Feindbild Dritte Republik

Die Warnungen vor einer Dritten Republik mit mehr Risiko, mit mehr Konflikt und mit mehr Wettbewerb sind in diesem Land zu einem Instrument des Machterhaltes und des Machtausbaues für jene Zirkel der Macht geworden, die Stabilität, Sicherheit und „umverteilungsgerechte“ Reformen in Harmonie und Konsens (mit oder ohne Sozialpartner und „Landesfürsten“) propagieren. Sie fürchten eine Entmachtung. Ihr Feindbild ist die sogenannte Dritte Republik.

ABER in Wirklichkeit leben wir bereits seit dem EU-Beitritt (mit supranationalen Institutionen und Entscheidungen) in einer Dritten Republik – auch wenn es bisher viel zu wenige öffentliche Debatten über die Folgen dieses Beitrittes für die Realverfassung, für die Normverfassung, für die (reale) Gewaltenteilung und für den Rechtsstaat in Österreich gegeben hat.

Die Rechtsbrüche und Rechtsbeugungen in den Realverfassungen der EU und der Wirtschafts- und Währungsunion dienen einer Konservierung der Realverfassung in Österreich (des in Wirklichkeit gescheiterten Systems mit Korporatismus, Umverteilungsföderalismus und „Sozialstaat auf Pump“).

Vor allem die Geldpolitik der EZB, der monetäre antimarktwirtschaftliche Interventionismus, wirkt durch eine gigantische Umverteilung und durch eine Bevorzugung des Schuldners Staat realverfassungs(-macht-)konservierend!

Es ist nicht die Aufgabe der EZB, den Partialinteressen zu dienen und „gescheiterte Realverfassungen“ zu retten!

Wir benötigen keine Realverfassungs-Strukturkonservierung, sondern Reformen des politischen und wirtschaftlichen Systems, mehr Freiheit, mehr Verantwortung, mehr Eigenleistungen, mehr Autonomie, mehr dezentrale Lösungen, weniger Zentralismus, weniger Regulierung, weniger Paternalismus und weniger Interventionismus!

Die Schwächen der Realverfassungen Österreichs und des Staatenverbundes Europäische Union sind bekannt. Wir kennen die strukturellen Probleme! Bessere Problemlösungen verlangen nicht Rechtsbrüche und Rechtsbeugung in Konsens und Harmonie, sondern Argumente, Widerspruch, konstruktive Kritik und die Umsetzung von Lernprozessen, die mit Sachkonflikten und mit Wettbewerb verbunden sind.

Es ist auch möglich, durch ein offenes Austragen von Sachkonflikten zu politischen Kompromissen und besseren Problemlösungen zu gelangen.

In Österreich ist nicht nur die Realverfassung der Zweiten Republik (sozialpartnerschaftliche Konsensdemokratie und Umverteilungsföderalismus) gescheitert. Auch die Realverfassung der Dritten Republik (supranationale und nationale Institutionen und Entscheidungen) hat sich nicht bewährt.

Es gibt sowohl in Österreich als auch im Staatenverbund Europäische Union zu viele Strukturkonservative und zu wenige Strukturreformer. Wir brauchen eine engagierte Diskussion über mögliche Realverfassungsreformen in Österreich und in der Europäischen Union, denn auch die Realverfassung in der EU/WWU ist gescheitert.

Josef Stargl ist AHS-Lehrer in Ruhe und ein Freund der Freiheit.

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