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Wie kommt das NS in die FPÖ?

Auch wenn man Parteien und Politikern generell, auch wenn man der FPÖ im Speziellen mit Vorbehalten gegenübersteht, kann es keine vernünftigen Zweifel geben: Das, was mir da in die Hände gekommen ist, hat das Potenzial zum Skandal. Dabei bin ich fast ganz sicher, dass ich hier nicht auf eine neue "Untat" irgendeines verantwortlichen FPÖ-Politikers gestoßen bin. Vielmehr hat ihr jemand die zwei Tabubuchstaben "NS" untergejubelt. Aus grenzenloser Blödheit oder aus grenzenloser Bosheit. Es ist hingegen weitgehend auszuschließen, dass das ein bloßer Zufall ist (Mit nachträglicher Ergänzung).

Ein genauer Leser hat mich darauf aufmerksam gemacht, was am Titelbild des "freiheitlichen Wirtschaftsprogramms" zu sehen ist (normalerweise schaut sich ja kaum jemand die Titelbilder solcher Programme genauer an). Ich habe es mehreren Menschen gezeigt: Sobald man sie auf den rechten Ärmel des auf dem Titelbild gezeigten Schweißers aufmerksam macht, sehen es alle. Dort ist nämlich ein deutliches und großes "NS" zu erkennen. Der Ärmel ist offensichtlich im Photoshop so bearbeitet worden.

 

Die Wahrscheinlichkeit, dass das ein absurder Zufall und nicht das ganz gezielte Werk eines graphisch talentierten Fotobearbeiters ist, ist geringer als ein Totozwölfer, wenn man gar nicht gespielt hat.

Die ganze Aktion ist jedenfalls widerlich. Nur: Wer hat sie gesetzt?

Ebenso wie die Variante "bloßer Zufall" kann man wohl die Variante ausschließen, dass da die FPÖ-Führung selbst dahintersteckt, etwa, weil sie geheime Signale an irgendwelche im Untergrund lebenden Nazi-Fossile ausstrahlen wollte. Denn gerade unter Strache bemüht sich die FPÖ-Führung wirklich gewissenhaft, allem aus dem Weg zu gehen, was nur irgendwie als Anstreifen an den Nationalsozialismus interpretiert werden könnte. Die FPÖ-Führung will derzeit vor allem eines: als koalitionsfähig gelten. Da kann sie so etwas schon überhaupt nicht brauchen.

Wer aber war‘s dann? Ich sehe vier verschiedene, ungefähr gleich wahrscheinliche Möglichkeiten, was die wahren Motive des Photoshop-Künstlers gewesen sein mögen:

  • In der FPÖ-Grafikabteilung glaubte ein spätpubertärer Neonazi allen Ernstes, mit solchen geheim gesetzten Aktionen Propaganda für seine ja in die Illegalität verbannte Hitler-Nostalgie machen zu können oder ähnlich Denkenden ein Zeichen geben zu können.
  • Das "NS" könnte aber auch das Werk eines ebenfalls ähnlich intelligenten linksradikalen Provokateurs sein, der der FPÖ diese Manipulation im Glauben unterschoben hat, sie solcherart diskreditieren zu können.
  • Möglicherweise steckt auch ein Künstler dahinter, der sich einen Namen machen will und der seine Täterschaft nach Auffliegen des Ärmels outen wird. Und der weiß, dass Aktionismus und Skandale in seinem Milieu immer gut fürs Geschäft sind. Und dass antifaschistische Erregungszustände sogar doppelt gut sind.
  • Es könnte aber auch die Spezialabteilung einer konkurrierenden Partei für Dirty Campaigning dahinterstecken, die das vorbereitet hat, um im geeigneten Augenblick, wenn es für den Wahlkampf passen sollte, einen neuen ungeheuerlichen Skandal aufzudecken (freilich kenne ich nicht allzuviele Parteien, die eine solche Abteilung haben …)

Wie auch immer: Niemand sollte das ernst nehmen. Aber wir alle sollten uns gefasst machen, dass dieser Wahlkampf noch ein paar ähnliche Tiefpunkte haben wird – an Blödheit wie an Bosheit.

Nachträgliche Ergänzung: Die FPÖ erklärt  das Zustandekommen des Fotos mit dem "NS" - recht glaubwürdig - so: Sie habe das Bild eines Schweißers bei einer Fotoagentur gekauft (was allgemein üblich ist) und auch so in den Erstentwurf hineingestellt. Dann habe sie das Foto im letzten Moment gekontert, also links-rechts gespiegelt. Und niemand habe rechtzeitig entdeckt, was dadurch sichtbar geworden ist. Fazit: Lassen wir es damit als wahrscheinlich richtige Erklärung bewenden - und lernen daraus zweierlei: Erstens, dass alles, was schiefgehen kann, einmal schiefgeht. Und zweitens, dass bei jeder professionellen Kommunikationsarbeit höchste Professionalität bis ins letzte Detail sehr empfehlenswert ist ...

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