Pleitenrekord 2016 und die Politik der falschen Anreize

Die vielfach debattierte Pleite der Zielpunkt-Einzelhandelskette war erst der Anfang. Gläubigerschutzverbände wie der KSV rechnen für das Jahr 2016 mit einem neuen Pleitenrekord. Das betrifft nicht nur die Zahl, sondern auch das Volumen der heuer zu erwartenden Insolvenzen. Welche Auswirkungen das auf die Arbeitsplatzsituation hat, liegt auf der Hand. Und das Bundesbudget wird infolge der Belastung durch wachsende Arbeitslosenentgelte kaum halten.

Damit nicht genug, derzeit ist noch gar nicht abschätzbar, wie viele Kleinunternehmer das Handtuch werfen werden, weil sie sich den Mehraufwand, der mit der auf ihre Kosten zu tätigenden Anschaffung eines Fiskalüberwachungssystems (Registrierkasse) verbunden ist, nicht antun wollen. Auch die Folgen der aktiv betriebenen Vertreibung von Stiftungen, deren einstige steuerliche Attraktivität den Sozialisten stets ein Dorn im Auge war, sollte nicht unterschätzt werden. Schließlich sind auch die mit Beginn dieses Jahres erhöhten Kapitalertragssteuern und ein rabiater Einkommensteuerhöchstsatz von nunmehr 55 Prozent nicht dazu angetan, Firmenzentralen internationaler Unternehmen nach Österreich zu locken oder hier zu halten.

Insgesamt also ungünstige Voraussetzungen für eine gedeihliche Wirtschaftsentwicklung im laufenden Jahr. Standortpolitik sollte eben nicht – jedenfalls nicht ausschließlich – durch klassenkämpferisch motivierte Unternehmerhatz bestimmt sein. Verteilen kann man schließlich nur das, was zuvor – in den Betrieben – erwirtschaftet wurde. Viel Freude beim Versuch, diese Binsenweisheit in die Hirne linker Neidgenossen zu implantieren!

Die mit ihren Prophezeiungen chronisch daneben liegenden Damen und Herren Kaffeesudleser vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), die noch im Dezember des Vorjahres vollmundig von einem „höheren Wachstum als in Deutschland“ phantasiert haben, dürfen ihre Mutmaßungen wieder einmal kräftig nach unten revidieren. Von einer Konjunkturbelebung ist weit und breit nichts zu sehen. Über den Humor, auf einen durch die Flüchtlingswelle getragenen Wirtschaftsaufschwung zu setzen, verfügen eben nur Wifo-Chef Aiginger und seine brillanten Mistreiter. Das Wifo ist zum Lieferanten von Gefälligkeitsgutachten für die linke Reichshälfte und die Gewerkschaften degeneriert. Es ist ein zynischer Treppenwitz der Geschichte, dass der Vorläufer dieser Organisation, das Institut für Konjunkturforschung, ausgerechnet von den beiden liberalen Titanen Mises und Hayek gegründet wurde.

Es wird Zeit, den Tatsachen ins Auge zu blicken: Die keynesianisch inspirierte Politik, die seit Jahren betrieben und von mit Steuermitteln gemästeten Ökonomen akklamiert wird, ist auf ganzer Linie fulminant gescheitert. Geldpolitik kann strukturell bedingte Standortprobleme eben nicht lösen. Und sich von einer erhöhten Dosis der falschen Therapie Heilung zu erwarten, entlarvt den Scharlatan. Die seit Jahren (weltweit) betriebene Ausweitung der Geldmenge hat, weil die Staaten kaum noch Zinsbelastungen für ihre Anleihen zu tragen brauchen und sich entsprechend sorglos verhalten, zu nichts weiter geführt als zu höheren Staatsschulden.

Bei den Unternehmern, für die das Geld gedacht ist, kommt die Aktion allerdings – sehr zum Verdruss der international tätigen Geldalchemisten – nicht an. Wer vor leeren Auftragsbüchern und vollen Lagern steht, hat einfach kein Interesse, sich in zweifelhafte Investitionen zu stürzen, auch wenn das Geld noch so billig zu haben ist. Fazit: Die in der Zeit des (mittels aus dem Nichts geschaffenen Geldes) künstlich entfachten Booms geschaffenen Überkapazitäten müssen abgebaut und Fehlinvestitionen abgeschrieben werden. Ein schmerzhafter, aber unausweichlich notwendiger Prozess, den Politik und Finanzwirtschaft nicht aushalten zu können glauben und dem sie daher um jeden Preis ausweichen wollen.

Dass kleine Sparer, Halter von Lebensversicherungen und alle in konservativen Anlagen investierte Bürger durch die Nullzinspolitik schleichend enteignet werden, spricht sich langsam herum. Dass es auf Dauer nicht gutgehen kann, die Menschen planmäßig zum Schuldenmachen anzustiften und die einst als Tugend geschätzte Sparsamkeit zur Sünde zu erklären, sickert auch allmählich durch. Die Lage der Finanzwirtschaft ist mittlerweile so prekär, dass schon die unbedachte Aussage eines Notenbankcapos reicht, um an den Börsen ein Erdbeben auszulösen. Das ist kein Zeichen einer stabilen Wirtschaft.

Die zunehmende Unfinanzierbarkeit von Wohnraum ist ein unübersehbares Symptom der erratischen Geldpolitik. Die explodierenden Immobilienpreise sind nämlich (wie auf breiter Front steigende Aktienkurse) eine logische Folge der von den Geldsozialisten initiierten Geldschwemme. Steigende Immobilien- und Mietpreise rufen aber stets regulierungswütige Bürokraten auf den Plan, die mit weiteren Giftspritzen für den Markt bereitstehen. Ein weiterer Schritt in Richtung zentral geplanter Kommandowirtschaft wird damit unausweichlich. Mehr vom selben – und wieder in die falsche Richtung.

Hinzu kommt: Da Kredite so billig sind wie noch nie, verfügen viele Menschen über ein etwas höheres Einkommen; sie werden dazu animiert, in Wohnungseigentum oder Eigenheime zu investieren, deren Finanzierung sie sich nur leisten können, so lange die Zinsen künstlich niedrig gehalten werden und ihre Arbeitsplätze ungefährdet sind. Sobald die Zinsen steigen oder eines von zwei Haushaltseinkommen ausfällt, wird es eng – und die Blase platzt.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik hat langfristig ausschließlich negative Folgen. Merke: Nicht Konsum, sondern Investitionen generieren und sichern den Wohlstand. So lange die Politik diese Lektion nicht hören will und nach wie vor lieber auf die Einflüsterungen von sogenannten Experten setzt, die in ihrem Leben niemals selbst wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen und – unter Einsatz eigener Mittel – zu verantworten hatten, ist keine Wende zum Besseren in Sicht.

F. A. Hayek stellte anlässlich der Entgegennahme seines Nobelpreises fest: „Wer nur ein Ökonom ist, kann kein guter Ökonom sein…“ Bleibt hinzuzufügen: Theoretisierende Elfenbeinturmbewohner, wie sie in steueralimentierten Wirtschaftsforschungsinstituten rudelweise zu finden sind, gleichen Anatomielehrern, die ihr Wissen ausschließlich aus Büchern beziehen und ihr Lebtag lang niemals einen leibhaftigen menschlichen Körper untersucht haben. Welche Art von Erkenntnisgewinn kann von solchen Leuten erwartet werden?

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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