Die Rolle der OECD im Durchsetzen von Interessen und Ideologien

Alles was OECD-Generalsekretär Gurria bei einem Besuch in Wien vor einigen Tagen vorgebracht hat, liest sich entnommen aus dem Programm der SPÖ, ihrer europäischen Sammelpartei SPE, der Club-Med-Fraktion der EU, der Gewerkschaften und NGOs: Mehr öffentliche Investitionen. Mehr Schulden, weniger Sparen. Zentrale Bündelung, am besten unter EU-Hoheit. Die Vorschläge sind „alter Wein in nicht mehr neuen Schläuchen“. Diese Forderungen sind Kern sozialistischer Politik.

Hier stellen sich einige Fragen:

  • Was ist die OECD?
  • Wer ist Herr Gurria?
  • Ist die OECD ideologisch ausgerichtet?
  • Ist es Auftrag der OECD, Politik zu machen und gleich für eine "Schwesterpartei" des OECD-Generalsekretärs zu lobbyieren?

Die OECD ist aus der Organisation für europäische Wirtschaftszusammenarbeit und dem Marshallplan zum Wiederaufbau Europas 1961 als Nachfolgeorganisation entstanden. Die OECD sollte einst eine liberale, marktwirtschaftliche und effiziente Wirtschaftsordnung sicherstellen. Sie ist strikt zwischenstaatlich verfasst. Beschlüsse sind völkerrechtlich verbindlich, aber in den Mitgliedsländern nicht direkt anwendbar. 34 Staaten sind Mitglieder. 2.500 Mitarbeiter sind bei der OECD beschäftigt. Österreichs Beitrag betrug 2015 etwa 4,1 Mio. Euro. Zusätzlich generiert die OECD durch freiwillige Beiträge für OECD-Projekte wie zum Beispiel PISA etwa ein Drittel des Zentralbudgets von 370 Mio. Euro in 2015. Die Kosten, die aus zig Beschlüssen entstehen, sind nicht direkt quantifizierbar, dürften aber Milliardenhöhe erreichen.

Die Gruppenzugehörigkeit soll Anreize bieten, Beschlüsse, Richtlinien und Regelwerke der OECD daheim umzusetzen.

Gurria hat die OECD in seiner Amtszeit neu positioniert: die „Teilglobale Super?Nanny“, die lobt und maßregelt. Offenbar mit großem Geschick und guter Vernetzung hat er die Aufgabenbereiche der OECD auf Bildungs- und Sozialpolitik, Umwelt- und Ressourcenpolitik, Gesellschafts- und Genderpolitik erweitert. Die OECD nimmt an den Gipfeltreffen der informellen Foren der G20 und G8 teil. Diese Gipfel sind Treffen von Regierungsvertretern ohne Verwaltungsapparat. Die G20 ist selbst ernannt und beliebig zusammengesetzt. Kleine Staaten sind praktisch ausgeschlossen. Diese Gipfeltreffen dienen der multilateralen Einführung von Maßnahmen zur Stärkung des weltweiten Wachstums, der Finanzmarktregulierung, der internationalen Steuerpolitik, der internationalen Finanzarchitektur und vieles mehr.

2013 bekam die OECD von den G20 den Auftrag, ein Regelwerk zu „Globalen Standards zum automatischen und grenzüberschreitenden Austausch von Informationen über Finanzströme“ auszuarbeiten. Österreich ist als kleiner Staat bei den G20 nicht direkt vertreten. Die Vertretung erfolgt durch die EU. Schweiz und Spanien sind bei den Vorbereitungen zu den Gipfelgesprächen dabei, Österreich nicht.

Über den gemeinsamen Beschluss des internationalen Finanzdatenaustausches zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung wurde das Bankgeheimnis in Österreich aufgehoben: Seit 1. Oktober 2016 ist das von der OECD verordnete zentrale Kontoregister in Kraft.

Jose Angel Gurria ist seit 2006 Generalsekretär der OECD. Er wurde kürzlich für eine dritte Amtszeit bis 2021 bestätigt. Von 1994 bis 2000 war er Außen- und Finanzminister von Mexiko in der Partido Revolucionario Institucionale (PRI), einer Schwesterpartei der SPÖ. Beide sind Vollmitglied der Sozialistischen Internationale. Die PRI war bis zum Jahr 2000 über 71 Jahre hinweg praktisch alleinregierend. Ein Hauptsponsor der PRI ist der mexikanische Milliardär Slim. Die Gegenleistung kann sich sehen lassen: eine längerfristige Monopolstellung im mexikanischen Kommunikationsmarkt. Slim ist Hauptaktionär der Telekom Austria.

Für Mexiko gilt: Macht korrumpiert, absolute Macht korrumpiert total. Eine funktionierende Demokratie muss den Wechsel erlauben. Dieser kam in Mexiko erst im Jahr 2000. Der Korruptionsindex Mexikos liegt im Bereich von 26,6 bis 37 Punkten, im Vergleich dazu mit niedrigster Korruption Dänemark 90 bis 100, Österreich 69 bis 87.

Die derzeitige Ausrichtung der OECD in vereinter Zusammenarbeit mit EU- und globalen Organsiationen in Richtung Interventionismus und sozialistischer Themenstellung ist auch auf Gurria und Genossen zurückzuführen. Seit die nationalen Gewerkschaften in den Industriestaaten an starkem Mitgliederschwund leiden, verstärkt sich die Einflussnahme der International Labour Organisation (ILO) auf internationale Gremien.

Bedenklich stimmt, dass Gurria eine dritte Periode bestätigt bekam. Die USA unter der Regierung Trump als größter Mitgliedsstaat wird daran zu messen sein, wie weit sie Sozialismus und Interventionismus durch die OECD zulässt oder ob sie die OECD hin zur Umsetzung von global vernünftigen Rahmenbedingungen für eine marktwirtschaftliche und effiziente Ordnung drängt. Vielleicht zieht sich die USA überhaupt aus diesen Gremien zurück und versucht, eigenständige Regelungen durchzusetzen. Letztere Möglichkeit trägt sicher dazu bei, dass in Europas „Elite“ die Anti-Trump-Stimmung besonders groß ist. Für diese „Elite“ stehen der Traum eines europäischen Superstaats auf dem Spiel und vor allem lukrative Ämter.

Wie ist die Situation in Österreich?

Liegen in einer Koalition die Vorstellungen zwischen den „Partnern“ weit auseinander und will eine Partei ihre politische Agenda durchsetzen, wird sie sich Mehrheiten mit Oppositionsparteien suchen oder sie startet eine Volksbefragung, ein Volksbegehren oder eine Petition (Bildungsvolksbegehren, Pro Wehrpflicht). Bei Nichteinigkeit werden in der Regel Neuwahlen angesetzt.

„Neue“ Instrumente zur Durchsetzung einer Parteiagenda sind die "Hilferufe" an Organisationen außerhalb des Landes wie an die EU, die OECD oder andere. Damit will der Regierungschef die Notwendigkeit seiner Agenda unterstreichen, man erwartet sich innenpolitische Akzeptanz. Bei den Sanktionen gegen Österreich in 2000 hat die SPÖ Hilfe zum Sturz der schwarz-blauen Regierung von außen geholt. Der Sturz ist bekanntermaßen nicht gelungen, die Isolation Österreichs schon.

Betrachten wir die von Gurria in Wien angesprochenen Problemkreise näher:

Erhöhung der Öffentlichen Verschuldung

Gurria sagt: „Das niedrige Zinsumfeld erleichtere öffentliche Investitionen: Da wird Geld freigesetzt, dass eigentlich den Gläubigern hätte zufließen müssen. Dieses Geld könne jetzt – ohne das Defizit zu erhöhen – für Infrastrukturinvestitionen verwendet werden, was das Wachstum antreiben werde.“

Diese Argumentation muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Tatsachen verdrehend spricht Gurria von nicht ausgegebenem Geld für Zinsen und meint, dieses Geld solle man für Infrastrukturinvestitionen einsetzen. Nach dieser Logik hätte vereinfacht ein Staat ohne Schulden kein Geld für Investitionen frei, weil er ja keine Zinsen budgetiert hat. Fast scheint es, dass Gurria Chefberater der Euro-Südstaaten war: Diese haben das durch die Euroeinführung bedingte niedrige Zinsumfeld ausgenutzt und ihre Staatsschulden in weniger als zehn Jahren bis zum Bankrott anwachsen lassen.

Eine Sanierung des Staatshaushalts hat Gurria NICHT im Programm. Nur eine Sanierung würde den Spielraum nachhaltig für Investitionen erweitern, ohne Abhängigkeiten vom Finanz- und Geldmarkt zu schaffen. In keiner Form weist Gurria auf die Gefahr hin, dass Zinsen für geborgtes Geld auch stark steigen können. Für Private nennt man dies Schuldenfalle. Greenspan kündigte kürzlich bereits steigende Zinsen an (siehe zerohedge). Wer Gurrias Rat befolgt, kann bei steigenden Zinsen rasch in arge Abhängigkeit der Gläubiger geraten.

Bildung

Gurria empfiehlt, Bildung zu konsolidieren, sprich zusammenzufassen unter eine zentralistische Oberhoheit. Doch das Wesen von Bildung ist Vielfalt.

Gurria sagt: „Sie (die Länder und Gemeinden) nehmen zwar gerne das Geld vom Bund, aber dann wollen sie es nach eigenem Ermessen ausgeben.“

Hat Gurria nicht verstanden, dass hier nicht das Geld vom Bund, sondern das Geld vom Bürger und Steuerzahler genommen wird? Der in den Gemeinden wohnende Bürger liefert Steuern an den Bund ab. Im Rahmen eines Kuhhandels namens Finanzausgleich verteilt der Bund diese Steuern mit Machtpolitik um.

Bezeichnend ist: Der steirische Vize-Landeshauptmann Schickhofer aus der SPÖ spricht sich gegen eine Einnahmen- und Ausgabenhoheit der Länder aus. Die Besteuerung der Bürger überlässt man gerne dem Bund. Mehr Verantwortlichkeit ist aber nur zu erreichen, wenn Einnahmen- und Ausgabenhoheit in einer Hand vereint sind; Entscheidung, Verantwortung und Haftung gehören einfach und klar zugeordnet. Das diszipliniert die Lokalpolitiker, weil sie dem Bürger „reinen Wein einschenken“ müssen. Die einzige Rechenschaftspflicht, die Administration und Regierung haben, ist die gegenüber Bürgern und Steuerzahlern.

Es ist richtig, dass bestehende Personalressourcen gut eingesetzt gehören. Wie steht es damit in Mexiko? Mexiko hat eine relativ niedrige Arbeitslosenrate, doch das Einkommen seiner Bürger ist sehr niedrig. Auch wandern zahlreiche Mexikaner mangels Perspektiven – viele illegal – in die USA aus. Das entlastet den mexikanischen Arbeitsmarkt. Im Juli 2014 war den Medien zu entnehmen, wie Gurria von einem „Lumpenproletariat“ in Deutschland sprach. Was ist der Anteil der „politischen Eliten“ an elenden Perspektiven?

Besteuerung

Gurria sagt: „Wenn von 100 Euro nur 50 Euro mit nach Hause genommen werden können, dann läuft was falsch.“ Hier hat Gurria Recht. Recht hat er aber nicht, wenn er davon spricht, dass es andere Möglichkeiten gäbe, Geld durch Steuererhöhungen aufzutreiben. Die Steuerschraube ist nicht in Mexiko, aber in Österreich ausgereizt. Die einzige Reform, die Österreich dringendst braucht, ist eine Verwaltungsreform und einen Bürokratieabbau. Österreich braucht keine Maschinensteuer. Ja, vielleicht sollte man wirklich bei der OECD, beim eigenen Politikapparat, bei der Umverteilungs-EU und auch bei den NGOs zum Sparen anfangen.

Betrachten wir auch Herrn Gurria näher:

Gurria scheint kein ausgeprägtes sozialdemokratisches Bewusstsein zu haben. Ehrenamtlich tätig ist er unter anderem als Commissioner for the Global Commission on Internet Governance, bei der International Task Force on Financing Water for All, bei der UNO und beim Global Agenda Council on Water Security des World Economic Forum. Da gibt es sicherlich jede Menge Insider-Infos oder die Möglichkeit, Einfluss auf die politische Ausrichtung zu nehmen.

Auch ist Jose Angel Gurria als „Member of Global Advisory Board“ von JER Partners L.L.C gelistet, einem privaten Vermögensverwaltungsunternehmen, das spezialisiert ist auf Akquisition, Strukturierung, Vermögensverwaltung und Risikoverwaltung im Immobilienbereich. Das Unternehmen investiert in kommerzielle hypothekenbesicherte Wertpapiere (CMBS). Das Unternehmen investiert auch in Seniorenheime und Immobilien im Gesundheitsbereich. Im Europäischen Markt bietet es verschiedene diversifizierte Portfolios in vielfältigen Sektoren an: Hotels, Wohnungen, Büros, Einzelhandel, Mehrfamilienhäuser, Grundstücke, Bewirtung, Lager, Logistik und Fertigung, Pubs, Pflegeheime, Senioren- und Studentenwohnungen, Bildungszentren und Autohandel mit guter Rendite. Das Unternehmen fokussiert sich auf EU-Mitgliedsstaaten, Norwegen und Schweiz.

CMBS (Commercial mortgage backed securities) sind im Subprime-Bereich mitverantwortlich für die Finanzkrise 2008. Gurria ist ein großer Verteidiger der Europäischen Rettungspolitik und der Anleihenkäufe der EZB durch Mario Draghi. Ein Zufall? Aus meiner Sicht KEIN Zufall.

Gurria ist OECD-Generalsekretär, sitzt in Gremien der UNO und anderer Organisationen, die alle mit öffentlichen Geldern finanziert sind. Hier gestaltet er Richtungsvorgaben und bestimmt mit. Zugleich sitzt Gurria als „Member of Global Advisory Board“ im Beraterstab einer kommerziellen Firma, die aus allen seinen Tätigkeiten Insiderinformationen erhält und daraus Profite schöpft. Diese Kombination der Tätigkeiten des Gurria ist nicht vereinbar. Bei uns heißt diese Konstruktion zumindest „Unlauterer Wettbewerb“.

Die weltweiten Vernetzungen von transnationalen Finanzkonzernen und beliebig selbst bestimmten politischen Foren wie G8, G20, das Basel-Regime und NGOs müssen transparent gemacht werden. Im globalen Wettbewerb müssen für alle dieselben einfachen und verständlichen Regeln gelten. Der Zugang muss im Idealfall für alle gleich sein. Eine Abgrenzung – keine Abschottung – zu nicht marktwirtschaftlichen und nicht demokratischen Volkswirtschaften muss realistisch und pragmatisch erfolgen. Eine Globalisierung ohne Regeln mit Goldgräberstimmung wie in der Vergangenheit ist genauso schlecht wie eine zentral gesteuerte Globalisierung mit Interventionismus. Das Hineinpressen aller in ein Korsett wird niemals gelingen. Mit einfachen Regeln und viel Eigenverantwortung ist der Vielfalt gerecht zu werden.

Nicht Marktwirtschaft bzw. Kapitalismus sind das Problem. Das Problem ist ein Zusammenspiel von Günstlingswirtschaft, Klientelismus, Interventionismus und Sozialismus.

Mag. Elisabeth Weiß, Betriebswirt, Mitinitiator von „Echo der himmelschreienden Diskriminierung des österreichischen Steuerzahlers“

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