Seit meiner Kindheit in den sechziger Jahren kenne ich die Einrichtung von Au-Pair-Kräften zur Unterstützung der Familie und ganz nebenbei oft auch für den Sprachunterricht der Kinder. Laufend und zuletzt mit 1.1.2017 hat die Regierung nun abseits der Öffentlichkeit wesentliche Verschärfungen und Fallen für die Beschäftigung von Au-Pair-Kräften eingebaut.
Nach Auskunft des Sozialministeriums regelt das „Bundesgesetz vom 23. Juli 1962 über die Regelung des Dienstverhältnisses der Hausgehilfen und Hausangestellten (Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz)“ die Beschäftigung von Au Pairs. Der Begriff kommt dort allerdings gar nicht vor. Weiter sind Bestimmungen des „Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz – BMSVG“ anzuwenden, dann natürlich Bestimmungen der Gebietskrankenkasse. Zusammengefasst sind die Regelungen auf der Homepage des AMS und bei vielen Au-Pair-Einrichtungen.
Das ist schon der erste wichtige Punkt. Es gibt eine ganze Reihe von seriösen Au-Pair-Vermittlungsagenturen, die auch Verträge machen und die Regelungen erklären. So stellt sich im Grundsatz gleich die Frage, wozu so viele gesetzliche Regelungen, wenn der Markt für Au Pairs ohnehin von den Agenturen „überwacht“ wird. Diese stellen die Einhaltung der Verträge sicher, helfen bei der Anmeldung und halten Kontakt mit den Au Pairs und schreiten im Notfall auch ein. Es gibt keine Notwendigkeit für staatliche Eingriffe darüber hinaus.
Wie ein Au Pair im Detail zu beschäftigen und unterzubringen ist, ist in Österreich und auch in vielen anderen Ländern geregelt. Dass Österreich größere Zimmer mit 9 Quadratmetern, beheizbar und mit einem aufmachbaren Fenster vorschreibt, kürzere Arbeitszeiten verordnet sowie höhere Löhne dafür festsetzt, ist wieder ein Beweis, dass unsere Bürokratie überall als Musterschüler auftreten will. Neben freier Logis ist auch die freie Kost geregelt und der freie Zugang zum Eisschrank. Entgegenkommenderweise werden die Kosten von Kost und Logis bis 196,20 Euro monatlich von der Gebietskrankenkasse aber nicht in das beitragspflichtige Einkommen hineingerechnet.
Die Arbeitszeit wurde ab 2017 mit 18 Stunden pro Woche festgelegt, in anderen Ländern beträgt sie hingegen 30 Stunden oder sogar mehr (Deutschland 6 Stunden pro Tag oder mehr mit Zeitausgleich). Urlaubszeiten sind in Österreich länger zu gewähren als in unseren Nachbarländern oder den USA. Bei einjähriger Beschäftigung (nach 6 Monaten ist eine Verlängerung der Au-Pair-Beschäftigung um jeweils weitere 6 Monate möglich) sind in Österreich 15 Monatsgehälter zu bezahlen.
Der Mindestlohn für Au Pairs sind 425,70 Euro pro Monat und damit genau so hoch, dass die Geringfügigkeitsgrenze für die Krankenkasse nicht überschritten wird. Das macht im Jahr 6385,50 Euro. Für die Kinderbetreuung absetzen kann man aber maximal 2300 euro in Jahr (in Deutschland 4000). Wieder ein Anreiz, in die Schattenwirtschaft auszuweichen.
Noch eine Neuigkeit gilt ab 1.1.2017: Au-Pair-Kräfte müssen einen 35-Stunden-Kurs (in ihrer 18-stündigen Arbeitszeit) absolviert haben, um die Qualität der Kinderbetreuung sicher zu stellen – in den Augen des Gesetzes. Das ältere Geschwister jüngere erziehen können – unter Anleitung der Eltern – dürfte sich bei den Behörden noch nicht herumgesprochen haben. Früher waren die Kurse übrigens in acht Stunden möglich. In den USA wird übrigens auf eine nachgewiesene Erfahrung im Umgang mit Kindern besonders unter zwei Jahren Wert gelegt und nicht auf zertifizierte Kurse.
Sollte jemand seit 2016 ein Au Pair beschäftigen, so wäre dieser Ausbildungskurs in den ersten beiden Monaten 2017 nachzuholen gewesen, andernfalls ist die steuerliche Absetzbarkeit nicht mehr gegeben. Der Kurs kostet bei einem akkreditierten Kursanbieter, der Ausbildungskurse für „pädagogisch qualifizierte Personen“ anbietet, ca. 200 Euro und ist von der Gastfamilie zu bezahlen, wird aber dank der Großzügigkeit der Gebietskrankenkasse ebenfalls nicht auf das beitragspflichtige Einkommen angerechnet.
Bekannte von mir, die ein „offizielles“ Au Pair beschäftigen, haben bereits nach kurzer Zeit aufgegeben, alle Regelungen zu verstehen und befolgen zu wollen und haben einen Steuerberater mit der Lohn- und Krankenkassenverrechnung des Au Pairs beauftragt.
Familien benötigen dringend flexible Hilfskräfte für die Kinderbetreuung. Österreich geht den entgegengesetzten Weg und legt 18 Stunden pro Woche als Obergrenze fest. Das Gesetz ist so geschrieben, wie wenn die Au Pair Kräfte nicht 18 Jahre oder älter (bis maximal 28 Jahre) sind sondern Minderjährige, die sich nicht wehren und auch nicht selbständig mit der Gastfamilie auseinandersetzen könnten. Ein 18-jähriges Mädchen mir einer Au pair Agentur als Vermittler im Hintergrund benötigt all diese Regelungen nicht. Ein Bursche schon gar nicht.
Kaum jemand in Österreich beschäftigt noch Au Pairs. Das Sterben der Au-Pair-Agenturen hat schon begonnen, da das Geschäft mit „offiziellen“ Au Pairs angesichts dieser bürokratischen Hürden stark abgenommen hat. Von früher acht namhaften Agenturen sind gerade noch 2 übriggeblieben. Die anderen nahmen das selbe Schicksal wie die Beauty- und Waxingstudios von Katia Wagner. Aussteigen und Zusperren ist in Österreich die einzig gangbare Konsequenz.
Alexander Pachta-Reyhofen ist Diplomingenieur der Elektrotechnik, war beruflich größtenteils in der Industrie und im Management tätig und ist seit 2009 für das Internationale Theologische Institut in Trumau tätig und Direktor Europa für Philanthropie. Er ist verheiratet und hat einen Sohn, der im Juni 2017 zum Priester geweiht werden wird.