Die Realverfassung dieses Landes kann als "neofeudales korporatistisch-sozialistisches und beziehungskulturelles System mit höfischen Strukturen und Verhaltensweisen" bezeichnet werden. Die Schwächen dieses Systems werden immer transparenter. Wir benötigen mehr Regelkultur!
Die Freunde der "Beziehungskultur" in den Zirkeln der Macht nehmen die Sorgen der Bürger nicht ernst. Viele von ihnen respektieren keine anderen Standpunkte und lehnen einen fairen Wettbewerb mit Regeln ab. Es geht ihnen vor allem um den Machterhalt und um die Ausweitung der Macht für den Staat, der von ihnen für ihre Partialinteressen instrumentalisiert wird.
Zahlreiche Mitglieder der neofeudalen Cliquen und ihre Gefolgschaften sind (kakanische) Profis bei Rang- und Gunststreitigkeiten. Als Beziehungskultur-Experten haben sie im Verlauf ihrer Karriere gelernt, ihre Gefühle zu kontrollieren (Affektbeherrschung!), Unterwürfigkeit zu praktizieren, geschickt zu lügen und zu verführen, andere zu benutzen beziehungsweise für sich arbeiten zu lassen sowie dafür zu sorgen, dass andere miteinander in Streit geraten.
Praxiserprobte "Intriganten" in höfischen Strukturen wollen primär anderen schaden. Als Meister des Vorteils durch List/Täuschung benutzen sie "Masken", heucheln, pflegen das Doppelspiel und die hinterhältige Denunziation. Inszenierungen mit Vernebelungstaktik und mit Flexibilität sind ihre Stärken. Es gilt vor allem, sich keine Blöße zu geben. Falschmeldungen, Desinformation, Verleumdungen, verdeckte Aktionen (um Misstrauen zu erzeugen!), Verpersönlichung der Sache und Gerüchte über Personen werden (im immerwährenden Wahlkampf) permanent in frecher Arroganz kombiniert mit "Appellen an den Gemeinsinn"!
Bewähren kann sich ein solches beziehungskulturelles System nur, wenn die Mehrheit der Bürger belogen werden will und keine Freiheit unter dem Recht, sondern der (vermeintlichen) Vorteile wegen die freiwillige Knechtschaft ersehnt.
In offenen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnungen versuchen die Bürger und die Politiker, Wissen und Weisheit zu erlangen, um aus Irrtümern und Fehlern bzw. aus dem Scheitern zu lernen.
Beziehungskultur-Experten und Intriganten ersehnen keine Kritik und keinen Widerspruch. Demut, Bescheidenheit und Wahrhaftigkeit sind ihnen fremd. Produktive Konflikte werden von ihnen nicht als Chancen für bessere sachliche Lösungen betrachtet. Im täglichen "Spiel um die Macht" verzichten sie gerne darauf, sich unbequemen Wahrheiten zu stellen, Beziehungen, Seilschaften, Arrangements und Junktimierung werden gepflegt. Ein Engagement für die "gemeinsame Sache" und für die Errungenschaften der europäischen Zivilisation hilft nicht bei der Karriere. Alles, was zählt, ist gespielte Tugend.
Solidaritätsappelle sollen helfen, die Tatsache zu verschleiern, dass durch Schulden sowie durch finanz- und geldpolitische Enteignung Sonderinteressen bedient werden.
Das beziehungskulturelle System ist das zentrale Problem dieses Landes. Es fördert die Partei- und Verbändesoldaten, entmutigt die Produktiven, verringert den Wohlstand, schwächt den Mittelstand und eröffnet der Jugend weniger Chancen im Vermögensaufbau.
Die Politik der neofeudalen Zirkel der Macht löst keine strukturellen Probleme, sondern sie schafft neue Probleme.
Josef Stargl ist AHS-Lehrer in Ruhe und ein Freund der Freiheit.