Die EU sieht viel Positives in dem neuen und rasch wachsenden Marktsegment des "Teilens" von Ressourcen, wie zum Beispiel bei der eigenen Wohnung oder bei Fahrzeugen. Plattformen organisieren und vermitteln den Dienst, den andere – meist Privatpersonen – gegen Entgelt und auf eigene Rechnung erbringen. Manche Städte und Länder reagieren jedoch darauf mit Verboten. Österreich verhindert diese Innovationen mit neuen Steuern.
Man schätzt, dass sich im vergangenen Jahr der Teilen-Markt auf 28 Milliarden Euro fast verdoppelt hat. Er wächst rasant weiter. Aus Sicht der EU könnten diese Angebote zur Nutzung von Produkten oder Dienstleistungen über Online-Plattformen ein wichtiger Beitrag zu Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätzen sein.
Österreich hat jedoch etwa im Falle der Plattformen zum Teilen von Wohnungen – vor allem Airbnb – mit der Umsatzsteuer reagiert. Ohne es irgendwie in der Öffentlichkeit zu diskutieren oder auch nur bekannt zu geben, wurde im Paragraph 6 des Umsatzsteuergesetzes, wo die Befreiungen gelistet sind, ein Zweizeiler eingebaut, der es in sich hat.
Grundsätzlich ist die Vermietung von Grundstücken (dazu zählen auch Wohnungen) von der Umsatzsteuerpflicht befreit. Der Paragraph 6 zählt die Befreiungen auf und erstreckt sich in 28 Hauptpunkten und zahllosen Unterpunkten auf 9 Seiten Gesetzestext. Mittendrin wurde in Punkt 16 mit Wirkung vom 1.1.2017 eingeschoben: "Nicht befreit sind : … die Vermietung von Grundstücken während eines ununterbrochenen Zeitraumes von nicht mehr als 14 Tagen (kurzfristige Vermietung), wenn der Unternehmer das Grundstück … für kurzfristige Vermietungen oder Befriedigung eines Wohnbedürfnisses verwendet."
Das Ganze geschah völlig klammheimlich.
Alle, die Airbnb oder vergleichbare Plattformen nutzen, wissen, dass Mieter, die eine Wohnung unter 14 Tagen nutzen wollen, Touristen sind. Es wird also das typische Vermietgeschäft dieser Plattformen vom Gesetz anvisiert.
Das bedeutet für alle Wohnungsvermieter, vor allem aus dem ohnehin steuerlich schon mehr wie ausgepressten Mittelstand, dass jetzt die Umsatzsteuer auf die Mieteinnahmen abgeführt werden muss, womöglich monatlich. Alle diejenigen, die bisher ihre Mieteinnahmen über die Airbnb-Plattform ordentlich versteuert und auch die Kurtaxe und die Zuschläge zur Kurtaxe brav an den Fiskus abgeführt haben, müssen nun darüber hinaus 10 oder 20 Prozent Umsatzsteuer zahlen. Zwar können sie nun auch einen Vorsteuerabzug geltend machen, was den Schmerz etwas mildert, aber den bürokratischen Aufwand nochmals exorbitant erhöht.
Da sich Airbnb mit den Landessteuern nicht beschäftigt, ist auch eine Berücksichtigung der Umsatzsteuer im Angebot auf der Plattform nicht unterzubringen. Der Schaden bleibt dem Vermieter.
Die EU-Leitlinie verhallt in Österreich ungehört
In der EU-Leitlinie war hingegen recht vernünftig festgehalten worden:
Marktzugang: Treten Plattformen lediglich als Vermittler zwischen Konsumenten und Anbietern von Dienstleistungen auf, sollen sie keinen Genehmigungs- oder Zulassungsanforderungen unterliegen. Was im Falle von Airbnb auch so ist. Die Staaten sollten aber auch zwischen Einzelpersonen, die nur gelegentlich Dienste erbringen, und gewerbsmäßigen Anbietern unterscheiden, zum Beispiel mit Schwellenwerten. Dagegen verstößt die neue USt-Gesetzesnovelle eklatant, denn es gibt keine Schwellen oder Grenzen.
Haftung: Plattformen können von der Haftung für Informationen, die sie im Namen von Dienstleistungsanbietern speichern, ausgenommen werden. Hingegen haften sie für selbst angebotene Dienstleistungen wie zum Beispiel die Zahlungsabwicklung. Im Falle Airbnb ist das klar abgegrenzt und für den Nutzer sehr zufriedenstellend.
Konsumentenschutz: Die Leitlinien ersuchen die Mitgliedstaaten, für den Schutz der Konsumenten vor unlauteren Geschäftspraktiken zu sorgen, ohne unverhältnismäßige Pflichten für Privatpersonen zu schaffen, die nur gelegentlich Dienstleistungen erbringen. Auch das ist im Falle von Airbnb klar abgegrenzt. Schließlich nutzt der Wohnungsvermieter die Wohnung ja auch selbst.
Die Kommission verlangt von den Mitgliedstaaten, ihre Rechtsvorschriften im Lichte dieser Leitlinien zu prüfen und gegebenenfalls zu ändern. Für Österreich scheint dies nicht zu gelten.
Minister Sebastian Kurz hat unlängst in einem Interview gemeint, die EU sei in der Vergangenheit mehrmals falsch abgebogen, habe Fehlentwicklungen zugelassen und missachte Regeln, die sie sich selbst gegeben haben. Jetzt ist Österreich falsch abgebogen und hat als Antwort auf die EU-Leitlinie genau das Gegenteil gemacht. Man darf gespannt sein, ob Kurz auch dazu etwas sagen wird.
Alexander Pachta-Reyhofen ist Diplomingenieur der Elektrotechnik, war beruflich größtenteils in der Industrie und im Management tätig und ist seit 2009 für das Internationale Theologische Institut in Trumau tätig und Direktor Europa für Philanthropie. Er ist verheiratet und hat einen Sohn, der im Juni 2017 zum Priester geweiht worden ist.