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Die nächste – und noch viel ärgere Ohrfeige für Mitterlehner

Und schon der nächste Aufstand eines schwarzen Schwergewichts gegen ÖVP-Chef Mitterlehner: Jetzt ist es Finanzminister Schelling. Seine Attacke auf den Parteichef ist noch dazu viel direkter und persönlicher als die von Mitterlehner knapp davor als „Illoyalität“ attackierte Unterstützungserklärung des Klubobmanns Lopatka für den freiheitlichen Präsidentschaftskandidaten Hofer. Dieses Zusammenfallen kann keinesfalls ein Zufall sein. Jetzt kann man endgültig Wetten abschließen, wann Mitterlehners Tage gezählt sind.

Dessen Ende hat auch schon der finale Verlauf des Zwists mit Lopatka gezeigt: Bis auf den Tiroler Landeshauptmann Platter (also nicht gerade den intelligentesten in der Partei) hat Mitterlehner in dem durch seine eigene Van-der-Bellen-Unterstützung selbst verschuldeten und völlig überflüssigen Infight mit Lopatka keine einzige Unterstützung in der Partei bekommen. Alle anderen haben ominös geschwiegen. Weniger weil sie Lopatka so lieben, sondern weil sie alle den politischen Todesengel schon deutlich über Mitterlehner schweben sehen.

Selbst Generalsekretär Werner Amon, der sich als einziger einem Fernsehinterview gestellt hat, und der als einer der wenigen verbliebenen Mitterlehner-Männer gilt, hat sich geschickt neutral verhalten. Ja, er ist sogar – auch wenn es den traditionellen Medien nicht aufgefallen ist – auf deutliche Distanz zu Mitterlehner gegangen. Amon hat nämlich an Lopatka nur das kritisiert, was der auch selber als Fehler eingestanden hat, also dass der Klubobmann den Parteiobmann nicht „informiert“ habe. Mitterlehner hatte hingegen in seinen Nach-Konflikt-Äußerungen mehrfach davon gesprochen, dass Lopatka seine Aussage „abzustimmen“ gehabt hätte. Das aber ist ein gravierender Unterschied: gäbe es eine Pflicht zur „Abstimmung“, dann könnte der Parteichef dem Klubobmann und jedem anderen Funktionär eine Aussage verbieten. Geht es hingegen nur um „Information“, dann steht Mitterlehner kein Vetorecht zu, dann ist auch Mitterlehners Aufregung absurd. Kein Politiker der Welt kann (außer in Nordkorea) jede Äußerung vorher beim Parteichef absegnen.

Wir sehen also: Auch das Ende der Affäre Mitterlehner-Lopatka war peinlich. Aber dieses ist jetzt durch die nunmehrige Attacke von Finanzminister Hans Jörg Schelling ohnedies nur noch Makulatur.

Dieser ist in einem bisher völlig einmaligen Akt Mitterlehner direkt angegangen. Schelling sagte in einem „Kurier“-Interview: Mitterlehner habe die Vereinbarung mit Bundeskanzler Kern über die Zahlung von 100 Euro an jeden Pensionisten hinter dem Rücken Schellings getroffen. „Was hier passiert, ist das Gegenteil eines New Deals. Das wird den Parteien keine einzige Stimme bringen.“ Er sei von Kern und Mitterlehner umgangen worden.

Diese Attacke ist vor allem deshalb einmalig, weil hier ein ÖVP-Minister – noch dazu einer der wichtigsten – erstmals öffentlich dem eigenen Parteichef direkt einen Vorwurf macht (was ja Lopatka nie gemacht hat). Das ist aber auch deshalb einmalig, weil damit zum erstenmal eine Maßnahme, die das Budget belastet, gegen den ausdrücklichen Widerstand des Finanzministers getroffen worden ist. Zwar hat es gewiss schon hinter den Kulissen solche Situationen gegeben, aber noch nie davor.

Und das ist noch aus einem dritten Grund einmalig und eine absolute Eskalation des ÖVP-internen Krieges: Schelling ist zum Unterschied von Lopatka ein Amtsträger, dessen Entfernung Mitterlehner problemlos veranlassen könnte.

Damit steckt der ÖVP-Chef nun in einem doppelten Dilemma, wo er nur verlieren kann: Belässt er Schelling in seinem Amt, dann wird er endgültig zur Witzfigur. Verlangt er aber die Absetzung Schellings, so provoziert Mitterlehner mit Sicherheit seinen eigenen Sturz. Denn jetzt hat er auch in Sachen Wirtschaftskompetenz den letzten Rest seines Images verloren. Wenn er überhaupt eines hatte: War er doch seit jeher ein der Gewerkschaft gegenüber gehorsamer Kämmerer und nie ein Wirtschaftsliberaler.

Damit ist Mitterlehners Bilanz in Summe dramatisch:

  1. Keine Wirtschaftskompetenz.
  2. Eine vor allem ÖVP-Wählerschichten im Kern treffende Steuerreform, gegen die sich sein Vorgänger Spindelegger immer gewehrt hat.
  3. Persönlich katastrophale Imagewerte bei der Kanzlerfrage (die nicht einmal halb so hoch sind wie die von Sebastian Kurz).
  4. Er ist die lebende Verkörperung der österreichweit unpopulären rot-schwarz Koalition.
  5. Er gilt für fast die gesamte ÖVP als Sesselkleber, der ängstlich immer SPÖ-Forderungen nachgibt (von der Steuerreform bis zum Pensionistenhunderter), weil er Angst vor Neuwahlen hat. Der aber nie substanzielle eigene Vorstellungen durchbringt (außer Subventionen für irgendwen).
  6. Seine einzige relevante Personalernennung wendet sich nun gegen ihn.
  7. Er hat sich in der wichtigsten Frage der letzten zwei Jahre, also beim Themenkreis Völkerwanderung, Islamisierung und der Angst der Österreicher davor, total weggeduckt und das schwierige Thema komplett Kurz überlassen.
  8. Er wirkt in seinen Fernsehinterviews immer nur grantig und bringt kein einziges Argument gut rüber.

Sollte sich nun nach dem kommenden Sonntag auch zeigen, dass Mitterlehners präferierter Präsidentschaftskandidat verliert, dann gibt es absolut nur noch eine Perspektive für ihn: den Vizekanzler- und Parteiobmanns-Sessel so lange warm zu halten, bis Sebastian Kurz den richtigen Zeitpunkt gekommen sieht, ihn zu übernehmen.

Der Zeitpunkt dieses Verlangens hängt wiederum nur davon ab, wann die SPÖ in Wahlen zu gehen beschließt. Derzeit scheinen die Genossen ja auf Grund der Umfragen das Interesse daran wieder verloren zu haben. Dann darf Mitterlehner noch ein paar – mitleiderregende – Monate bleiben, weil Kurz nicht für die Performance dieser Koalition verantwortlich gemacht werden will.

PS: Schellings Kritik am sinnlosen Pensionshunderter-Populismus ist natürlich hundertprozentig richtig. Der Mann würde mir aber viel mehr imponieren, wenn er schon bei dem noch viel unheilvolleren Steuerpaket Nein gesagt hätte. Oder wenn er zumindest jetzt sagen würde: „Da geh ich lieber, macht euch euren Dreck alleine. Bei so einem Unsinn mach ich nicht mit.“

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