Der Christbaum: Eine kleine Kulturgeschichte

Autor: Ronald Schwarzer

Wir brauchen dringend ein gemeinsames Fundament für unsere Gesellschaft

Autor: Christian Klepej

Deutschlands gemütliche Machtergreifung von 2024/25

Autor: Leo Dorner

Wenn alle untreu werden

Autor: Dieter Grillmayer

Zeichen der Hoffnung für den Westen

Autor: Karl-Peter Schwarz

Rumänien als Probelauf für die Abschaffung der Demokratie in Europa?

Autor: Wilfried Grießer

Die Woken und ihre Geschichten

Autor: Karl-Peter Schwarz

Brandmauern gegen rechts: EU-Länder werden unregierbar

Autor: Werner Reichel

EU am Scheideweg: Markt- oder Planwirtschaft?

Autor: Andreas Tögel

Langsam, aber sicher wird die Freiheit in Europa rückabgewickelt

Autor: Christian Klepej

Alle Gastkommentare

Die Welt steht in Flammen

Derzeit findet in der Wiener Franziskanerkirche eine aussagekräftige und gut gestaltete Ausstellung über österreichische beziehungsweise in Österreich wirkende Priester und Ordensleute statt, die auf irgendeine Weise zu Opfern des NS-Regimes wurden. Der Titel lautet „Die Welt steht in Flammen – Geistliche Schwestern und Brüder als Opfer des NS-Regimes.“

Träger der Ausstellung sind der Teresianische Karmel in Österreich, das Jahr der Orden 2015, die Edith Stein Gesellschaft Österreich und die Wiener Franziskaner. Kuratoren sind der Provinzial der Unbeschuhten Karmeliten in Österreich, P. Dr. Roberto Maria Pirastu OCD, und der Linzer Historiker DDr. Helmut Wagner.

Es lohnt sich, die Ausstellung genauer zu studieren.

Der erste Grund dafür ist folgender: Es gibt zwar seit gut dreißig Jahren eine Flut an Veranstaltungen, Schulprojekten und Publikationen zur NS-Zeit. Aufgrund derer meist Marxismus-affinen Ausrichtung ist es aber kaum im öffentlichen Bewusstsein verankert (schon gar nicht bei Schülern und Jugendlichen), dass viele Priester und Ordensleute auf die eine oder andere Weise im Widerstand gegen Ideologie und Regime des Nationalsozialismus gestanden sind. Es ist auch weitgehend unbekannt, dass es eine gewaltige Zahl an Märtyrern unter Geweihten und Laien gab.

Es wäre daher eine wünschenswerte Wirkung der Ausstellung, die Proportionen in der Darstellung der Geschichte des Widerstandes etwas zurecht zu rücken.

Glaubenszeugnis gegen falsche Ideologien aller Art

Der andere Grund, sich die Ausstellung anzusehen, ist, dass man sich in Zeiten eines sich radikalisierenden Konformitätsdrucks mit der Gesinnung des „Zeugnisses“ (griechisch martýrion) näher auseinandersetzen sollte. Es war ja bei weitem nicht nur der deutsche Nationalsozialismus, der mit seiner militant heidnisch-antichristlichen Ideologie die Kirche und die Christen verfolgte. Heute geht die Verfolgung in Europa und im Orient und an vielen anderen Orten von anderer Seite aus.

Verschiedene Ideologien sind aber bekanntlich häufig nur verschiedene Formen immer derselben diabolischen Grundsätze: Radikale Ablehnung des Christentums, radikaler Relativismus zugunsten partikularer Werte und Ziele (Klasse, Rasse, Nation, Partei und dergleichen), radikale Bestreitung des Sittengesetzes und Abschaffung eines gerechten Rechtssystems.

Genau diese Dinge kommen heute wieder in anderen Farben und unter anderen Vorzeichen auf uns zu.

Derzeit gibt es hierzulande keine KZs, in die Dissidenten gebracht werden. Die Drohung des Verlustes der Arbeitsstelle oder die soziale Isolation bringt jedoch viele zum Schweigen. Auch die sich ständig ändernde Gesetzeslage („Antidiskriminierung“, „Verhetzungsparagraph“) tut das Ihrige, wohlmeinende Menschen einzuschüchtern.

Der Charakter des Glaubenszeugen und die verschiedenen Lebensgeschichten

Wenn man sich die in der Franziskanerkirche vorgestellten Personen ansieht, wird man sowohl lauteren Charakter als auch ein festes Glaubensfundament erkennen. Alle waren sie bereit, einer staatlichen Macht zu trotzen, die das Unrecht zum Gesetz gemacht hatte. Einige von ihnen hatten einen komplizierten persönlichen Weg hinter sich, mindestens einer sympathisierte zunächst mit der neuen, „modernen“ Ideologie des Nationalsozialismus.

Die bekanntesten der präsentierten Personen sind die selige Sr. Maria Restituta Kafka, der selige Franz Jägerstätter, der selige Otto Neururer (Pfarrer von Götzens, Tirol), der selige Provikar Carl Lampert (Innsbruck-Feldkirch), Sr. Angela Maria Autsch (Trinitarierin, der „Engel von Auschwitz“), P. Titus Helde (Salvatorianer), DDr. Heinrich Maier (Kaplan von Gersthof, Wien XVIII.) und Roman Karl Scholz (Klosterneuburger Augustiner Chorherr). Sodann werden Zisterzienser der Stifte Heiligenkreuz und Wilhering (Abt Bernhard Burgstaller), Karmeliten, Jesuiten und Diözesanpriester vorgestellt. Bemerkenswert ist auch das Leben der Barmherzigen Schwester Anna Bertha Gräfin zu Königsegg-Aulendorf (die das Regime überlebte und 1948 verstarb), die sich gegen Zwangssterilisation und „Euthanasie“ einsetzte.

Schließlich ist die hebräische Katholikin und Angehörige des III. Ordens des Karmel Sr. Maria Regina Fuhrmann zu nennen.

Kritik

Der Vollständigkeit halber müssen auch zwei Kritikpunkte genannt werden.

Unvermeidlicherweise werben erstens heutzutage auch katholische Blutzeugen des Nationalsozialismus für die allgegenwärtige konforme Geschichtsdeutung. Gegen den Nationalsozialismus zu sein, ist derzeit bekanntlich wohlfeil.

Auf der Schautafel, die Hw. Alois Poranzl, den Pfarrer von Arbing (OÖ, 1943 im Gefängnis in Linz verstorben), zeigt, werden zwei seiner Aussagen zitiert. Die eine lautet, dass für ihn Hitler und Mussolini „die größten Verbrecher des Jahrhunderts“ seien, die andere: „Zehn Kommunisten sind mir lieber als so eine braune Bestie.“ Pfarrer Poranzl hat beides so gesehen und dass er es im Machtgebiet der Kritisierten und nicht im sicheren Exil ausgesprochen hat, unterscheidet ihn von so manchem Maulhelden.

Da es aber hier um subjektive Einschätzungen geht, wird man sagen müssen: Hätte er in Russland oder der Ukraine gelebt oder hätte er unser heutiges Wissen gehabt, dann hätte er sich wohl anders ausgedrückt.

In einer kontextualisierenden Anmerkung hätten die Kuratoren daher durchaus auch auf die Opferzahlen des Sowjetkommunismus, und zwar schon bis 1932/1933 (ukrainischer Holodomor), hinweisen können. Denn das hätte auch den Erfolg des Nationalsozialismus als selbsterklärtem „Gegner“ des Bolschewismus (unter anderem) zu erklären geholfen.

Der zweite Kritikpunkt ist, dass man die Ausstellung nicht in einer Kirche durchführen hätte sollen. Das ständige Herumgehen der Besucher und deren zwangsläufige Orientierung an der Ausstellung und nicht an dem, für dessen Einwohnung die Kirche gebaut ist, sind dem Sakralraum unangemessen. Die Verewigten waren fromme Leute und hätten das wohl auch so gesehen.

Im Kreuzgang des Franziskanerklosters wäre genug Platz gewesen.

Behält man beides im Hinterkopf, kann die Ausstellung ein überaus wertvoller geistlicher Impuls sein und zu persönlichen Resümees anregen.

Resümee für die Gegenwart

Machen wir ein Gedankenexperiment: Wie würde man heutzutage Katholiken bezeichnen, die sich aus katholischer Überzeugung mit einer gerade „modernen“ antichristlichen Ideologie bzw. einer auf dieser Ideologie beruhenden Staatsmacht anlegen? Würde man sagen „fanatisch“? Oder „fundamentalistisch“? „Unfähig zum Dialog“? „Erkennen die nicht die Zeichen der Zeit“?

Alleine schon diese Fragen zeigen, wie sich die Zeiten – trotz mancher Unterschiede im Detail – ähneln. Denn die Märtyrer wurden damals auch mit solchen Vorwürfen konfrontiert.

Und auch heute beobachten wir einen massiven Anschlag auf das menschliche Leben und die Menschenwürde durch den massenhaften, unbeweinten und ungesühnten Mord an den ungeborenen Kindern. Dazu kommt die immer lauter diskutierte Euthanasie an Alten und Kranken. Schließlich findet ein hunderttausendfaches Morden im Namen eines bestimmten „Gottes“ statt. Auch das kommt immer näher. Kritik an all dem wird immer stärker kriminalisiert.

Die Fragen sind:

Lohnt es sich überhaupt, sich dagegen aufzulehnen? Bringt es etwas?

Genau diese Fragen müssen sich die Glaubenszeugen der NS-Zeit auch gestellt haben. Sie haben sie richtig beantwortet. Für manche bedeutete es das Todesurteil.

So schwer das auch ist, muss man doch immer den Blick auf das Ende und auf die Ewigkeit öffnen:

Der Gerechte aber, kommt auch sein Ende früh, geht in Gottes Ruhe ein. Denn ehrenvolles Alter besteht nicht in einem langen Leben und wird nicht an der Zahl der Jahre gemessen. Mehr als graues Haar bedeutet für die Menschen die Klugheit, und mehr als Greisenalter wiegt ein Leben ohne Tadel (…). Früh vollendet, hat der Gerechte doch ein volles Leben gehabt; da seine Seele dem Herrn gefiel, enteilte sie aus der Mitte des Bösen“ (Weish 4,7ff).

Von daher empfiehlt sich eine nähere Konsultation der Ausstellung.

Katholiken, die um die Verbindung der pilgernden Kirche mit der Kirche in der Vollendung wissen, werden sich die Verewigten auch zu Freunden und Fürsprechern machen wollen.

Dank und Anerkennung gebührt den Kuratoren.

Die Ausstellung ist bis 10. November zu den Öffnungszeiten der Kirche zu besichtigen.

Nachtrag: eine Buchempfehlung

Es gibt eine hervorragende Sammlung von 18 Kurzbiographien katholischer Märtyrer im Österreich der NS-Zeit bzw. der unmittelbaren Folgezeit, auf die hier nachdrücklich hingewiesen werden soll:

Ildefons M. Fux, Für Christus und Österreich – Menschen, die Jesus Christus und ihr Heimatland liebten. Verein Perfectae Caritatis, Wien 2001; erhältlich ebd., Tel.: 01 799 23 76 (www.gottgeweiht.at)

MMag. Wolfram Schrems, Linz und Wien, katholischer Theologe, Philosoph, Katechist, Gründungsmitglied der „Plattform Solidarität mit verfolgten Christen“ (Wien)

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print




© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung