A G’spür für’s Geld

In wenigen Tagen neigt sich die „Mutter aller Schlachten“ ihrem Höhepunkt zu. Nach einem intensiven und – vor allem für die Bürger und Steuerzahler – teuren Wahlkampf wird die Landtagswahl in dem Bundesland mit der höchsten Verschuldung geschlagen sein.

Bislang war es für die SPÖ in Wien immer wieder ein Leichtes gewesen, gute Ergebnisse zu erzielen. 2005 gelang ihr mit nur 333.611 Stimmen dank einer extrem niedrigen Wahlbeteiligung die absolute Mehrheit mit 52 Mandaten. Bei der letzten Wahl im Jahr 2010 reichten die 334.757 Stimmen in Folge einer höheren Wahlbeteiligung nur mehr für 49 von 100 Mandaten. Man musste eine Koalition – erstmals mit den Grünen – eingehen. Dennoch bestimmt nach wie vor die SPÖ die Wiener Politik.

So waren bei den letzten Personalvertretungswahlen der Gemeinde Wien im Jahr 2014 insgesamt 146.012 Personen wahlberechtigt (diese hohe Zahl erklärt sich daraus, dass – neben den aktiven Beamten/Angestellten – auch die Pensionisten wahlberechtigt sind). Bei diesen Wahlen erzielte die FSG sagenhafte 73,24 Prozent (während etwa die christlichen Gewerkschafter nur auf 3,45 Prozent kamen). Da könnte auch Wladimir Putin noch etwas lernen, der bei den letzten Präsidentenwahlen nur lumpige 64,35 Prozent erzielte. Ostblockzustände finden sich immer wieder im „Wiener Stadtsowjet“, wenn sich etwa bei den Wiener Friedhöfen, bei den Straßenbahnen oder in diversen Spitälern gar kein schwarzer Arbeitnehmer findet, der eine Kandidatur riskiert. Der parteipolitische Druck ist enorm.

Diese einzigartige Personalpolitik, mit der die SPÖ in Wien eine bekanntermaßen überprivilegierte Beamten- und Mitarbeiterschaft in Abhängigkeit hält, sorgt dafür, dass es schon genügt, wenn die Bediensteten und deren Familienangehörige brav diejenige Partei wählen, der sie diese zahlreichen Wohltaten – von denen normale Angestellte nur träumen können – verdanken.

Konkret haben daher auch pünktlich im September alle Gemeindebediensteten ein nettes Brieferl vom Bürgermeister und dem FSG-Chef erhalten, in dem sie erinnert werden, SPÖ zu wählen, denn:

Gerade die Bediensteten der Stadt Wien sind in der besonderen Lage, sich ihre Dienstgeberin aussuchen zu können. Die Sozialpartnerschaft wird zurzeit in vollen Zügen gelebt, Verhandlungen werden auf Augenhöhe geführt, InteressenvertreterInnen einbezogen. (…) Die gute Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaftsfraktion und SPÖ zeigt sich auch am aktuellen Beispiel der Dienstrechtsnovelle, die Verbesserungen im Urlaubsrecht, beim Babymonat, der Väterfrühkarenz sowie der Schwerarbeit- und Nachtschwerarbeitspension gebracht hat. Die Novelle wurde ausschließlich mit den Stimmen der SPÖ im Wiener Landtag beschlossen. ÖVP, FPÖ und Grüne ließen die ArbeitnehmerInnen im Regen stehen.“

Es gab Zeiten, da hat diese Mobilisierung noch gut funktioniert und absolute Mehrheiten gebracht.

Ein zweites wichtiges Gebiet, Abhängigkeiten zu schaffen, sind die zahlreichen SPÖ-Vorfeldorganisationen und Vereine, die ebenfalls aus Steuermitteln üppigst verwöhnt werden. Während die SPÖ in Wien selbst nur etwa 100.000 Mitglieder hat, sind in diesen Vorfeldorganisationen und Vereinen etwa eine halbe Million Menschen organisiert, die unauffällig und effizient die Arbeit der Partei besorgen.

Das rote Firmenimperium

Damit nicht genug, gibt es auch ein mächtiges rotes Firmenimperium, in dem der Verband der Wiener Arbeiterheime eine besondere Rolle spielt. Er kontrolliert die A.W.H. GmbH (dazu gehören die Unternehmungen Progress/Gewista, das Echo Medienhaus, die VWZ Bezirksblätter sowie die Sozialbau), das Pro Event Team, die Aphrodite Bauträger und die A.B.H. (Projektbau). Hier können im selben Netzwerk gleich mehrere Firmen vom selben Auftrag profitieren, wenn etwa die Gewista für stadtnahe Unternehmen plakatiert.

Politikwissenschaftler Hubert Sickinger meint dazu: „Wenn ein derartiges Unternehmen öffentliche Aufträge erhält, stellt sich der Verdacht der Querfinanzierung“. Am Beispiel Gewista, de facto Monopolist bei der Plakatierung in der Stadt Wien, zeigt sich die Perfektion des Systems: wer immer in Wien plakatiert, finanziert damit die SPÖ.

Auch Franz Fiedler, ehemaliger Rechnungshofpräsident und heute Präsident von Transparency International, warnt vor einer „Förderung des Filzes“ durch die Wiener Bürokratie. Als aktuelles Beispiel nennt Fiedler die Vergabe eines großen Reinigungsauftrages im AKH. Gerade bei Wien mit seinen bürokratischen Strukturen und den vielen Parteibetrieben, die sich um städtische Aufträge bemühen, „müsse man besondere Vorsicht walten lassen“.

Ein beabsichtigter Deal mit dem „Compress Verlag“, der Ende August immerhin von den Grünen vorerst gestoppt wurde, ist ein anderes typisches Beispiel für den Wiener Filz: Jahre hindurch waren über 40 Millionen Euro Steuergeld in eine eigenartige Kooperation mit einem engen Freund von Alt-Bürgermeister Helmut Zilk geflossen. Nunmehr sollte die „Zusammenarbeit“ auf eine neue Basis gestellt werden, mit einem 146 Millionen schweren Zehnjahresvertrag zwischen der Stadt Wien und Compress, zu dem der grüne Gemeinderat Martin Margulies meinte, „die gewählte Konstruktion begünstigt Freunderlwirtschaft und versteckte Parteienfinanzierung“.

Auch der nicht immer lupenreine Umgang bei der Vergabe von Sozialwohnungen war diesen Sommer des Öfteren Thema in den Medien.

Parteiabhängige Mitarbeiter, Vereine und Unternehmen sind aber noch nicht genug für die Wiener SPÖ. Man braucht dazu auch noch parteiabhängige Medien, die der „restlichen“ Bevölkerung Tag für Tag erklären, warum sie dem Wiener Stadtsowjet nicht nur täglich dankbar sein müssen, sondern bei der Wahl auch gefälligst wieder die richtige Partei wählen sollen.

Teure Zeitungsbestechung

Vorwahlzeiten sind nicht nur Zeiten „fokussierter Unintelligenz“, wie Wiens Bürgermeister Häupl einmal meinte, sondern auch Zeiten gesteigerter Steuergeldverschwendung. Das merkt man derzeit in Wien besonders deutlich, wenn man etwa die Wiener Trottoir-Zeitungen (der Ausdruck Boulevard ist viel zu nobel) durchblättert. In diesen finden sich zahllose – mit Steuergeld finanzierte – Inserate, in denen uns die Gemeinde Wien täglich erklärt, was sie nicht alles Gutes für ihre Bürger tut.

Die Leser erfahren – meist reich bebildert – dass es in Wien Spitäler, Altersheime, Schulen, Parks, Gärten, Sportanlagen, Jugendaktivitäten oder Märkte gibt – alles Dinge, die wir dummen Wiener sicherlich nicht gewusst hätten. Man erfährt weiters, dass es im Gemeindebau Hausbesorger gibt, dass wir in Wien ein Gasnetz von 4.682 Kilometern haben, dass täglich 60.000 Hundekotsackerl gesammelt werden und dass wir – dank der Hochquellwasserleitungen – über gutes Wasser verfügen (dass eine Wasserleitung von einem gewissen Karl Lueger errichtet wurde, den die Wiener Stadtroten am liebsten aus der Wiener Stadtgeschichte streichen würden, wird allerdings verschwiegen).

Der Wiener Steuerzahler hat also den doppelten Schaden: Nicht nur, dass viele Gelder vom Wiener Stadtsowjet nicht sehr effizient ausgegeben werden, es wird dann auch noch in Inseraten darüber berichtet. Um diesem Inseratenwahnsinn ein wenig Einhalt zu gebieten, hat die Regierung vor drei Jahren ein Medientransparenzgesetz geschaffen, wonach derartige Inserate nunmehr gemeldet werden müssen sowie Politiker in diesen Inseraten keine Eigenwerbung für sich selbst mehr gestalten dürfen. Um es kurz zu sagen: Dieses Gesetz hat die Inseratenflut nicht eingedämmt, sie hat sie weiter anwachsen lassen, was aus einem aktuellen Rechnungshofbericht hervorgeht. Dieser schätzt, dass die öffentliche Hand statt der erwiesenen 200 Millionen gut 300 Millionen pro Jahr für Selbstbeweihräucherung ausgibt. Der Grund für diese Diskrepanz liegt einerseits darin, dass es eine Bagatellegrenze von 5.000 Euro gibt, unter der nicht kontrolliert wird, sowie auch, dass andere Werbeformen („Kooperationen“) nicht erfasst werden – Beilagen werden von der Berichtspflicht ebenso nicht erfasst wie Werbung auf Zeitungsboxen.

Spitzenreiter beim Inserieren ist – erraten! – die Gemeinde Wien samt ihren nahestehenden Betrieben. Während etwa ein – bevölkerungsmäßig – fast gleich großes Bundesland wie Niederösterreich im Vorjahr 3,8 Millionen Euro für Werbung ausgab, waren es in Wien und seinen Betrieben mehr als zehn Mal so viel: 41,5 Millionen Euro – und bei diesen Beträgen ist die Dunkelziffer noch nicht dabei (dass es auch ganz anders geht, zeigt das Land Salzburg mit lediglich 90.000 Euro an Werbeausgaben).

Erfunden hat dieses gut geölte System der Zeitungsbestechung der damalige Wohnbaustadtrat Werner Faymann mit seinen zwei Mitarbeitern, Wolfgang Jansky und Josef Ostermayer. Damals begannen die ersten Kooperationen mit der „Kronenzeitung“. Später wurde das Magazin „Die Stadt“ beziehungsweise „Unsere Stadt“ mit Inseraten verwöhnt, bei dem auch Eva Dichand tätig war, die heute bekanntermaßen Geschäftsführerin der Gratiszeitung „Heute“ ist – gemeinsam mit Wolfgang Jansky. (Als dann Werner Faymann Infrastrukturminister wurde, setzte er das Spiel fort und „motivierte“ auch ÖBB und Asfinag zu inserieren; seit er Bundeskanzler ist, gehört das Bundeskanzleramt zu den Topinserenten.)

Aber zurück zur Gemeinde Wien: Hier war Faymanns Aufbauarbeit segensreich, denn kein Land, kein Ministerium, keine Gemeinde inseriert so kräftig wie das Imperium des Michael Häupl. Das hat sogar engagierte Bürger auf den Plan gerufen, die unter www.dossier.at die üblen Inseratengeschäfte des Wiener Stadtsowjets dokumentieren.

Wie Dossier-Erhebungen sämtlicher Anzeigen von 2004 bis 2014 in „Heute“ zeigen, sind Wien und seine Unternehmen der größte Anzeigenkunde der Gratiszeitung. Insgesamt schalteten sie – so Dossier – Anzeigen im Wert von über 41 Millionen Euro allein in „Heute“ – da sind die Millionen für „Österreich“, „Kronen Zeitung“, „NEWS“ und andere noch gar nicht berücksichtigt. Besonders lukrativ ist es für die Wiener SPÖ, wenn die Stadt Wien etwa im „Wiener Bezirksblatt“ inseriert, denn dieses gehört zum Reich der Wiener SPÖ; das Steuergeld landet somit ohne Umwege in der Parteikassa.

Mit diesen Inseraten kaufen sich Michael Häupl und seine Genossen nicht nur Werbung für die eigene Tätigkeit, sondern auch Wohlwollen in Medien, die allesamt auffallend positiv und unkritisch über die SPÖ berichten.

Am 11. Oktober werden wir wissen, wie weit sich dieser massive Stimmenkauf durch Steuergeld für die SPÖ wieder einmal gelohnt hat.

Prof. Dr. Herbert Kaspar, Chefredakteur ACADEMIA
Erweiterter Beitrag aus der Oktober-ACADEMIA 2015.

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