Achtung - Geisterfahrer!

Sie kennen bestimmt den Witz, in dem der Beifahrer den Wagenlenker auf der Autobahn warnt: „Achtung, da kommt uns ein Geisterfahrer entgegen!“ Worauf der etwas verwirrte Lenker erwidert: „Was heißt da einer? Hunderte!“

In den letzten Wochen kommt mir dieser Scherz im Gefolge der allmorgendlichen Zeitungslektüre recht oft in den Sinn. Wer ist nun auf der verkehrten Spur unterwegs – ich oder alle anderen? Kann es sein, dass ich langsam verblöde? Oder sollte ich einfach etwas weniger trinken? Geht es mir wie dem psychisch Erkrankten, der sich von lauter Lügnern und Idioten umringt wähnt – unfähig seine eigene Störung zu erkennen? Oder benutzen am Ende doch die anderen die falsche Richtungsfahrbahn?

Ein paar Beispiele, die mich zu derlei Überlegungen veranlassen: Die von der rotgrünen Stadtregierung Wiens geplante Errichtung eines Denkmals für Ho Chi Minh im Wiener Donaupark ist ein schönes und zudem hochaktuelles Beispiel. Was genau verbindet den bluttriefenden vietnamesischen Warlord Ho Chi Minh mit Wien? Genauso viel wie einen anderen Massenmörder, nämlich Ernesto „Che“ Guevara, dessen großartige Leistungen bereits seit Jahren mit einem Denkmal im selben Park geehrt werden: Gar nichts. Weshalb also noch so ein Denkmal? Weil der dadurch Geehrte Kommunist war und daher naturgemäß die Sympathien der linken Rathausnomenklatura genießt? Als späte Anerkennung, weil immerhin Horden der 68er-Bewegung einst Ho-ho-ho-Chi-Minh-Parolen im Kampf gegen den US-amerikanischen Imperialismus skandiert haben? Man weiß es nicht. Bleibt die bohrende Frage: Wer fährt da auf der falschen Seite? Das Rathaus oder ich?

Anderes Beispiel: Im schönen Braunau am Inn wird ein junger Mann verhaftet. Was hat er getan? Hat er etwa seine Mitmenschen in ihrer Ehre beleidigt oder gar angegriffen, wie das nicht wenige der eingeschleppten „Flüchtlinge“ dieser Tage zu tun pflegen? Hat er etwa zur Revolution oder zur Gewalt gegen andere aufgerufen? Nichts davon. Sein Verbrechen besteht darin, dass er sich den falschen Bart hat wachsen lassen, der ihn angeblich Adolf dem Braunen ähneln lässt. Unfassbar: Ein politisch unkorrekt getrimmter Bart reicht hierzulande am Beginn des 21. Jahrhunderts als Haftgrund aus. Großartig. Was kommt als nächstes? Gulag für das Tragen eines Dirndls oder weißer Kniestrümpfe?

Zeitgleich verlautet, dass Gewaltverbrecher – zumindest, wenn sie der richtigen Glaubensgemeinschaft angehören und sich mithin der Sympathie der gleichgeschalteten Medien und des Wohlwollens einer linksversifften Justiz sicher sein können – auf freiem Fuß angezeigt werden (und noch am selben Tag untertauchen). Ist da mittlerweile jedes Augenmaß und jeder Sinn für Verhältnismäßigkeit verlorengegangen, oder ist derjenige, der solche Fragen stellt, ein (gedanklicher) Geisterfahrer?

Um einem dringenden Bedürfnis einiger Exponenten des linken Reichsdrittels abzuhelfen, soll plötzlich einer schönsten Plätze Wiens, der Heldenplatz, umgetauft werden. Das „Heldengedenken“ sei angeblich nicht mehr zeitgemäß. Na klar. Haben die beiden auf dem Heldenplatz geehrten Herren (Erzherzog Karl und Prinz Eugen von Savoyen) lange gewirkt, ehe für die Austromarxisten die eigentliche österreichische Geschichte beginnt – nämlich erst anno 1848. Vorerst ist wenigstens nicht daran gedacht, die Standbilder der beiden Helden zu entfernen. Immerhin.

Darf das wahr sein? Kann man derart geschichtsvergessen sein, zwei der wenigen herausragenden Feldherrn im Dienste des Hauses Habsburg einfach nicht mehr wahrhaben zu wollen? Welche Namen auch immer der Platz künftig tragen soll: Wer fährt hier falsch – der Kulturminister und der Kulturstadtrat oder ich?

Dass schließlich ein schwarzer Minister ganz wild darauf ist, das Geburtshaus Hitlers in Braunau schleifen zu lassen, rundet das surrealistische Bild harmonisch ab. Wer der Geschichte mit Verdrängung begegnet, kann keine Lektionen daraus ziehen. Oder fahre ich auch in diesem Punkt auf der falschen Spur in die verkehrte Richtung?

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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