Macrons Höhenflug nach Merkels Wahldebakel: Finis Germaniae?

Viel Zeit hat sich der Herr im Élisée-Palast nach den deutschen Bundestagswahlen nicht gelassen, um seine Vorstellungen von der Umgestaltung der EU zu präsentieren. Jetzt, mit einer geschwächten deutschen Kanzlerin, die noch dazu zu einem Bündnis mit den grünen Deutschlandhassern und den absolut kritiklosen EU-Adoranten von der FDP verdammt ist, wird Emmanuel Macron vermutlich leichtes Spiel haben.

Es geht ihm um nichts weniger als um die Durchsetzung eines Eurozonenbudgets, eines EU-Finanzministers, einer EU-Steuer, eine EU-Staatsanwaltschaft, und um die Schaffung einer EU-Armee. Oder: um den Traum vom absolutistisch regierten Eurostaat.

Einen Staatsanwalt in einem Gebilde etablieren zu wollen, das weit davon entfernt ist, ein Staat zu sein, klingt zwar bizarr, ist aber bei weitem nicht der gefährlichste von Macrons Programmpunkten. Weitaus bedrohlicher sind die Pläne des Geldsozialisten zur Einführung von EU-Steuern.

Ein Blick in die Geschichtsbücher ist nicht selten hilfreich - so auch hier: Erst die Einführung einer bundesweiten Einkommensteuer in den USA machte es möglich, jenen Moloch zu schaffen, dessen Zentrale in Washington sitzt. Bundessteuern lieferten den Schlüssel zur Marginalisierung der einzelnen Bundesstaaten und zur unumkehrbaren Aufwertung der Machtzentrale. Eine Bundessteuer wird auch in Euroloand das endgültige Aus für die Selbständigkeit der einzelnen Staaten der Union und für jede Form von Subsidiarität bilden. Nicht umsonst gilt die Finanzhoheit seit jeher als das "Königsrecht" der Parlamente. Damit wäre es dann vorbei.

Dank der allgemein grassierenden Geschichtsvergessenheit bleibt darüber hinaus absolut ungewürdigt, dass es immerhin ein Franzose ist, der diese Vorschläge äußert. In den zurückliegenden 100 Jahren (von der Zeit Ludwigs XIV. oder Napoleon Bonapartes ganz zu schweigen), gab es nämlich, von Robert Schumans Bemühungen zur Schaffung der Montanunion abgesehen, keine einzige von Frankreich entrierte Aktion, die sich nicht direkt oder indirekt gegen deutsche Interessen richtete. Der Vertrag von Maastricht wurde nicht umsonst "Versailles ohne Krieg" genannt. Und die Einführung des Euro war der von Frankreich ausgehende Versuch, die Hegemonie der übermächtigen DM zu beenden. Dass unter der einheitlichen Esperantowährung am Ende die französische und nicht die deutsche Wirtschaft leiden würde, und die Südstaaten der Union ihre Konkurrenzfähigkeit restlos verlieren würden, hatten die gallischen Strategen nicht vorhergesehen.

Nun aber soll zum letzten Schlag gegen den hochproduktiven Erbfeind im Osten ausgeholt werden: Mit einer Vereinheitlichung der Finanzen auf EU-Ebene. Für dauermarode Unionsmitglieder wie Italien und Frankreich wäre das – zumindest fürs Erste – ein Segen. Könnten doch schmerzhafte Anstrengungen zur Sanierung der eigenen, überbürokratisierten und international nicht konkurrenzfähigen Strukturen, dank eines Griffs in deutsche Kassen vermieden werden.

Man braucht die Demokratie nur (vorerst europaweit) auf die Spitze zu treiben - und schon ist das sozialistische Paradies á la Macron verwirklicht, in dem die Tüchtigen die Untüchtigen dauerhaft zu alimentieren genötigt sind. Wenn man die Chose dann noch trickreich mit Wortgirlanden verhüllt, in denen man von "Solidarität", "Partnerschaft" und "gedeihlicher Kooperation statt ruinöser Konkurrenz" fabuliert, sollte das doch erreichbar sein – zumal die wenigen Nettozahlerstaaten der Union hoffnungslos in der Minderzahl und somit der Ausbeutung durch die Mehrheit der Minderleister ohnehin hilflos ausgeliefert sind.

Die Politik der Eurozentralisten ist haarstäubend: Der Euro ist offensichtlich ein Fehlschlag. Also wird Druck auf alle noch nicht ins Eurosystem integrierten europäischen Staaten ausgeübt, endlich beizutreten. Die immer anmaßenderen Diktate der Brüsseler Zentrale werden von immer mehr EU-Bürgern als unerträglich empfunden. Ergo werden die Regulierungen weiter ausgedehnt und intensiviert. Und trotz der in einem der größten Unionsstaaten wegen unerfüllter Autonomiebestrebungen dräuenden Bürgerkriegsgefahr, will man vom Plan des Bundesstaates einfach nicht lassen. Das begreife, wer will und kann.

Sicher ist: die Deutschen werden zahlen. Noch weit mehr als schon bisher. Vae victis! Das von Reichskanzler Bethman-Hollweg schon 1917 postulierte Ende Deutschlands rückt endlich in greifbare Nähe.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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