Im Nationalrat sitzt der Bauernbund mit 12 Abgeordneten, das sind 6,56 Prozent von 183. In Österreich „leben“ heute 240.000 Menschen auf 140.000 Höfen, das sind 2,82 Prozent von etwa 8,5 Millionen Einwohnern. Von daher müsste es den Leibeigenen – pardon „unseren Bauern“ sehr gut gehen. Tut es aber leider nicht.
Bei 2.166 im Jahr 2015 ausgewerteten landwirtschaftlichen Betrieben mit durchschnittlich 43 Hektar Gesamtfläche sieht es allerdings nicht danach aus:
10% ihres Einkommens verdienten sie noch mit ihrer Arbeit auf Feld, im Stall und im Wald,
35% davon waren Ausgleichszahlungen = Subventionen,
39% wurden mit Arbeit außerhalb des Betriebes verdient und
16% des Einkommens wurden unter Sozialtransfer und Sonstiges subsummiert.
In den Jahren 1999 bis 2013 haben täglich 11 Bauern endgültig aufgehört. Jeden Tag wurden rund 22 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche verbaut und waren damit für die Landwirtschaft endgültig verloren.
Zurück zum Bauernbund. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kommt aus dem Bauernbund, die Agrarmarkt Austria – eine juristische Person des öffentlichen Rechts, alle „bäuerlichen“ Interessenvertretungen, vulgo Landwirtschaftskammern werden von Bauernbündlern geleitet und im EU Parlament sitzt auch eine fesche Bauernbund-Vizepräsidentin.
Der ÖVP-Bauernbund könnte in diesen Gremien vereint sehr viel für die Landwirtschaft tun. Dass dies aber nicht passiert, zeigen die jährlichen Grünen Berichte. Die Bauern selbst sollen brav und fleißig arbeiten und auf die Natur aufpassen und die Tiere pfleglich behandeln, die Anleitung dazu kommt von den diversen Naturschutzorganisationen. Alles Weitere machen ohnehin die AMA Marketing GmbH, Unsere Lagerhäuser, die LLI, die Raiffeisen-Landesbanken und bescheiden im Hintergrund der Herr Ökonomierat Christian Konrad.
Das Interesse dieser Unternehmungen unter dem Giebelkreuz am Bauernbund ist leicht nachvollziehbar. Können sie doch unter den Fittichen dieser honorigen Politiker ungestört ihren wirtschaftlichen Interessen nachgehen, sitzen doch viele (fast alle) Bauernbundpolitiker in ihren Aufsichtsräten und tun dort statutengemäß, was für die Unternehmen gut ist. Und die AMA passt auf, dass die Landwirte beim jährlichen Ausfüllen der unzähligen Formulare keine Fehler machen, beziehungsweise dass die Förderungen in diesem Fall nicht ausbezahlt werden. Wirtschaftspolitologen nennen solche Tatbestände Win-win-Ergebnisse.
Die AMA hat nach dem AMA-Gesetz 1992, BGBL 379 und darin nach § 2 (1) die zentrale Markt- und Preisberichterstattung über in- und ausländische Märkte betreffend agrarische Produkte über. Beim Mais-Außenhandel gibt sie in der Statistik mit Stand Juni 2015 für die Jahre 2012 bis 2014 eine Exportmenge von 1.288.590 Tonnen und einen Erlös von 517.615.000 Euro an. In der Statistik ein Jahr später finden sich für dieselben drei Jahre jedoch die Menge von 1.205.865 Tonnen und Erlöse von 253.403.000 Euro. Das sind etwa 251 Millionen Euro weniger! Das bedeutet, dass die Handelsspanne innerhalb eines Jahres von 58 auf 19 Prozent gefallen ist. Im gleichen Zeitraum ist beim übrigen Getreide die Handelsspanne von 42 % auf 57 % angestiegen, insgesamt um – was für ein Zufall – 251 Millionen Euro.
Die AMA hat hier eindeutig einen Fehler gemacht. Sie wird nach dem AMA-Gesetz kontrolliert von der Europäischen Kommission, dem Europäischen Rechnungshof, dem Österreichischen Rechnungshof, der Staatsaufsicht BMLFUW, der Abteilung Revision des BMLFUW, der Buchhaltung Prüfstelle des BMLFUW etc. Und niemandem ist etwas aufgefallen, auch den Exportfirmen, die den Mais exportierten, nicht. Die Getreideexporteure glauben nach der Handelsspannenerhöhung innerhalb eines Jahres offensichtlich wieder an den Weihnachtsmann.
Die Europaparlamentarierin des Bauernbundes hat bei einem Runden Tisch mit agrarischen Verbänden über die GAP nach 2020 geklagt, dass die Bauern es mit einer existenzbedrohenden Marktmacht zu tun haben, gegen die man auf politischer Ebene vorgehen muss. REWE, Spar, Billa, Hofer und 10 weitere Lebensmittelketten können schon mit dem Fürchten anfangen.
In der Zeit, die ich für die Zusammenstellung des vorliegenden Kommentars benötigte, gibt bei uns in Österreich wieder 2 Landwirte weniger und 6 Flüchtlinge mehr.
Dipl.Ing. Hermann Kulterer ist kein „Experte“ à la Greenpeace oder Global 2000; er weiß „nur“ im Rahmen seiner akademischen Ausbildung und seiner im eigenen Landwirtschaftsbetrieb (160 ha, seit mindestens 370 Jahren im Familienbesitz) gemachten langjährigen Erfahrung Bescheid.