ÖVP will Ladendiebstahl entkriminalisieren

Mit dem jüngsten Vorstoß des ÖVP-Innenministers Wolfgang Sobotka, Ladendiebstahl künftig nur noch als Verwaltungsübertretung zu ahnden, setzt die politische Klasse unbeirrt ihren Kurs fort, gängige und oftmals von ausländischen Tätern begangene Straftaten zu bagatellisieren. Im Gegenzug werden Meinungsäußerungen (sowie behauptete Handlungen gegen das „heilige Wesen“ Frau) immer massiver dem Strafrecht unterworfen.

Die Lernfähigkeit der politischen Klasse scheint gegen Null zu gehen. Allen Stimmungsumschwüngen im Zusammenhang mit dem Scheitern der „Willkommenskultur“ zum Trotz wird eine linke Agenda mit Unterstützung der ÖVP eisern durchgezogen: Schon seit Jahresbeginn ist der Tatbestand des gewerbsmäßigen Diebstahls nur noch unter sehr engen Voraussetzungen gegeben. Der Seriendieb wird in der Regel wie ein einfacher Dieb behandelt. Geht es nach Wolfgang Sobotka, soll Ladendiebstahl überhaupt aus dem Strafrecht verschwinden.

Fragwürdiges Vorbild dieser Maßnahme sind einige östliche Nachbarländer, wo die Bagatellisierung kleinerer Diebstähle auch als Integrationsmaßnahme für Minderheiten gedacht sein mag. Ein weiterer „Vorteil“ liegt auf der Hand: Man kann der Bevölkerung weismachen, die Kriminalität sei rapide zurückgegangen. Nur glauben werden dies immer weniger.

Besonders delikat an dem Vorstoß der ÖVP ist, dass es sich nach Registrierkassenpflicht & Co. um einen weiteren Schritt gegen Unternehmer handelt, nämlich gegen Ladeninhaber, die von der Politik im Regen stehen gelassen werden. Große Ketten mögen Diebstähle aus der Portokasse ausgleichen, für kleine Händler kann hingegen ein beträchtlicher Schaden entstehen.

Auch juristisch gesehen ist das Verwaltungsstrafrecht für Ladendiebstahl der falsche Ort: Verwaltungsübertretungen sind üblicherweise Delikte gegen die allgemeine staatliche Ordnung (zum Beispiel gegen die Verkehrssicherheit als abstraktes Rechtsgut). Wer einen Ladendiebstahl begeht, verstößt jedoch nicht nur gegen allgemeine Regeln, sondern schädigt mit Vorsatz ein bestimmtes Unternehmen. Was einmal mehr zeigt, wie sehr der Ladeninhaber (Unternehmer) aus dem Blick ist und nur noch der Täter als „Opfer“ zählt.

Schlussendlich bringt das Verwaltungsstrafrecht eine schlechtere Rechtsstellung bei „versehentlichen Diebstählen“. Wem der Germwürfel unter die Einkaufstasche gerutscht ist, dem muss kein Gericht mehr einen auf Bereicherung zielenden Vorsatz nachweisen. Während der echte Ladendieb sich ins Fäustchen lacht, werden unbescholtene Bürger von der Politik mit Berufskriminellen auf eine Ebene gestellt. Der von Sobotka gepriesene unmittelbare Lerneffekt, sofort auf das Eigentum (etwa das Handy) des ertappten Diebs zugreifen zu können, ist – bei bloßer Verdächtigung – kein Dienst an der Rechtssicherheit.

Wilfried Grießer, geboren 1973 in Wien, ist Philosoph und Buchautor.

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