Die unterschiedlichen Phasen der Evolution und das daraus resultierende Chaos

Der Terror scheint Europa immer fester zu umklammern – er schnürt uns die Kehlen zu. Einige sagen schuld ist der Islam, andere sagen schuld ist die Kultur und wieder andere meinen es ist die Schuld des Westens, der durch sein Einmischen im arabischen Raum der Auslöser für IS & Co ist.

Meistens wird das Dilemma durch eine Art Mikroskop betrachtet – man muss es aber vielmehr durch ein Fish-Eye (eine spezielle Optik, die eine größtmögliche Weite abbildet) betrachten und damit ist nicht nur die geographische, sondern auch eine zeitliche Sichtweise gemeint.

Moslems sind heute nach ihrer Zeitzählung im Jahre 1438 angekommen. Wir dagegen schreiben bereits das Jahr 2017 – für viele nur Zahlen, doch leider steckt hinter dieser unterschiedlichen Zeitrechnung mehr. Ich wage zu behaupten:

Das ist der Hauptfaktor unseres Dilemmas und des Chaos, das zurzeit im Westen herrscht. Wir müssen in unsere eigene Vergangenheit zurück reisen:

Wo waren wir im 15.Jahrhundert? Wir steckten im Mittelalter – und was gab's da? Hexenverbrennungen, unbarmherzige Eroberer, Kreuzritter, bigotte, völlig kirchenhörige Menschen, Kriege, …

Kreuzritter wollten mit aller Gewalt Andersgläubige von der Präsenz Gottes überzeugen, Eroberer rotteten ganze Völker aus – wie hätten sich z.B. die Indianer weiter entwickelt, wenn sie nicht zu Hunderttausenden gekillt oder in Reservate gesperrt geworden wären?

Auch Köpfeabschlagen ist keine Erfindung der IS – das taten in Japan die berühmten Samurais sehr gerne.

Also alles schon mal da gewesen, könnte man zynisch meinen. Nur haben halt die IS Kämpfer heute moderne Kriegswaffen, mit denen sie ungleich mehr Schaden anrichten können als die mittelalterlichen Kreuzritter.

Und das ist ein Punkt, der uns – pardon: unsere Politiker – schuldig macht. Mit welchen Waffen würden die IS Terroristen kämpfen, wenn sie keine Gewehre, Panzer ect. aus dem Westen hätten?

Ziehen wir weitere Parallelen: Unseren Vorfahren, den unaufgeklärten Mittelalter-Menschen stand die Kirchenspaltung noch bevor, sie werden Luther erst erleben und die Revolution gegen die absolute Herrschaft eines Despoten (Vergleiche dürfen gezogen werden!).

Sie werden beginnen, die Gotteslehre zu hinterfragen, durch die Jahrhunderte werden sich auch immer mehr Menschen vom Glauben abwenden, viele werden Atheisten werden.

All das haben unsere Vorfahren durchgemacht – Blutvergießen, Leid, teilweise Vernichtung – das scheint die Evolution des Menschen zwingend zu begleiten, das alles hat uns geprägt und uns dorthin gebracht, wo wir heute sind.

Doch Evolution ist nie abgeschlossen, wir brauchen unsere Energie, um uns weiter zu entwickeln, um das Menschsein noch besser verstehen zu können.

Doch jetzt passiert etwas, dass uns in unserer Entwicklung behindern könnte:

Plötzlich sehen wir uns Menschen gegenüber, die unsere eigenen Vorfahren sein könnten. Diesen Menschen steht all das in ihren Ländern noch bevor, was wir bereits überwunden haben. Sie bringen das Mittelalter zurück zu uns – und die Auseinandersetzung damit raubt uns die Kraft, die wir für unsere eigene Weiterentwicklung brauchen würden.

Warum lassen wir das zu? Würden wir unseren Vorfahren auch so tolerant begegnen, wenn vor unseren Grenzen mittelalterliche Bürger stehen würden, die Hexenverbrennung, Intoleranz gegenüber Andersgläubigen oder frauenverachtenden Machismo zu uns bringen würden?

Ich wage zu bezweifeln, dass wir uns das von unseren Vorfahren gefallen lassen würden – jetzt stellt sich die Frage: Warum sehen das unsere Politiker (und einige Teile der Bevölkerung) nicht? Ist es Ideologie, Naivität, Dummheit oder ein geheimer Masterplan irgendeiner Elite?

Manuela Hahofer ist Journalistin und schreibt fast 30 Jahre für österreichische und deutsche Medien.

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