Politjustiz in Österreich aus der Sicht eines Betroffenen

Kurz zur Vorgeschichte: In Gföhl, einem kleinen Ort im niederösterreichischen Waldviertel, war die Errichtung eines Missionszentrums des tibetischen Buddhismus geplant, worüber es dort im Jahr 2012 eine heftige Diskussion gab. Als Obmann des Vereins „PRO VITA – Bewegung für Menschenrecht  auf Leben“ habe ich meine Zustimmung gegeben, dass dieser Vereinsname unter ein Flugblatt gesetzt wurde, in welchem über die Glaubensinhalte dieser Richtung des Buddhismus informiert wurde. Als Konsequenz aus einer Volksabstimmung in der Gemeinde kam es nicht zur Errichtung des Missionszentrums (samt Stupa).

Am 4. April 2013 hat die Staatsanwaltschaft gegen mich beim Landesgericht Krems an der Donau einen Strafantrag wegen Verhetzung eingebracht (§ 283 Abs. 2 StGB – Strafdrohung  bis zu 2 Jahren Gefängnis) und mir folgendes zum Vorwurf gemacht: In dem besagten Flugblatt werde der Buddhismus als menschenverachtende Ideologie bezeichnet, es gäbe sexualmagische Praktiken zur Erleuchtung, der Buddhismus sei kriegerisch und die Weltherrschaft anstrebend und werde in die Nähe von Pädophilie und Nationalsozialismus gerückt. Bereits im ersten Beweisantrag habe ich inhaltlich dazu Stellung genommen und Belegstellen zitiert, mit anderen Worten den Wahrheitsbeweis geführt. Dazu kurz: Das Weibliche als solches wird als zu überwindende Ursache der leidvollen Wiedergeburten aufgefasst (was ohne Zweifel frauenverachtend ist); liturgischen Beischlaf gibt es schon mit ganz jungen Mädchen ab 8 Jahren (Pädophilie); Beispiele für sexualmagische Praktiken gibt es zuhauf;  das vom Dalai Lama zelebrierte Kalachakra-Tantra hat das Ziel, auf magische Art eine buddhistische Weltherrschaft (das Reich Shambala) zu errichten – und das durchaus auch auf kriegerische Art, was vom Dalai Lama selbst gar nicht bestritten wird; das Naheverhältnis zum Nationalsozialismus wurde ausführlich dokumentiert.

Mit Urteil des Landesgerichtes Krems vom 13. November 2013 wurde ich dem Strafantrag folgend wegen Verhetzung schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 5.400 € verurteilt. Am auffälligsten an der Urteilsbegründung war die ausdrücklich geäußerte Rechtsmeinung, der Wahrheitsbeweis sei nicht zulässig. Formalrechtlich hätte man dann davon ausgehen müssen, dass meine eineinhalbstündigen Ausführungen zur Sache in der Hauptverhandlung voll der Wahrheit entsprachen. Das Gericht hat also einerseits den Wahrheitsbeweis nicht zugelassen, ist aber andererseits davon ausgegangen, dass der Inhalt des Flugblattes unrichtig ist. Meine Beweisanträge wurden ignoriert und das Verfahren insgesamt „schlampig“ geführt. So sollte der damalige Bürgermeister von Gföhl als Zeuge bestätigen, dass 1.600 Haushalte das Flugblatt bekommen hätten, was er auch dann nicht tat, als ihm die Richterin die Worte fast in den Mund legte. Dennoch wurde dies als Faktum dem Urteil zugrunde gelegt. (Seinerzeit noch wichtig für den erreichten Personenkreis).

Am 28. Mai 2015 hat die Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Wien stattgefunden, die damit endete, dass ich nun nicht wegen Verhetzung sondern wegen Herabwürdigung religiöser Lehren schuldig gesprochen und zu einer teilbedingten Geldstrafe von 2.700 € verurteilt worden bin. Das Oberlandesgericht hat richtig erkannt, dass das Flugblatt keinen Anhaltspunkt dafür bot, dass die Buddhisten (als Menschen) als unwert oder unwürdig dargestellt worden wären, dass sie beschimpft oder verhetzt worden wären oder gegen sie zu Gewaltanwendung aufgerufen worden wäre. Der Schuldspruch erfolgte aber nun nach § 188 StGB. Das Flugblatt leiste keinen kritischen Beitrag zur Debatte zu Inhalten der Glaubenslehre des Buddhismus, sondern enthalte „Wertungsexzesse ohne hinreichendes Tatsachensubstrat“ und diene der bloßen Verächtlichmachung. Doch ob ein Wertungsexzess oder eine Verächtlichmachung vorliegt, kann man – folgt man den Denkgesetzen – nur beurteilen, wenn man sich damit auseinandersetzt, ob das Flugblatt auf wahren Tatsachen aufbaut oder nicht. Das wurde aber geflissentlich unterlassen. Alle Beweisergebnisse und Beweisanträge wurden schlicht ignoriert. Auch hier wieder eine typische „Schlamperei“. Der Schweizer Theologe und Psychiater Bruno Waldvogel-Frei, Autor des Buches „Das Lächeln des Dalai Lama …. und was dahinter steckt“, sollte dazu aussagen, dass er Frauen in Behandlung hatte, die als Opfer sexualmagischer Praktiken psychische Schäden davongetragen hatten. Das Beweisthema wurde schlicht übersehen. Mein Antrag auf Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg über die Auslegung der in der EU-Charta gewährleisteten Grundrechte wurde abgewiesen.

Mein nächster Schritt war ein an den Obersten Gerichtshof gerichteter Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO (per analogiam), eine Bestimmung, die in erster Linie dazu gedacht ist, nach einem die Republik Österreich wegen Verletzung der Menschenrechte verurteilenden Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes ein Strafverfahren neu aufzurollen. Diesen Antrag hat die Generalprokuratur (die oberste staatsanwaltschaftliche Behörde) zum Anlass genommen, ihrerseits eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes einzubringen, weil das Oberlandesgericht sozusagen das Parteiengehör verletzt habe, indem aus einer Verhetzung eine Herabwürdigung gemacht wurde, ohne dies zu erörtern und neue Anträge zu ermöglichen. Am 26. Jänner 2016 hat über beide Anträge eine (gut besuchte) öffentliche Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof stattgefunden, als deren Ergebnis eine Gesetzesverletzung festgestellt (§ 262 erster Satz StPO) und das Urteil des Oberlandesgerichtes vom 28. Mai 2015 aufgehoben wurde. Nachdem ein Erneuerungsantrag dasselbe Ziel hat, wurde mein Antrag inhaltlich nicht behandelt. Das Verfahren muss nun beim Oberlandesgericht neu aufgerollt werden.

Was bedeutet das nun alles? „Verhetzung“ und „Herabwürdigung“ sind sogenannte unbestimmte Gesetzesbegriffe, die von der Rechtsprechung mit Inhalt gefüllt werden müssen. Ob eine Äußerung unter diese Begriffe fällt, ist daher daran zu messen, wie weit die hier maßgeblichen Grundrechte der Meinungs-, Religions-, Wissenschafts- und Informationsfreiheit reichen. Ausgangspunkt dieser Beurteilung bei allen diesen für den Bestand eines Rechtsstaates wesentlichen Rechten ist die Feststellung, ob die einer Äußerung zugrunde liegenden Tatsachen wahr sind oder nicht. Es ist nämlich seit Jahrzehnten auf allen Ebenen der Rechtsprechung einhellige Judikatur, dass die Verbreitung wahrer Tatsachenbehauptungen, wenn sie nicht das Privat- oder Familienleben betreffen, rechtlich uneingeschränkt zulässig ist. Indem in meinem Verfahren dieser Umstand bisher keine Rolle gespielt hat, ja wissentlich und zweifellos in böser Absicht ignoriert worden ist, muss man bereits von einem Justizskandal sprechen. Wenn ich hier nur andeutungsweise die angesprochenen Grundrechte in Zusammenhang mit der Faktenlage bringe, dann wird mir jeder Leser – ob Jurist oder nicht – zustimmen.

Es lässt sich unzweifelhaft nachweisen, dass es sexualmagische Praktiken als „Weg der Erleuchtung“ gibt, die unseren Vorstellungen von einem menschenwürdigen Umgang mit dem weiblichen Geschlecht krass widersprechen. Frauen werden (als Weisheitsgefährtinnen oder Mudras) zur Auslösung und Aneignung sexueller Energien benötigt. Die Mudra muss jung und schön sein. Ein Weisheitslehrer des 8. Jahrhunderts unterscheidet fünf verschiedene Mudras je nach Alter: 8-, 12-, 16-, 20- und 25jährige. Die jüngsten Mädchen, die im Kalachakra-Tantra gebraucht werden, sind 11 Jahre alt. Nach dem Sexualakt verfällt die Mudra der Geringschätzung.

Das „Gesetz der Umkehr“ besagt, dass das Böse nur durch das Böse überwunden werden kann, weshalb offen zu allen möglichen Verbrechen aufgefordert wird. Das vom Dalai Lama zelebrierte „Kalachakra-Tantra für den Weltfrieden“ (Graz 2002) prophezeit einen blutigen Religionskrieg zwischen Buddhisten und Nicht-Buddhisten um die Weltherrschaft und strebt das mythische „Reich Shambala“ an, für das sich auch die Nazis interessiert haben bzw. deren heutige Epigonen noch immer interessieren. Hier gibt es einen Bezug zu Helena Blavatsky, der Begründerin der „Wurzelrassenlehre“, die mit gutem Grund als ideologische Grundlage der Judenvernichtung im Dritten Reich gesehen werden kann. Für die Neuauflage des Blavatsky-Buches „Die Stimme der Stille“ hat der Dalai Lama ein Vorwort geschrieben. Als der Dalai Lama einmal gefragt wurde, ob das Reich Shambala nur symbolisch zu verstehen sei, hat er das ausdrücklich verneint. Diese kurze Zusammenfassung soll verdeutlichen, dass ohne inhaltliche Überprüfung des inkriminierten Flugblattes ein ordnungsgemäßes Verfahren gar nicht möglich war.

Peter Scholl-Latour schreibt in seinem Buch „Kampf dem Terror – Kampf dem Islam?“ über Tibet in der Zeit vor der chinesischen Besetzung (S. 475f): „Eine ,Insel der Seligen' ist diese isolierte Hochgebirgslandschaft nie gewesen. Der Lamaismus war dort in tantristischer Magie, in einer Horrorwelt von Teufeln und Dämonen erstarrt. Die Masse der Bevölkerung lebte als Untertanen der Feudalherren, wenn nicht als Sklaven. Im Potala-Palast spielten sich mörderische Intrigen ab. […] Die lamaistische Theokratie war ein Hort des Obskurantismus und einer religiös verbrämten Tyrannei.“

Abschließend noch Rechtshinweise, die keinen Zweifel daran lassen, dass das gegen mich geführte Strafverfahren mit Rechtsstaatlichkeit und Objektivität nicht zu tun hat:

  1. Das Grundrecht der freien Meinungsäußerung ist zwar nur innerhalb der gesetzlichen Schranken gewährleistet, doch darf ein solches gesetzliche Schranken verkörperndes Gesetz keinen Inhalt haben, der den Wesensinhalt des Grundrechtes unzulässig einschränkt. (Ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, vgl etwa VfSlg 6166/1970, VfSlg 13122/1992.) Zufolge der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gilt das in Artikel 10 Absatz 1 MRK statuierte Grundrecht auf freie Meinungsäußerung auch für Aussagen, die als verletzend, schockierend, oder irritierend empfunden werden, weil dies der Pluralismus und die Toleranz verlangen, ohne die keine demokratische Gesellschaft existieren kann (Vgl MR 1986, H 4, 11; MR 1991, 171, mit weiteren Nachweisen). Diesem Grundrecht wird daher ein sehr hoher Stellenwert zuerkannt.
  2. Zur Ausübung der christlichen Religion gehört eindeutig der Auftrag zur Mission, also die eigenen Glaubensinhalte darzustellen und andere Menschen dafür zu gewinnen. (Demselben Zweck sollte ja übrigens auch das buddhistische Missionszentrum in Gföhl dienen). Weil es eine Tatsache ist, dass Glaubensrichtungen zueinander in Konkurrenz stehen (zur Zeit wird keine andere Glaubensgemeinschaft so angefeindet wie die katholische Kirche) und weil es eine Tatsache ist, dass alle Glaubensgemeinschaften missionieren, muss es auch rechtmäßig sein, über die Glaubensinhalte einer konkurrierenden Glaubensgemeinschaft zu informieren. Und deshalb wurde ich auch in meinem Grundrecht auf Religionsfreiheit verletzt.
  3. Das Grundrecht der Informationsfreiheit (Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) wird dort definiert als die Freiheit, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe zu empfangen und weiterzugeben. Dieses Grundrecht verliert jede Sinnhaftigkeit, wenn wahrheitsgemäße Informationen und wortgetreue Zitate aus Publikationen und anderen Medien unter Strafsanktion gestellt werden.
  4. Was die Freiheit der Wissenschaft betrifft, ist davon auszugehen, dass dieses Grundrecht nicht nur „Wissenschaftlern“ zukommt, sondern ein Individualrecht jedes interessierten Staatsbürgers ist. Konkret geht es um zeitgeschichtliche Forschung und die Veröffentlichung von deren Ergebnissen. Wenn letzteres unter Strafsanktion gestellt wird, dann wird auch das Grundrecht auf Freiheit der Wissenschaft seines Sinnes entleert.

Wer sich umfassend über die Sache informieren will, den verweise ich auf www.provita.at („Ohne Meinungsfreiheit kein Rechtsstaat“). Dort wird das gesamte Strafverfahren dokumentiert und die Glaubenslehre des tibetischen Buddhismus ausführlich dargestellt.

Dr. Alfons Adam war Rechtsanwalt und widmet sich derzeit der Arbeit im Verein „PRO VITA – Bewegung für Menschenrecht auf Leben“.

 

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