. Wir werden in der Migrations- und Integrationspolitik ganz neue Wege gehen müssen: So wie der Strom aus der Steckdose zu kommen scheint, dürfte das Geld aus dem Bankomaten kommen. Ich bin immer wieder erstaunt, mit welcher Selbstverständlichkeit Menschen ihren Lohnzettel entgegennehmen, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken, wie dieses Geld verdient wird. Österreich ist ein Hochlohnland. Man könnte auch sagen: Höchstlohnland. Wie sind aber nicht nur ein Land mit sehr hohen Löhnen, wir sind auch ein Land mit sehr hohen Sozialleistungen. Für jeden Euro, den ein Mitarbeiter verdient, muss der Arbeitgeber zwei einnehmen. Mit der Differenz finanzieren wir Pensionen, Mindestsicherungen, Kindergärtnerinnen und Ärzte. Dieses überdurchschnittliche Lohn- und Abgabenniveau können wir uns aber nur deshalb leisten, weil wir überdurchschnittlich produktiv sind. Und überdurchschnittlich produktiv sind wir nur, solange wir überdurchschnittlich gebildet sind. Brillante Kreative, exzellente Facharbeiter, findige Landwirte – sie sorgen dafür, dass sich bei uns nicht nur ein Schnitzel auf dem Teller, sondern auch ein Familienurlaub im Kalender und ein iPhone in der Hosentasche findet. Die Suche nach dem richtigen Gymnasium für meinen ältesten Sohn war ein gewaltiges Schockerlebnis für mich. Ich hatte den Eindruck, als hätte man in meiner Schulzeit auf die Pausetaste gedrückt und würde seitdem vergeblich den Playknopf suchen. Dieselbe Infrastruktur, dieselben Stundenpläne, dieselben Lehrpläne, dieselben Lehrmethoden – hat denn niemand mitbekommen, was sich in der Zwischenzeit dort draußen in der Welt getan hat? Hat denn niemand mitbekommen, dass in Wien inzwischen nur mehr 39 Prozent der Schüler zu Hause Deutsch sprechen und viele von ihnen direkt von der Schule zum AMS weiterziehen? Früher hat man sich damit getröstet, dass nur die unattraktiven Billigarbeiten abwandern würden. In der Zwischenzeit sollte man aber realisiert haben, dass den Fließbändern die Forschungsabteilungen gefolgt sind. Dass dank Digitalisierung auch der Gestalter des neuen Firmenlogos oder die Finanzbuchhaltung am anderen Ende des Globus sitzt. Wir befinden uns in einem globalen Bildungswettbewerb. Wenn wir weiter so gut verdienen wollen wie bisher, dann werden wir unser antiquiertes Bildungssystem in die Zukunft katapultieren müssen. Und zwar rasch. Wir diskutieren immer nur darüber, wie wir den bildungsfernen Schichten helfen können. Wir werden aber genauso dringend die Eliten wieder stärker fördern müssen. Die Fokussierung auf die Gesamtschule bringt uns deshalb keinen Millimeter weiter. Wir brauchen im Gegenteil einen radikalen Schwenk in Richtung Schulautonomie: Wir müssen den Lehrern und Direktoren endlich ermöglichen, einen kreativen Wettbewerb um die besten Systeme zu starten. Der Staat sollte sich auf die Definition von Bildungszielen, die (Basis-)Finanzierung und die Aufsicht beschränken. Schade, dass die NEOS beim Thema Integration jede Glaubwürdigkeit verspielt haben. Sie haben sich vor zwei Jahren vom linken LIF-Flügel treiben lassen und erst viel zu spät im Angesicht der Meinungsumfragen ihre Haltung geändert. Die Wahlprogramme von FPÖ und ÖVP liefern beide für mich taugliche Antworten auf die drei zentralen Zukunftsfragen unseres Landes. Der entscheidende Unterschied liegt für mich in der Persönlichkeit der Spitzenkandidaten:Die Perspektive wechseln
1.) Bekommen wir unsere Kleptomanie in den Griff?
Wem traue ich am ehesten einen radikalen Kurswechsel zu?
2.) Wer stemmt die Jahrhundertherausforderung Integration?
Wem traue ich das zu?
3.) Wer macht Österreich fit für den Bildungswettbewerb?
Wer wird dem Bildungssystem die Flügel heben?
Die Zusammenfassung
Budget
Integration
Bildung
1.
NEOS
ÖVP
FPÖ
2.
ÖVP
FPÖ
ÖVP
3.
FPÖ
Pilz
NEOS