Taschner – der faszinierende Kämpfer gegen Denkverbote

Rudolf Taschner ist der mit Abstand spannendste Quereinsteiger auf Sebastian Kurz' Bundesliste. Nicht trotz, sondern wegen seiner Überlegungen zu "g'sunder Watsch'n" und Klimawandel.

Anfangs fand ich den Ansatz von Sebastian Kurz, auf die ÖVP-Bundesliste ausschließlich Quereinsteiger zu setzen, etwas krampfig: zu viel Effekthascherei, zu viel Politikerbashing. Schließlich ist Politik ein komplexes Fach, das wesentlich von Profis lebt, die inhaltliche Visionen mit poltischem Handwerk – von der Kommunikation über die Legistik – verbindet.

Ohne "Alles oder nichts" wäre es nicht gegangen

Mittlerweile ist mir klar, dass dieser Alles-oder-Nichts-Ansatz die Voraussetzung dafür war, spannende parteifreie Bürgerliche für eine Kandidatur gewinnen zu können. Sich auf eine Liste unter Berufspolitiker zu mischen, bedeutet anscheinend nach wie vor eine Stigmatisierung, der sich kein erfolgreicher Bürgerlicher aussetzen will. Die politikerfreie Liste war aber vor allem die Voraussetzung dafür, bei der Zusammenstellung wirklich freie Hand zu haben. Mit dem ersten Parteikandidaten wären sofort die übrigen ÖVP-Grüppchen vorstellig geworden.

Dem perfekt funktionierenden (Kommunikations-)Team von Kurz traue ich zu, die politisch unerfahrenen Quereinsteiger bis zum Wahltag daran zu hindern, in die bereits gezückten offenen Messer zu laufen.

Taschner: Der Karlheinz Töchterle der Naturwissenschaften

Der erste, der ins politisch-mediale Sperrfeuer geriet, war der Mathematiker Rudolf Taschner. Er ist nicht nur der mitreißendste Bannerträger für die dringend notwendige Fokussierung auf die zukunftsträchtigen MINT-Fächer. Er gehörte (neben Christian Ortner) auch zu meinen liebsten "Querschreibern" in der "Presse". Ihn zu lesen, ihm zuzuhören ist fast immer ein Genuss. Seine beeindruckende humanistische Bildung in Kombination mit seinen schonungslosen Analysefähigkeiten hat es ihm erlaubt, zu fast allen Themen pointierte quergeschriebene Kommentare abzugeben. Ein Karlheinz Töchterle der Naturwissenschaften sozusagen.

Zwei Beiträge aus den letzten fünf Jahren werden aber jetzt gegen ihn verwendet.

Der böse Klimwandelketzer

Kollektive Schnappatmung löst das Ausgraben eines fast zwei Jahre alten Kommentars aus. Dort hatte sich Taschner erdreistet, eine konkrete wissenschaftliche These vorzustellen, warum es trotz Erhöhung des CO2-Anteils in der Atmosphäre nicht zu einer Erwärmung des Klimas kommen wird.

Menschen, die es in ihrem Leben nicht einmal bis auf die Uni geschafft haben, werfen dem renommierten Mathematiker nun vor, in fachfremden Gebieten zu dilettieren – ohne eine Sekunde darüber nachzudenken, dass die zentrale Herausforderung der Klimaforschung in der Erstellung geeigneter mathematischer Modelle besteht. Wenig überraschend geht deshalb auch kein einziger der Schnappatmer auf die inhaltliche Diskussion ein – sich ebenfalls mit der Wirkung von Aerosolen auf das Klima auseinandersetzen zu müssen, wäre ja auch wirklich eine Zumutung.

Es ist anscheinend vollkommen egal, welche inhaltlichen Argumente man vorbringt – über das Dogma des Klimawandels darf nicht mehr diskutiert werden. Ein Zustand, von dem Papst Johannes Paul II. nach seinem Diskussionsverbot über die Frauenpriesterweihe nur träumen konnte.

Das wahre Verbrechen Taschners besteht aber darin, dass er die Gründe für die erdrückende Meinungswalze aufzeigt: unerschöpfliche Forschungsgelder, weltweite Aufmerksamkeit, annehmlicher Kongresstourismus.

Allein dafür, dass sich Taschner den Denkverboten nicht beugt, gebührt ihm nicht nur inhaltliche, sondern auch menschliche Hochachtung.

Kämpfer gegen Denkverbote

Vor mehr als fünf Jahren wandte sich Taschner gegen die "aufdringliche Heuchelei maßregelnder pädagogischer Eiferer". Der bekannte Journalist Peter Pelinka hatte seinem erwachsenen Sohn im Scherz eine "Watschen" angedroht. Als die Political-Correctness-Meute über ihn hergefallen war, sah sich Pelinka genötigt, sich öffentlich von seiner Aussage zu distanzieren. Taschner bedauerte den Kotau. Er berichtete aus seinem eigenen Leben, dass die anlassbezogenen Watschen seiner Eltern bei ihm keine Traumatisierung hinterlassen hätten – im Unterschied zu seiner Zeit im Internat, wo er keine körperliche Gewalt erlebt und sich trotzdem viel ohnmächtiger gefühlt hatte.

Wie subjektiv Kinder Gewalt empfinden, habe ich vor einiger Zeit in ähnlicher Weise in diesem sehr persönlichen Blogbeitrag beschrieben. Taschner liefert in seinem Text eine spannende Begründung dafür: "Auf der einen Seite das Gewitter mit dem kurzen, reinigenden Schmerz, verbunden mit dem Wissen, dass gleich danach die Sonne wieder scheinen würde. Wohl auch deshalb, weil die Eltern das Entgleiten ihrer Hand sofort danach selbst insgeheim bedauerten. Und auf der anderen Seite die lang anhaltende Düsternis der bösen, peinigenden Unwetterstimmung, die man nicht vertreiben kann und bei der kein Ende abzusehen ist. Beides erlebt: kein Vergleich!"

Ich weiß nicht, ob Taschner mit seiner These recht hat. Aber ich weiß, dass ihm niemand – genauso wenig wie mir – sein subjektives Empfinden absprechen kann. Und ich weiß, dass es uns als Gesellschaft weiterbringt, darüber nachzudenken, wo Gewalt überhaupt beginnt und welche Formen von Gewalt es gibt.

Es ist diese intellektuelle Herausforderung, für die ich Taschner so schätze – und es stimmt mich traurig, dass er es nach seiner Nominierung Pelinka gleich gemacht und sich von seinen damaligen Gedanken distanziert hat.

PS: Wer lernen will, wie die persönliche Vernichtung Andersdenkender lernen will, soll einen Blick auf die heutige Änderungshistorie von Taschners Wikipedia-Eintrag werfen.

Mag. Florian Unterberger ist Pressesprecher bei einer internationalen Anwaltskanzlei, Vater von vier Kindern und kirchlich engagiert.

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