Wien zeigt sich von seiner besten Seite. Es ist Kaiserwetter und fernab der Touristenhorden, die auf breiten Straßen in der Innenstadt anzutreffen sind, steuere ich mein Café an. Beim Aufstoßen der Tür weht mir der Duft von Röstkaffee und feinem Gebäck entgegen.
Kaffeekultur. Das bequeme Wien.
Es bleibt Gott sei Dank alles so wie es ist, immer war und immer sein wird. Abgesehen davon, dass der kleine, brave Sklave – mein Handy – das sinnliche Zeitunglesen durch ein unaufmerksames Scrollen durch verschiedene Social Networks ersetzt. Neben Sinnigem und Unsinnigem spicken Photos von blauen und pinken Transparenten und Schildern in Paris und Stuttgart meine Facebook wall.
Massen an Eltern, die an der Hand quirlige Kinder halten, junge Mütter und Väter mit Kinderwagen, tausende Jugendliche, die Transparente mit der Aufschrift wie „Et il est où ton papas? Et elle est où ta maman?“ in die Höhe strecken, sind uns, wenn man nicht das Glück hat, in Paris zu wohnen, nur aus Fernsehen und Zeitung bekannt.
Das Phänomen, dass Massen nicht nur für Lohnerhöhung und gegen Rentenkürzungen, sondern für die Rechte und den Schutz der Familie auf die Straßen strömen, tritt auch in anderen Ländern zutage. Auf Paris und Stuttgart folgt Rom. Auch hier reihen sich alle Schichten der Gesellschaft aneinander, um das zu verteidigen, was ihr Lebensursprung ist: Die Familie, bestehend aus der natürlichen Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau und deren Nachkommen.
Die Familie ist die älteste aller Gemeinschaften und die einzige natürliche.
Jean-Jacques Rousseau (1712 - 1778)
Ich würde hinzufügen: „…und die einzige, die den Fortbestand eines Staates ermöglicht.“ Und das sollte unserem Staat, in dem wir wohnen, verdammt nochmal von höchstem Interesse sein, denn so jung ist er auch nicht mehr. Der Staat interessiert sich freilich nicht für unsere Gefühle. Er ist interessiert an seinem Fortbestand. Und wenn der Staat Ehe und Familie Schutz und rechtliche Anerkennung zusichert und gewährt, dann weil sie sein eigener Nabel sind. Doch was kümmert mich Brüssel? Da wende ich mich lieber meiner Mélange zu.
Zugegeben, eine steigende Anzahl an EU-Mitgliedstaaten übernimmt eine Gesetzgebung, die gleichgeschlechtliche Ehen zwischen zwei Männern oder zwei Frauen erlaubt, womit sie allerdings dem Subsidiaritätsprinzip folgt: Gesetze, die Familie oder Ehe betreffen, fallen in die Zuständigkeit der jeweiligen 28 Mitgliedstaaten.
Doch seit einiger Zeit wird in den Rechtsakten der Europäischen Union immer häufiger auf die Familie Bezug genommen. Und dabei geht man sogar so weit, den Familienbegriff ausweiten zu wollen. Doch diese Definitionen, was Familie und Ehe sind, unterscheiden sich von einem Text zum anderen (z.B. den Nachzug von Familien oder das Ansiedeln in einem anderen EU-Land betreffend).
Darüber hinaus hat das Europäische Parlament in den letzten Jahren viele Initiativberichte z.B. über „reproduktive Rechte“ beschlossen. In dieser Entwicklung ist die Negierung der Verknüpfung von Ehe und ihres natürlichen Zweckes, der Fortpflanzung, impliziert. Das heißt, wenn Ehe eine Verbindung von Menschen sein kann, die das gleiche Geschlecht haben und sich folglich nicht fortpflanzen können, dann kann die Ehe nicht an Fortpflanzung geknüpft sein. Doch warum bitteschön ist das der EU von Interesse? Geht es ihr also doch mehr um die Gefühle einer Minderheit mit lauter Stimme?
In der Tat nehmen wir die Entstehung von künstlichen Familien durch In-Vitro-Fertilisation mit Samen-/Eizellenspenden und Leihmutterschaft (nichts anderes als Ausbeutung und Menschenhandel) wahr: auf Grundlage des vorgegebenen Rechtes auf ein Kind (Recht auf einen Menschen?). In der höchst emotionalen Diskussion um die rechtliche Anerkennung von homosexuellen Partnerschaften als Ehe kommen sachliche Argumente mit Weitblick zu kurz.
Was auch zu kurz kommt, sind die Folgen! Die Leihmutterschaft ist nichts anderes als teurer Menschenhandel, der nicht nur pervers, sondern auch sozial ungerecht ist. Wer das nötige Kleingeld hat und sich an einem Kind erfreuen mag, geht es halt einkaufen. Im Osten sind genügend Frauen, die aufgrund wirtschaftlicher Misslage ihren Körper hergeben. Und dabei müssen sie die aufkommenden mütterlichen Gefühle für das heranwachsende Leben in ihrem Körper unterbinden. Aber Frau, man gewöhnt sich ja an alles mit der Zeit.
In-Vitro-Fertilisation wird industriell. Damit es auch ganz sicher mit dem Nachwuchs klappt, werden natürlich mehrere Eizellen befruchtet. Man darf den Kunden ja nicht enttäuschen. Nur das Beste. Der Rest wird weggeworfen oder landet in der Kosmetikbranche. Wer will schon Falten? Doch langsam werde ich emotional. Und leider wird es noch emotionaler, da wir nun bei den Betroffenen selbst anlangen: den Kindern!
Die Kinder, die produziert werden, werden ihres Aufwachsens mit, der Erziehung durch und ihres Wissens um die Identität ihrer echten Eltern beraubt! Die Familie entwickelt sich von etwas Natürlichem zu etwas Künstlichem und unterliegt einer willkürlichen Definition, die jederzeit ausweitbar ist. Das Trojanische Pferd der Selbstbestimmung öffnet die Tore für willkürliche Neudefinierungen auf Grundlage des Befindens einer Minderheit. Das Subsidiaritätsprinzip muss bestehen bleiben und eine klare Definition zum Schutz des Ehebegriffs in seinem natürlichen Ursprung angestrebt werden!
Deshalb formiert sich eine europaweite Bürgerinitiative „Mum, Dad, Kids“, zu Deutsch „Vater, Mutter, Kind“, deren Anliegen es ist, der eher stillen Bevölkerung eine Stimme zu verleihen und die Einzigartigkeit von Ehe und daraus resultierend die Familie zu schützen. Auch Österreich muss mitreden.
https://mumdadkidsde.wordpress.com/
Ein Jahr lang haben wir Zeit, dieses Anliegen mit einer Unterschrift zu unterstützen und uns für die Initiative zu engagieren. Die Sache hat auch keinen Haken. Denn die Kaffeehausgemütlichkeit bleibt dennoch erhalten, trotz der Politik oben im Norden. Versprochen.
Die Familie ist es, die unsren Zeiten nottut.
Adalbert Stifter (1805-1868), österreichischer Erzähler, Romanschriftsteller und Maler
Hanna-Lisa Karsch ist die österreichische Koordinatorin der europäischen Bürgerinitiative "Mum, Dads, Kids". Sie ist Studentin und beendet gerade den Master Alte Geschichte und den Master Numismatik und Geldgeschichte in Wien.