Staatspornographie

Die ORF-Sendung „Willkommen Österreich“ hat ein Satirevideo unter dem Titel „Austria Second“ veröffentlicht, das sich als Teil des weltweiten Satireprojekts “Who wants to be second” über Donald Trumps Slogan „America First“ lustig macht. Leser, die das Video nicht kennen, mögen es sich ansehen, damit die folgenden Ausführungen nachvollziehbar sind.

Lange habe ich überlegt, ob ich mich zu diesen österreichischen Niederungen der offiziellen Unterhaltungsindustrie äußern soll. Das Thema an sich, das rationale Verhältnis zu Trump, ist viel mehr als eine Satire wert. Es geht um Krieg und Frieden.

Man nehme mir nicht übel, wenn ich auf Witz anstatt mit Humor und Augenzwinkern mit einer Analyse antworte. Denn die suggerierende Bildersprache dieser sogenannten politischen Satire lässt sich gut als versteckte Propaganda interpretieren. Für die inhärente Geschichtslümmelei und Imagefäulnis des Auswurfes von Stermann & Griessemann fließen außerdem Gelder. Blödheit, Bosheiten und platter Schwachsinn werden gut bezahlt.

Die Wesensmerkmale des hochgejubelten Tabubruchs, von Stermann & Grissemann, wie sie „leiben“ und leben:

  1. Plattwalzen des Österreichisch-Deutschen und Deutsch-Österreichischen Geschichtskomplexes. Die Rolle der Österreichisch-Ungarischen Monarchie im 1. Weltkrieg und die Rolle des Dritten Reiches im 2. Weltkrieg mit einem Österreicher an der Spitze waren definitiv anders, als von den Satiremeistern der Geschichtszertrümmerung mit Schüssen und Kanonen nachempfunden.
  2. Fake News über die Aufnahme von Migranten und Flüchtlingen in Österreich.
  3. Pornographische Symbole in Lupenvergrößerung, emotional mit Homosexuellenlibido unterfüttert (unappetitliche Vulva, süßer Mozarthoden und Mozartflötenpenis).
  4. Kastration der ländlichen Bevölkerung.
  5. Inzest und lachende Familienwatschen der „Einheimischen“ als großes Hausthema.
  6. Die ewig miesen Pauschalierungen und Identifikationsketten von (vermeintlich) rechten Bewegungen.

Was würde Freud sagen? Alles in allem ein Kastrationskomplex? Interessant ist nur, dass bei sämtlichen sexuellen Komplexen und Verbrechen immer die hellhäutigen Images verwendet werden. Warum nur Negativresonanz für alles, was hellhäutig ist? War diese Form von Rassismus der beabsichtigte Aberwitz?

Der freie Westen und die islamische Welt weiden sich nun genüsslich an österreichischer kindlicher Kastrationssatire in der Geschmacksrichtung: weiß, männlich, antihomophob und staatspornographisch. Das alles in inzestuöser Raumvorführung des ORF-Schuppens.

Was tun gewisse ORF-„Kulturschatzaugenzwinkerer“ dem Volk und seiner Geschichte nur an! Sollen sich nun die depperten Österreicher mit ihren Fußtritten aus der Geschichte schleichen? So klang die Botschaft nämlich: Schleicht´s euch, ihr kleinen und großen Bürger im Herzen Europas, mit euren Dorfnamen mit ordinärer Bedeutung im Englischen.

Aber einen Schatz hat das Land schon zu bergen, den Coolsten von allen, einen echten Humphrey Kern, einen harten, erfahrenen, oftmals zynischen und konsequent einem inneren Moralkodex folgenden Charakter, wie jeder auf Wikipedia über Bogart lesen kann. Ein Christian Kern als Lustknabe von Trump? Cool und queer!

Zu viel Juckreiz an Nestbeschmutzung schafft den klaren Blick für Opfer- und Täterrollen ab.

Die Stimme der Vernunft ist leise, sagte Freud, sie müsste heute laut schreien, auch aus dem verkommenen Österreich!

Als Gegenpol zum vulgären anmaßenden österreichischen Auswurf möchte ich auf die inoffizielle iranische Darstellung dieser Satireserie hinweisen: bestechend stolz, bestechend sexy und ästhetisch (allerdings nicht queer), bestechend pietätvoll, bestechend elegant, bestechend intelligent, bestechend ironisch, bestechend spielerisch, bestechend gefährlich, bestechend geopolitisch und staatssymbolisch, bestechend religiös. Im Vergleich zum männlichen Stolz dieser islamischen Produktion wirkt der österreichische Witz wirklich sehr krank.

Jene Familien, welche die Geschicke unseres Landes über Generationen mitgetragen haben, werden nicht über das hingeschmissene Image ihres Landes lachen, während Teile der islamischen Welt auf die bekannte islamische Art über uns lachen. Ich möchte die Produktion von Stermann und Griessemann mit gutem Recht als elendiglich sorglos abqualifizieren. Und dabei habe ich keinen Angstkomplex.

Aus meiner Sicht wäre Österreich zurzeit angehalten, solche exhibitionistischen und komplexbeladenen „Kultshows“ zurückzuschrauben. Es sind genau solche propagandistischen Witzjubilare wie Stermann und Griessemann, welche die Schlinge, in der sich Europa befindet, sicher nicht lockern werden.

Möge uns das weltweite Krisenjahr 2017 nicht allzu üble Überraschungen bescheren, auch wenn es sich nur um schlechte Witze handelt.

Dr. Angelika Gruber ist Historikerin

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