Die Pläne der EU-Kommission, ein strengeres europäisches Waffenrecht einzuführen, haben das Thema Waffen auf die Stammtische gebracht. Nun findet es auch im heimischen Präsidentschaftswahlkampf Aufmerksamkeit. In der Diskussionssendung „Wer wird Präsident?“ am 11. April 2016 auf Puls 4 wurde in einem fiktiven Beitrag dargestellt, dass sich die Österreicher verstärkt mit Waffen eindecken. In diesem Szenario führt dies in Folge zu viereinhalbmal mehr Todesfällen durch Schusswaffen. Als Reaktion auf diese Entwicklung soll nun das Waffenrecht verschärft werden.
Puls 4 Moderatorin Corinna Milborn fügt an: „ein erfundenes Szenario, welches aber so eintreten könnte“. Nun ja, dass sich die Bevölkerung zunehmend bewaffnet, steht außer Zweifel. Dass dies zu einer gesteigerten Kriminalität führt, wie in dem Beitrag suggeriert wird, ist aber keineswegs zu befürchten. Im Gegenteil.
Da es sich bei einer Schusswaffe unbestreitbar um ein potentielles Tötungsmittel handelt, ist eine eher ablehnende Haltung grundsätzlich nachvollziehbar. Ebenso unzweifelhaft ist der Schaden, welcher mittels Waffen auf unserer Welt angerichtet wird. Die Forderung eines Verbots oder zumindest einer extrem restriktiven Vergabe von Waffenbesitzkarten bzw. Waffenpässen ist für viele die logische Konsequenz.
Die Fakten, welche hier in Folge dargestellt werden, sprechen eine klare Sprache und müssen auch dem größten Pazifisten erkenntlich machen, dass zunehmender legaler Waffenbesitz und eine gesteigerte Kriminalitätsrate nicht in einem proportionalen Verhältnis zueinander stehen. Die Angst vor Waffen in der Hand von rechtschaffenden Bürgern ist eine irrationale.
Terrorismus, Verbrechen und Fakten
Es sind stets Terroranschläge, welche die Diskussion über strengere Waffengesetze neu entflammen lassen. Der Sinn dahinter ist bei näherer Betrachtung nicht zu erfassen. Alle Waffen, welche bei den jüngsten Terroranschlägen verwendet wurden, waren illegal in die Hände der Terroristen gelangt. Terrorakten geht eine wochenlange, wenn nicht monatelange Planung zuvor.
Schätzungen zu Folge sind in Österreich rund 2,5 Mio. Handfeuerwaffen im Umlauf, 1,85 Mio. Stück davon werden illegal besessen. Der Schwarzmarkt boomt. Die Zahlen zeigen, dass es für Kriminelle kein Problem darstellt, sich in der Vorbereitungszeit für ihre Straftaten illegal eine Waffe zu besorgen. Jemand, der legal eine Waffe erwerben möchte, muss Schulungen, Strafregisterauszüge, psychologische Gutachten und regelmäßige Überprüfungen über sich ergehen lassen. Die legal erworbene Waffe ist dem Käufer zurechenbar und zudem weitaus teurer als auf dem Schwarzmarkt.
Welcher Verbrecher sollte also den legalen Weg wählen, um eine illegale Tat zu vollziehen? In Deutschland erfasst das Bundeskriminalamt alle Waffen, welche an den Tatorten von Straftaten sichergestellt werden. Der Anteil der legal besessenen Waffen liegt bei ca. 3 Prozent.
Eine groß angelegte Studie des Harvard Journal of Law & Public Policy belegt, dass Länder mit einem hohen Anteil an legal besessenen Waffen keine höheren Mordraten zu beklagen haben als Länder mit sehr restriktiven Waffengesetzen. Die neun europäischen Länder mit mehr als 15.000 Waffen pro 100.000 Einwohnern haben eine dreimal niedrigere Mordrate, als jene neun europäischen Länder, welche weniger als 15.000 Waffen pro 100.000 Einwohner aufweisen.
Die Niederlande weisen einen sehr geringen Anteil an legalen Waffenbesitzern auf. Trotzdem ist dort die Mordrate 50 Prozent höher als beispielsweise in Norwegen, ein Land mit einem sehr hohen Anteil legaler Waffenbesitzer.
In den USA, ein Land welches von Befürwortern strenger Waffengesetze gerne als Beispiel herangezogen wird, nimmt die Zahl jener Menschen, welche durch Schusswaffen getötet werden, ab, während die Zahl der Waffen im Privatbesitz stetig zunimmt.
In Großbritannien sind Waffen im Privatbesitz seit 1997 de facto gänzlich verboten. Seit dem Verbot erhöhte sich die Anzahl der Morde mit Schusswaffen um mehr als 25 Prozent. Mordversuche und Verletzungen stiegen sogar um 50 Prozent.
Die Schweiz wiederrum verfügt über ein sehr liberales Waffenrecht. Die Zahl der dort mit Schusswaffen verübten Gewalttaten liegt weit unter jener in Großbritannien.
Der Wehrlose wird zum Opfer
Naturgemäß führt ein Waffenverbot lediglich dazu, dass rechtschaffene Bürger entwaffnet werden. Der Staat macht den Friedlichen wehrlos gegenüber Verbrechern, welche vor Gewalt mit Schusswaffen nicht zurückschrecken. Statt nach Terroranschlägen oder Amokläufen darüber nachzudenken, Waffen grundsätzlich zu verbieten, sollte man in Betracht ziehen, dass manche der Täter ihre Tat nicht hätten gänzlich vollziehen können, wenn ein bewaffneter Zivilist am Tatort hätte einschreiten können. In den USA bewahrte ein solches Eingreifen von Waffenträgern schon mehrmals Menschen vor dem Tod.
Umso absurder erscheint es, dass die heimischen Behörden unseren Polizisten nun das Tragen ihrer Waffe verboten haben, wenn sich diese außer Dienst befinden. Vertrauen wir unseren Exekutivbeamten mit Ablegen ihrer Uniform denn plötzlich nicht mehr?
Anlassfall für diesen Artikel war das eingangs genannte fiktive Szenario, welches auf Puls 4 gezeigt wurde. Mit einem ebensolchen Gedankenexperiment möchte ich auch abschließen:
Stellen Sie sich vor, Sie müssten ein Geschäft ausrauben (natürlich würden Sie das niemals tun). In ihrer Vorbereitungszeit überlegen Sie, ob Sie ihr Verbrechen im Land X oder im Land Y verüben werden. Im Land X besteht ein absolutes Waffenverbot, im Land Y ist jeder dritte Ladenbesitzer legaler Träger einer Handfeuerwaffe. In welchem Land würden Sie Ihr Verbrechen begehen?
Klemens Resch ist Student der Rechtswissenschaften und FPÖ-Bezirksrat Wien-Döbling.