Eine – fiktive – willige und fähige Regierung hätte derzeit in Österreich allerhand Aufgaben wahrzunehmen, darunter so dringliche und plakative wie das Abdrehen des Migrations- und Asylstromes, die Budgetsanierung, die Verbesserung der Sicherheitslage im Inneren und die Wiederherstellung der nationalen Verteidigungsfähigkeit.
Im Schatten dieser großen Themen gibt es allerdings auch noch zahlreiche andere Notwendigkeiten. Ein Bereich, der schon lange als – allerdings den meisten Bürgern unbewusstes – Problemfeld gelten muss, ist das heimische Privatrecht. Dort gäbe es genug zu tun, nicht nur im Hinblick auf Systematik, Vereinheitlichung von Gesetzen oder die – generell auf allen Rechtsgebieten dringend notwendige – Begrenzung des Tuns von Rechtsprechung (auf Einzelfallentscheidungen im Rahmen des Wortlauts bestehender Rechtsnormen) und Lehre (auf historische Forschung und die Abgabe unverbindlicher Empfehlungen) im Sinne der Wiederherstellung einer echten Gewaltenteilung. In dieser kann es nur einen geben, der Recht schafft, nämlich den parlamentarischen Gesetzgeber.
Ein besonders großer Missstand des Privatrechts lässt sich unter dem Titel „Aushebelung von zentralen Rechtsgrundsätzen“ (wie Vertrags- oder Testierfreiheit) und „Illegitime Eingriffe in Eigentums- und andere dingliche Rechte“ subsummieren. Dieser Missstand schädigt regelmäßig weite Teile der Bevölkerung, ohne dass dies allerdings medial oder seitens der Politik jemals entsprechend thematisiert worden wäre. Dazu einige ausgewählte Beispiele:
- Das Ehescheidungsrecht: So wird etwa der Scheidungsrichter ermächtigt, das Eigentum (!) an Liegenschaften nach eigenem Gutdünken von einem auf den anderen (ehemaligen) Ehepartner zu übertragen. Vermögenswerte, die (anhand des Faktums, dass sie nur von einem der beiden Ehepartner bezahlt worden sind), klar einer Person zuordenbar sind (oder gar schon vor der Ehe dessen Eigentum waren), fallen einem „Aufteilungsverfahren“ zum Opfer. Dazu kommt noch die absurde Einrichtung des „Unterhalts“, der sogar dann noch entrichtet werden muss, wenn der ehemalige Ehepartner längst in einer neuen (nicht beurkundeten) Beziehung ist (wobei eigentlich jedem verständigen Menschen klar sein muss, dass häusliche Dienstleistungen als durch kostenlose Bereitstellung von Wohnraum, Lebensmitteln und Hygieneartikeln sowie Teilnahme an Urlauben und allerlei Freizeitvergnügungen als abgegolten zu betrachten sind).
- Das Erbrecht: Dem – nicht besachwalterten – Erwachsenen steht es nicht frei, im Hinblick auf seinen Tod frei über den Verbleib seines Vermögens zu entscheiden. Vielmehr müssen „Pflichtteile“ für bestimmte Familienangehörige vorgesehen werden. Und wenn diese nicht entsprechend dotiert sind, kann sogar über den Unsinn eines „Pflichtteilsergänzungsbetrages“ prozessiert werden. Hier noch von Testierfreiheit zu sprechen, ist ein Hohn.
- Das Arbeitsrecht: Auf diesem ohnehin überregulierten Rechtsgebiet desavouieren vor allem sogenannte „Anti-Diskriminierungsbestimmungen“ unzumutbar die Reste der Vertragsfreiheit.
- Das Mietrecht: Wer heute – vor allem im Anwendungsbereich des MRG – noch vermietet, muss einer besonderen altruistischen Neigung unterliegen, muss ihm doch klar sein, dass er im Streitfall über sein Vermögen (die Liegenschaft/Wohnung) nur allzu oft nicht verfügen kann, wie es für einen Eigentümer eigentlich selbstverständlich sein müsste. Von schlechten Scherzen wie jenem, dass aus befristeten Mietverträgen ungewollt unbefristete werden, abgesehen kann er vor allem unbotmäßige Mieter nicht einfach unbürokratisch vor die Tür setzen, so wie dies eigentlich sein müsste.
- Der geschäftliche Verkehr: Auch hier schränken sogenannte „Anti-Diskriminierungsbestimmungen“ etwa das Recht von Vermietern, sich den Mieter frei auszusuchen, oder das Recht von Beherbergungs-, Restaurations-, oder Tanzlokalunternehmern, sich ihre Gäste frei auszusuchen, unzumutbar ein. Dazu kommen weitere unzumutbare Beschränkungen des privaten Hausrechts wie etwa Rauchverbote.
All diese und weitere Eingriffe in die Rechte von Bürgern stellen untragbare Beschränkungen von deren Leben und insbesondere von deren wirtschaftlicher Dispositionsfreiheit dar, bis hin zu einer De-facto-Enteignung.
Diese staatlich verordneten Frechheiten werden dann in Gesetzesmaterialien und juristischen Fachbüchern regelmäßig durch eine behauptete „Schutzwürdigkeit“ anderer – erwachsener, nicht besachwalterter – Personen „legitimiert“. An ihrer Unrechtmäßigkeit und Ungerechtigkeit ändert dies allerdings nichts.
Schutzwürdig ist der, der sich nicht selber wehren kann – Unmündige, Besachwalterte, Tiere und Pflanzen (letztere beide sind in juristischem Sinne zwar Sachen, aber dennoch schutzwürdige Lebensformen). Ein erwachsener, nicht besachwalteter Mensch hingegen braucht keinen „Schutz“, schon gar nicht auf Kosten anderer! Es obliegt allein seiner Verantwortung und seiner Entscheidungsfreiheit, die Umstände seines Lebens im Rahmen der allgemeinen Regeln (insbesondere auch öffentlich- und strafrechtlicher Natur) zu gestalten und für die Folgen seiner Entscheidungen selbst einzustehen.
Eigene Fehlentscheidungen, mangelnde Fähigkeiten, mangelndes beruflich-wirtschaftliches Geschick, fehlende Intelligenz, und anderes mehr mit Hilfe brachialer Gewalt auf Kosten anderer Menschen ausgleichen zu wollen, ist zutiefst unverschämt und im Rahmen eines echten Rechtsstaates eigentlich undenkbar.
In diesem Sinne ist jede Regierung, die eine echte Regierung des Volkes sein will, dringend gefordert, mithilfe ihrer parlamentarischen Mehrheit diese Missstände auszumerzen.
Mag.iur. David Nagiller B.Ed. ist Jurist und Lehrer