Alles wird gut

„Nächstenliebe ist stärker als Hass“, predigt Bundespräsident Heinz Fischer auf der Gedenkfeier am Grazer Hauptplatz. „Man wird niemals alle Gewalttaten Einzelner verhindern können“, erklärt der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer den rund 12.000 anwesenden Trauergästen. Bundeskanzler Werner Faymann nutzt seine Rede kurzerhand, um für Genossen Michael in Wien wahlzukämpfen: „Lassen wir nicht zu, dass eine solche unfassbare Tat genutzt wird, um Hass und Zwietracht zu säen“, sagt er unmissverständlich in Richtung FPÖ-Chef Heinz Christian Strache. Der hatte es gewagt, die von Staatsführung und Mainstream-Medien offiziell verbreitete und genehmigte Version vom psychisch labilen Einzeltäter in Zweifel zu ziehen.

Und Faymann betont, so wie auch Genosse Fischer, dass die Menschen in Graz und Österreich angesichts der furchtbaren Tat nun näher aneinander gerückt sind. Ja, so machen das verängstigte Schafe, wenn der Wolf kommt. Aber eine lobenswerte Tugend ist das nicht – und Schafe machen das instinktiv, das schaffen sie auch ohne Leithammel.

Es mag angesichts einer Bluttat mit drei Toten und über 30 Verletzen absurd klingen, aber die heimischen Politiker haben mit ihren immer gleichen hohlen Phrasen, Plattheiten und vorgestanzten Stehsätzen versucht, den Menschen eine heile Welt vorzuspielen. Eine heile Welt, die es längst nicht mehr gibt. Sie haben damit auch ein eindeutiges Signal ausgesandt: Vor uns braucht sich wirklich niemand zu fürchten, wir werden uns niemals wehren, wir sind völlig harmlos, wir werden immer stillhalten und immer weiter zusammenrücken und uns möglichst klein machen.

Aus diesen Gründen hat die politisch-korrekte Elite von Anfang an einen ethnisch, politisch, kulturell oder religiös motivierten Hintergrund ausgeschlossen und von Anfang an behauptet, beim Täter handle es sich um einen psychisch labilen Täter, um sich selbst und die Bürger zu beruhigen. Selbstverständlich kann das stimmen, nur konnte man das wenige Stunden nach der Tat beim besten Willen noch nicht wissen. Und an dieser Behauptung wird auch nicht mehr gerüttelt werden, selbst wenn die anerkannte Nahostexpertin Karin Kneissl nicht so recht an diese Version glauben mag. Selbst wenn diese Art des Mordens und des Terrors, zu dem der IS via Internet aufgerufen hat, sich in Europa (Glasgow, Nantes, Dijon) zu etablieren scheint.

Aber einen Terroranschlag kann die Regierung nach zwei verlorenen und vor zwei anstehenden Landtagswahlen nicht gebrauchen. Und was noch wichtiger ist: Sie wäre damit auch völlig überfordert. Salbungsvolle Worte und Appelle an die Bevölkerung, darauf beschränken sich die Leadership-Qualitäten und die Lösungskompetenzen unserer politischen Führungskaste. Mehr kann, darf und sollte man nicht von ihr erwarten.

Man stelle sich vor, unser derzeitiges Politpersonal wird mit einer Terrorwelle oder bürgerkriegsähnlichen Zuständen konfrontiert. Kein schönes Szenario. Wahrscheinlich wissen das unsere Politikerdarsteller sogar selbst. Deshalb ist man, losgelöst von den aktuellen Entwicklungen in und um Europa, gezwungen, laut pfeifend so weiterzumachen wie bisher. Man beschäftigt sich intensiv und medienwirksam mit gesellschaftlichen und politischen Rand- und Scheinproblemen wie gendergerechter Sprache, Gratiszahnspangen, CO2, Radwegen, Einkaufstaschen aus Plastik oder bunten Fußgängerübergängen. Und man ignoriert die echten Probleme und Konfliktpotentiale konsequent und hartnäckig.

Man hofft, dass sie sich von ganz allein in Luft auflösen. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Wir steuern immer schneller und direkter auf eine Katastrophe zu. Menschen, die den Kopf nicht so tief in den Sand stecken wie unsere Staatsführung, haben das längst erkannt.

„Die Welt“ schreibt: „Das nächste große Schlachtfeld ist Europa“. In dem Artikel wird beschrieben, wie tausende IS-Kämpfer derzeit problemlos nach Europa geschleust werden. Der Nahost-Korrespondent Alfred Hackensberger kommt zu dem Schluss: „Und es ist sicher, dass sie Krieg wollen. Der IS weitet den Krieg auf Europa aus.“ Das haben die IS-Führer zudem schon mehrmals angekündigt, und man sollte mittlerweile wissen, dass diese Männer selten scherzen und ihre Ziele äußerst hartnäckig und brutal verfolgen.

Zumindest Großbritanniens Premier David Cameron weiß das: „Es wird der Kampf unserer Generation sein, und wir müssen ihn (den IS) bekämpfen mit all unseren Mitteln.“

Währenddessen spart die Regierung in Wien das österreichische Bundesheer kaputt und die noch fortschrittlicheren Linken träumen sogar von einem Österreich ganz ohne Armee. Europa steht ziemlich nackt, hilf- und ratlos da. Viele scheinen zu glauben, dass Frieden, Demokratie und Wohlstand in Europa, gott- oder naturgegeben sind. Aber Wohlstand entsteht nicht durch Notenpressen und Frieden nicht durch Gebete und Kerzenmärsche.

Keine Frage, die Zeichen stehen auf Sturm und die hilflosen Schönwetterkapitäne in den europäischen Hauptstädten versprechen den verängstigten Passagieren, dass alles In Ordnung ist und die Unwetter ohnehin vorbeiziehen werden. Was für ein Irrtum.

Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Kürzlich sind seine neuen Bücher „Die Feinde der Freiheit“ und „Das Phänomen Conchita Wurst: Ein Hype und seine politischen Dimensionen“ erschienen.

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