Die Freunde und Herolde des totalen Staates können es einfach nicht lassen. Kaum eine Woche vergeht, in der kein neuerlicher Vorstoß zur Einschränkung des Bargeldverkehrs – oder zu dessen völliger Abschaffung – unternommen wird. Dabei an vorderster Front: Bankmanager, beamtete Ökonomen und linke Politschranzen, die aus ihrer Ablehnung des Privateigentums kein Geheimnis machen.
Die von der ehrenwerten Gesellschaft der Freunde des virtuellen Geldes vorgebrachten „Argumente“ sind von einer Fadenscheinigkeit, die ihresgleichen sucht. So wird von den Anti-Bargeld-Aktivisten etwa treuherzig versichert, es gehe lediglich um den „Kampf gegen den Drogenhandel“ sowie um die „Verhinderung der Steuerhinterziehung, der Geldwäsche und der internationalen Waffenschieberei“. Na klar! Wer die Aktivitäten böser Buben (und Mädels) einzudämmen im Sinn hat, bekämpft sicherheitshalber die Interessen aller Guten und Braven. Was denn sonst?
Wer glaubt denn ernsthaft, dass jene weltumspannend tätigen Riesenbetriebe, die – unter Nutzung der ihnen gesetzlich gebotenen Möglichkeiten – derzeit so gut wie keine Steuern abführen, das nach der Abschaffung des Bargeldes plötzlich tun werden? Wer ist schwindelfrei genug anzunehmen, dass internationale Drogenkartelle und (die ohnehin routinemäßig stets im besten Einvernehmen mit staatlichen Agenten operierenden) Waffenproduzenten keine Alternativen zu Bargeldtransaktionen finden? Na eben.
In Wahrheit werden alle rechtschaffenen Bürger einen entscheidenden Teil der kümmerlichen Reste ihrer verbliebenen Freiheit verlieren, wenn Eigentum (an Banknoten und Münzen) durch bloße Forderungen gegen (vom Staat abhängige und ihm willfährig ergebene) Banken ersetzt wird. Man könnte auch sagen: ein Sachenrechtstitel wiegt allemal schwerer als ein Schuldrechtstitel. Was man hat – dessen Ausfolgung also nicht vom Gutdünken Dritter abhängt – das hat man eben.
Nebenbei bemerkt: Der Umstand, dass die exzessive Staatsverschuldung den Regierungen kaum noch einen anderen Ausweg bietet, als die Enteignung der Privathaushalte – die dann besonders elegant erfolgen kann, wenn möglichst alle Vermögenswerte dem Leviathan bekannt und seinem Zugriff ungeschützt ausgeliefert sind – spielt bei den Bargeldabschaffungsphantasien der Obertanen natürlich überhaupt keine Rolle. Großes Ehrenwort des ewig klammen Fiskus!
Die hoffnungslos naive Vorstellung, der Staat wäre auch nur im Geringsten dem Wohl seiner Bürger verpflichtet, ist erstaunlicherweise nicht umzubringen – wiewohl jedermann tagtäglich vorgeführt bekommt, dass das Gegenteil richtig ist. Von der Missachtung – ja geradezu fahrlässigen Gefährdung – der Sicherheitsinteressen seiner Bürger (Stichwort Völkerwanderung und Islamisierung) bis zur schrittweisen Abschaffung des Eigentumsrechts: Der Staat und seine Schergen waren, sind und bleiben die schlimmsten Feinde der bürgerlichen Freiheit und Sicherheit.
Big Government und Big (financial) Business sind allerdings – in schrillem Gegensatz zum Tenor klassenkämpferischer Sonntagsreden stimmenmaximierender Politfunktionäre – stets ein Herz und eine Seele. Konzernbetrieben werden – nicht nur in steuerlicher Hinsicht – Konzessionen gemacht, von denen kleine und mittlere Unternehmen nur träumen können. Denen wird dafür, wie jedem anderen Leistungsträger, unausgesetzt mit unerbittlicher fiskalischer Strenge nachgestellt.
„Folge stets der Spur des Geldes“ lautet ein alter Grundsatz der Kriminologie. Er ist auf fast alle Lebensbereiche anwendbar. Die Verfügbarkeit baren Geldes nutzt jedermann. Bargeld versetzt – unabhängig vom Gutdünken der Obertanen und Bankster – jedermann jederzeit in die Lage, unkontrollierbare, anonyme Transaktionen vorzunehmen. Und das ist gut so. So wie der Käufer eines Ferraris nicht von Vornherein der notorischen Schnellfahrerei verdächtig ist, berechtigt das Eintreten für die Möglichkeit von Barzahlungen nicht zum Generalverdacht, es ginge um die Abwicklung krummer Geschäfte. Es geht einzig und allein darum, dass es weder den Fiskus noch die Hausbank etwas angeht, was jemand mit seinem Geld anstellt, solange er dabei nicht die Rechte Dritter verletzt. Wer Vorhänge vor seinen Fenstern aufhängt und sich die Montage von Überwachungskameras und Abhöranlagen in seinem Haus verbittet, ist deshalb kein potentieller Straftäter. Er besteht lediglich – wie auch der Barzahler – auf seinem guten Recht auf Privatsphäre. Das ist alles.
Wer würde denn von der Abschaffung des Bargeldes profitieren? Einzig und allein der politisch-geldindustrielle Komplex. Der Regierung winkte dadurch die totale Kontrolle über alle Bürger und den Banken die Einhebung willkürlich festzusetzender Gebühren für jede noch so kleine Transaktion. Schließlich gäbe es ja dann keine Alternative mehr zur Banküberweisung. Die Bürger wären der Willkür von Politik und Banken wehrlos ausgeliefert.
Der Bolschewik Leo Trotzki sprach einst freimütig aus, was einem Dissidenten in einer Gesellschaft blüht, in der sich alle Produktionsmittel in staatlicher Hand befinden: der langsame Hungertod nämlich. Nicht anders würde es in einer Welt zugehen, in der Innen- oder Finanzminister, respektive deren Büttel, mit einem Mausklick darüber entscheiden könnten, ob jemand sich eine Wurstsemmel, einen Wintermantel, ein Bahnticket oder ein paar Liter Treibstoff kaufen darf oder nicht. Wer sich klarmacht, welche Macht jedem Regime durch die Vereitelung von mit Bargeld getätigten Einkäufen zufiele, wird erkennen, dass alles getan werden muss, um zu verhindern, dass es jemals so weit kommt.
Die kriminelle Energie der Regierungen richtet sich derzeit mehr und mehr gegen die Bürger des eigenen Landes. Die verstärkte Haltung liquider Mittel, ob in Form von Papiergeld oder Edelmetallen ist Geschmacksache, trägt dieser Tatsache Rechnung.
Vorerst unternimmt der Große Bruder nur Teiloffensiven – etwa zur Begrenzung der Höhe von Barzahlungen oder zur Abschaffung großer Banknoten. Bald schon allerdings könnte er zum Generalangriff antreten und seine einschlägigen Begehrlichkeiten vollständig durchsetzen. Entschlossene Gegenwehr tut daher not. Jede Barzahlung ist ein Bekenntnis zu Unabhängigkeit und Freiheit. Jede Kreditkarten- oder Bankomattransaktion ist dagegen Wasser auf die Mühlen beamteter Kontrollfreaks.
Daher sollte jedermann auf den Einsatz von Plastikgeld so oft wie möglich verzichten – auch wenn damit ein Bequemlichkeitsverlust verbunden ist. Mit der Bequemlichkeit nähme es nämlich sehr bald ein vollständiges Ende, wenn die eiserne Hand des „kältesten aller kalten Ungeheuer“ sich ungehindert an sämtlichen Konten vergreift – ohne dass den Bürgern (wo auch immer gehortete) Barmittel zur Verfügung stünden.
Es liegt auf der Hand, dass seit dem Entfall der Realwertbindung des Geldes (Golddeckung), kein Grund mehr besteht, sich über dessen Wertaufbewahrungsfunktion irgendwelchen Illusionen hinzugeben. Dennoch bleibt auch in einem Fiat-Geldsystem die Privatsphäre der Geldverwendung unangetastet – solange Scheine und Münzen ihren Tauschwert noch nicht verloren haben.
Die Welt hat mit dem „Fall Zypern“ im Jahre 2013 erlebt, wozu Regierungen fähig sind: Den Bürgern wurde damals schlicht der freie Zugang zu ihren Bankkonten – zu ihrem rechtmäßig erworbenem Eigentum! – verwehrt. Wer in dieser Zeit über kein Bargeld verfügte, hatte selbst damit erhebliche Probleme, seine materiellen Grundbedürfnisse zu befriedigen.
Wer möchte erleben, dass seine über Jahrzehnte für den Lebensabend gebildeten Reserven (z. B. in Form von Erlebensversicherungen), vom Staat ohne weiteres enteignet werden, weil sie seinem Zugriff nicht wirksam zu entziehen sind?
Wer seine fünf Sinne beisammen hat, dürfte kaum in einer Welt leben wollen, wie George Orwell sie in seinen dystopischen Romanen beschrieben hat. Und – noch etwas: Wer mag schon auf die Freiheit verzichten, seinem Enkel etwas Geld zuzustecken (oder Hämorrhoidensalbe zu kaufen) – ohne dass Big Brother noch in derselben Sekunde davon erfährt? Wer ist wirklich scharf darauf, dass Hausbank und Regierung über jeden einzelnen seiner Schritte zu jedem Zeitpunkt genauestens im Bilde sind?
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.