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Zwei mal zwei ist vier. Ebenso klar ist seit langem, dass die rapide steigende Zahl der Moslems und Migranten in Österreich eines Tages zur Bildung einer eigenen Partei führen wird. Die einzige Überraschung war nun, dass eine solche Partei schon heuer bei der Wiener Gemeinderatswahl antreten wird. Keine Überraschung ist hingegen, dass eine solche Partei von Parteigängern des türkischen Staatspräsidenten Erdogan und seiner AKP gegründet worden ist.
Denn die AKP-Anhänger sind in keinem Land so gut organisiert wie in Österreich. Weder in Deutschland noch in der Türkei selber noch sonst wo hat die AKP bei den türkischen Wahlen auch nur annähernd so hohe Stimmprozente erzielt wie bei den Wahllokalen in Österreich. Und Erdogan lässt sich mit Vorliebe in Wien bejubeln, weil da seine Anhänger besonders straff organisiert sind.
Es wäre übrigens recht naiv davon auszugehen, dass ja niemand gleichzeitig in der Türkei und in Österreich wahlberechtigt sein darf, dass also all diese Erdogan-Wähler ja bei österreichischen Wahlen nicht abstimmen dürfen. Die Türkei hält dieses österreichische Verbot einer Doppelstaatsbürgerschaft nämlich für falsch – ebenso wie Rot und Grün hierzulande. Es dürfte daher von türkischen Behörden auch massenweise umgangen werden. Diese geben ihren Landsleuten halt nach Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft wieder heimlich einen türkischen Pass (zurück). Ohne dass da jemand Österreich informieren würde.
Jedenfalls haben viele Menschen türkischer Abstammung heute die österreichische Staatsbürgerschaft. Es gibt wenig Zweifel, dass sie in ähnlich hohem Ausmaß AKP-orientiert sind wie ihre Kollegen mit türkischem Pass. Egal ob der österreichische Pass nun der einzige oder der Zweitpass ist. Kleine persönliche Beobachtung am Rande: Als ich das letzte Mal nach Istanbul geflogen bin, hatten bei der Zollkontrolle Dutzende türkisch sprechende Menschen vor und hinter mir einen österreichischen Pass in der Hand, kein einziger einen türkischen.
Allein in Wien sind schon rund 50.000 Menschen türkischer Abstammung wahlberechtigt. In Anbetracht der Tatsache, dass die SPÖ bei der letzten Wahl von 1.144.000 Wahlberechtigten nur noch 335.000 Stimmen bekommen hat, ist das ein gewichtiges Potential. Dazu kommt noch – auch wenn die neue Partei primär türkisch ist – eine größere Zahl von Moslems aus anderen Ländern, arabische, pakistanische, tschetschenische, bosnische. Jeder von ihnen kann ebenso wie jeder Türke spätestens nach zehn Jahren legalen Aufenthalts die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen, egal ob er als Asylant, „Gastarbeiter“ oder (angeblich oder wirklich) Familienangehöriger zugewandert ist. Was viele natürlich auch getan haben.
Selbst wenn diese neue Partei beim ersten Antreten noch nicht die Fünfprozenthürde knackt, ist sie gekommen, um zu bleiben. Dafür wird schon die AKP-typische Parteidisziplin sorgen.
Freilich: Wie in allen islamischen Ländern werden sich auch bald hierzulande unter den Moslems Spannungen, Risse und Konflikte zeigen, tun das zum Teil jetzt schon. Liberale versus Fundamentalisten; Schiiten und Alewiten versus Sunniten; Araber versus Türken; Freunde des „Islamischen Staats“ (dem die AKP beängstigend nahe steht) versus die vor diesem IS geflohenen Menschen; integrierte, leistungsorientierte und unternehmerisch denkende Moslems versus all jene, die ohne jede Leistungsambition nur von „Grundsicherung“ und Familienbeihilfe auf Kosten der "Ungläubigen" leben wollen.
Das heißt also, dass niemals alle Moslems politisch gleichartig handeln werden (das haben ja beispielsweise auch nie alle österreichischen Katholiken getan, Der Großteil der wirklichen Kirchbesucher wählt zwar die ÖVP, aber Caritas- und andere Funktionäre sind eher grün orientiert – was übrigens ein weiterer Grund ist, weshalb sich viele Katholiken der Kirche entfremden). Dennoch werden sehr viele der Moslems, vor allem aber der türkischen die neue Liste wählen.
Die SPÖ wird von all dem dennoch völlig unvorbereitet erwischt. Die Wiener Machtpartei hat sich ja zunehmend zur Immigrantenpartei gewandelt. Sie hatte sich auch noch vor kurzem im Sicheren gewähnt, vor allem weil sie in einem beispiellosen Coup einen türkischen Gemeinderat aus dem grünen Klub herausgekauft hat.
Die Überraschung der SPÖ ob der neuen Türkenpartei ist freilich kein sonderlicher Intelligenzausweis. Denn wer konnte ernsthaft annehmen, dass eine Partei, die sich – vor allem in Wien – so positioniert wie die SPÖ (und die Grünen erst recht) dauerhaft zur Heimat der zugewanderten Moslems werden wird. Radikaler Feminismus, noch radikalerer Schwulismus, ständige Familienfeindlichkeit: Alleine diese drei Faktoren waren seit längerem Garantie, dass die Ehe zwischen Rot und Moslems keine dauerhafte sein konnte. Und nur die gemeinsame Feindschaft gegen die moslem-feindliche FPÖ ist halt auf die Dauer auch kein Kitt. Die SPÖ brauchte man, um sich im Wohlfahrtssystem gut etablieren zu können. Jetzt will man hingegen auf eigenen Beinen stehen.
Überhaupt kein Kitt mehr ist – was viele überraschen mag – der Umstand, dass Rot und Grün (sowie neuerdings auch Pink) immer sehr einwanderungsfreundlich auftreten, und dass sie sich jetzt auch ständig demonstrativ an die Seiten der „Flüchtlinge“ stellen. Vor allem Letzteres dürfte den Linksparteien bei den hiesigen Türken und Serbokroaten sogar eher schaden. Denn wie es oft in der Geschichte der Migration zu beobachten ist: Die in einer früheren Welle Zugewanderten fühlen Null Solidarität mit den Späteren.
Das sieht man schon daran, dass es über den weiteren Familienkreis hinaus keine bemerkbaren Hilfsaktionen aus irgendeiner moslemischen Community hierzulande für die jetzigen „Flüchtlinge“ gibt. In diesen Communities gibt es nur starke Solidarität für die jeweils nahestehenden Gruppen und Kämpfer im Nahen Osten (oder auf dem Balkan). Für den IS, für die Kurden und deren PKK, für den tschetschenischen Untergrundkrieg, für die Bosnier. Und primär für die eigene Familie.
Auf der anderen Seite gilt es weltweit als sehr bedenklich, wenn sich typische Einwandererparteien, die noch dazu ganz auf eine Volksgruppe konzentriert sind, bilden. In den USA hat sich ja auch nie eine Iren-, Italiener- oder Deutschen-Partei gebildet. Um nur einige der besonders große Migranten-Völker früherer Epochen zu nennen. Das ist dort genauso tabu wie in Kanada oder Australien. In den USA bildet sich auch derzeit keine Hispanics-Partei, also eine der heute größten Einwandergruppe.
Noch bedenklicher ist, dass die neue Gruppierung einer Partei sehr nahesteht, die sich in der Türkei in den letzten Jahren immer undemokratischer, autoritärer und fundamentalistischer entwickelt hat. Und sogar dem IS nahesteht.
Es wird nun interessant sein, wie sich die Wiener SPÖ da jetzt strategisch aufstellt (sofern sie überhaupt noch zu strategischen Positionierungen imstande ist). Wird sie sich noch betonter moslemisch geben, um in einen Wettlauf mit der neuen Islam-Partei einzutreten? Oder wird sie einen heimatbewussten Schwenk nach Art etlicher anderer Genossen vornehmen? Wie etwa jene im Burgenland oder in der Slowakei oder wie der sozialistische Staatspräsident in Tschechien, die all ihren Sozialismus jeweils betont national praktizieren. Man wird sehen.
Die SPÖ hat auch nicht begriffen, dass bei den Zuwanderer-Communities in Wahrheit die alte nationale Identität viel stärker ist als eine allgemeine Immigrantensolidarität. Andere Parteien sind da klüger.
So haben sich die Grünen sehr nahe den Kurden aufgestellt. Die Freiheitlichen umschwärmen die orthodoxen Serben und Russen. Die ÖVP hat zumindest Chancen bei den katholischen Kroaten und Polen. Die SPÖ hingegen war da bisher viel zu diffus, sie war zwar der größten Gruppe, den Türken nahe. Sie hat sich aber in Hinblick auf die innertürkischen Kontroversen des letzten Jahres gegen Erdogan gestellt. Was zwar honorig ist. Was aber geradezu provoziert hat, dass es jetzt eine AKP-nahe türkisch-islamische Partei gibt.
Das alles aber ist letztlich das eigene Problem der SPÖ. Der Rest des Landes kann den Weg der Türken-Partei vorerst distanziert beobachten.
Eine von der Wahl völlig unabhängige Problemzone sollte hingegen weit über die SPÖ hinaus besorgt machen. Das ist eine Zahl, die jetzt das Bundesheer bekanntgegeben hat (dieses wollte eigentlich die verbreitete Sorge ob der Fotos von Grundwehrdienern mit einer auch beim IS üblichen Geste beschwichtigen). Seither wissen wir aber nun offiziell, dass von den Grundwehrdienern in Wien bereits 25 Prozent Moslems sind!
Zwar beteuert das Heer, dass es mit ihnen „keinerlei Probleme“ gibt. Ich habe freilich etliche ganz anderslautende Erlebnisberichte von nichtmoslemischen Grundwehrdienern gehört, die normalerweise einen viel direkteren Erlebnishorizont haben als ein Militärkommandant in seinem Büro. Aber vielleicht sind das nicht repräsentative Einzelfälle.
Was mich aber jedenfalls besorgt macht: Ist das Bundesheer (einmal ganz abgesehen vom Kaputtsparen durch die Bundesregierung) angesichts dieses Moslemanteils bei den Wiener Soldaten überhaupt noch einsetzbar? Wie werden sich diese Soldaten etwa in einem Konflikt verhalten, in dem eventuell die Türkei (oder ein anderes islamisches Land) direkt oder indirekt auf der anderen Seite stehen könnte? Etwa so wie bei Fußballländerspielen gegen die Türkei, bei denen die österreichische Nationalmannschaft in Wien schon eine Art Auslandsspiel absolvieren muss?
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.