Es wirkt noch gar nicht so lange her, als sich Frau Vassilakou im Wiener Wahlkampf 2010 vor einer Frau mit Kopftuch auf einem Plakat abblitzen ließ. Ich erinnere mich gut daran, denn es besiegelte die Abkehr von meiner einstigen politischen Heimat. Wir schreiben das Jahr 2016: ein ehemaliger Grüner Parteichef strahlt uns in Tracht bekleidet vor rot-weiß-rotem Plakathintergrund entgegen, und wirbt mit dem Heimatbegriff auf Kirtagen und Dorffesten um Stimmen.
Für mich als Liberalkonservativen, für den nach Familie die Heimat und Identität eine wichtige Rolle einnehmen, ist dies eine erfreuliche Entwicklung. Dennoch gibt der klare Ausgang der Wahl Grund zur Sorge, denn, wie befürchtet, hat es die völlig falschen Signale gesendet:
- Die Medien fühlen sich ermutigt, uns ungehemmter denn je mit ihrem Links-„Liberalismus“ zu indoktrinieren. Eine Ideologie, die weltweit Abfuhr nach Abfuhr kassiert und in ihrem Rückzugsgefecht illiberale, totalitäre Auswüchse gegen Andersdenkende angenommen hat. (Ein inhärenter Widerspruch, der vielen Verfechtern durchaus bewusst ist, aber gerne unter den Teppich gekehrt wird.)
- Die Regierung klammert sich dankend an den Rettungsring, den ihr die Wähler zugeworfen haben und macht dort weiter, wo sie aufgehört hat. Erwartungsgemäß haben die Leitartikler ihre üblichen, schon lange ausgehöhlten Phrasen ausgepackt: „So darf es nicht weiter gehen, sonst sitzt bald der böse H.C. im Kanzleramt.“ Gut, dass es die Kopieren-und-Einfügen Funktion gibt, sonst müsste man ja anfangen, kritische Fragen zu stellen…
- Die Ritter der Willkommenskultur und ihre willigen Handlanger in der SPÖ sehen Oberwasser. Die – ohnehin viel zu zaghaften –Versuche der ÖVP, die ungewollte Zuwanderung in geordnete Bahnen zu lenken, werden jetzt noch eifriger sabotiert. Sie können sich drauf verlassen: irgendwann knickt der Mitterlehner immer ein.
Was also tun?
Erstens: räumen wir mit dem Mythos der Abgehängten auf!
Glaubt man Kurier, Standard, ORF, Puls 4, Grisseman & Co., dann schreibt hier ein älterer, verbitterter, ungebildeter Mann. Bestimmt hat ihn die Globalisierung wirtschaftlich abgehängt, und wahrscheinlich ist er noch dazu hardcore-, ultra-, erzkonservativ. Ein dumpfes Landei, das gefälligst mit „Weltoffenheit“ und „Toleranz“ zu gentrifizieren ist.
Nun, was das Geschlecht betrifft, bekenne ich mich schuldig im Sinne der Anklage. Nachdem ich (leider) kein Profifußballer bin, empfinde ich mich mit Mitte Dreißig aber noch nicht alt. Als jemand der in Wien maturiert hat, in Großbritannien studiert hat, und in Deutschland lebt, passe ich auch nicht so ganz in die linke Schablone des xenophoben Hinterwäldlers. Und als (stolzer) Unternehmer einer kleinen Softwareschmiede, die ihre Produkte in alle Welt verkauft, ringe ich mit vielem – Bürokratie, hohen Steuern und Konkurrenten –, aber Gott sei Dank noch nicht gegen den wirtschaftlichen Abstieg.
(Traurig aber wahr: wäre ich nicht dank meiner Selbständigkeit unabhängig, könnte ich mich wohl nicht so offen äußern.)
Zweitens: ein wenig Pessimismus schadet nicht.
Das Bild, welches die Medien zeichnen, ist das des zornigen, proletarischen Rechtswählers auf der einen Seite, versus das des lebensfrohen, erfolgreichen Linkswählers auf der anderen Seite. Unterschwellige Botschaft: Aufgabe der erleuchteten Optimisten ist es, die fehlgeleiteten Pessimisten von der dunklen Seite zu bekehren. Bei so einer Bevormundung ist es wenig verwunderlich, dass das Vertrauen in die Medien rasch schwindet.
Zum Pessismismus sei Thilo Sarrazin zitiert: „Im Übrigen hat ein gewisser Pessimismus einen hohen Überlebenswert: Die Schwaben gelten als depressiv, sie bauen aber auch die besten Maschinen. Wo Pessimisten regieren, ist die Welt wohlhabender und besser geordnet also dort, wo der Optimismus herrscht.“
Und drittens: holen wir die gekaperten Begriffe „Weltoffenheit“ und „Toleranz“ von den Möchtegern-Liberalen zurück.
Für den Duden und mich bedeutet weltoffen, dass man geistig aufgeschlossen ist, und tolerant, dass man andere Meinungen akzeptiert. Entschieden dagegen halten sollte man, wenn diese Begriffe als Codewörter für offene Grenzen und Multikulturalismus missbraucht werden. Damit lassen sich wunderbar Kritiker mundtot machen – wer will denn schon als verschlossen und intolerant gelten? Höchste Zeit, diese Wörter aus ihrer Geiselhaft zu befreien.
Die Weichen stehen auf Umbruch, und ich hoffe dass konservative Werte weiter an Boden gewinnen. Dass „Heimat“ und die Identitätsfrage eine Renaissance feiern tut gut. Und wer weiß: Vielleicht erfreuen uns im nächsten Wahlkampf Frau Glawischnig und Frau Vassilakou im Dirndl und singen „I am from Austria“.
Philipp Mayerhofer, geboren 1981 in Wien, hat in Großbritannien Informatik studiert und ist seit einigen Jahren Software-Unternehmer.