Die Situation in Frankreichs Hauptstadt wird zunehmend kritisch: Die extreme Linke und die Moslems der Banlieues arbeiten bei den Unruhen in Bobigny eng im Kampf gegen die Polizei zusammen. Die Medien verschweigen das Ausmaß der Proteste, die Regierung will sie einfach aussitzen. Inzwischen werden Stimmen laut, dass nur mehr die Streitkräfte die Lage unter Kontrolle bringen könnten.
Die Regierung will aber gegen linke Gewalt nicht aktiv vorgehen. Ein behaupteter gewaltsamer Übergriff eines Polizisten gegen einen Moslem im Zuge einer Festnahme war Auslöser der Unruhen. Man stelle sich vor, welche Unruhen der vereinigten radikalen Linken gemeinsam mit den radikalen Moslems bei einer eventuellen Wahl von Frau Le Pen ausbrechen werden.
Sie ist übrigens die einzige, die im Wahlkampf verspricht, die verlorengegangene Kontrolle über große Teile der Banlieues wieder zu erlangen. Nach ihrer Aussage bekomme man in den Banlieues eher eine Waffe als einen Job. Sie verspricht daher eine groß angelegte Waffensuche. Alle anderen Kandidaten sind eher für Ruhe als erste Bürgerpflicht. Präsident Hollande hat sogar den angeblich verletzten Moslem im Spital besucht.
Dass diese Vorgangsweise, die man nicht einmal als defensiv bezeichnen kann, eine weitere Eskalation nicht verhindern wird können, ist wohl klar. Wird ein anderer Kandidat bei den Wahlen zum Staatspräsidenten gewählt, kann man mit der Fortsetzung der bisherig erfolglosen Beschwichtigungspolitik rechnen.
Umso länger man aber mit der Bereinigung wartet, umso schwieriger und gewaltvoller wird sie sich erweisen. Der Einsatz der Streitkräfte wäre wohl das Eingeständnis, dass sich die Lage hin zu einem Bürgerkrieg entwickelt.
Rupert Wenger war Offizier des Bundesheeres als Kompanie- und Bataillonskommandant in der Panzertruppe und später Analyst in einer Dienststelle des Verteidigungsministeriums.