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Häupls nächster Fettnapf

„Look on my lips“ sagte der gewichtige Wiener Bürgermeister. Er glaubte, damit eine Garantie gegeben zu haben, dass er in Wien keinesfalls eine rot-blaue Koalition nach burgenländischem Muster machen würde. Damit ist Michael Häupl freilich schon wieder in den Fettnapf getreten. Und zwar gleich mehrfach.

Und diesmal besonders peinlich.

  • Erstens finden sich diese Worte so nirgends bei den Zitaten eines „bedeutenden amerikanischen Politikers“, wie Häupl behauptet hat. Beim Googeln führt dieses Zitat höchstens in die Popmusik. Also in einen Bereich, wo Häupl offenbar eher daheim ist als in der internationalen Politik.
  • Zweitens hat Häupl vermutlich den Satz „Read my lips“ gemeint. Was ja an sich ein harmloser Erinnerungsfehler ist; hat er doch immerhin geahnt, dass das versuchte Zitat tatsächlich aus Amerika kommt. Nur hat er offensichtlich nicht gewusst, dass der Satz ausgerechnet von George Bush stammt, also einem republikanischen Präsidenten. Und die amerikanischen Republikaner sind ja für aufrechte Linke eigentlich ein Ausbund der Hölle.
  • Drittens wurden diese Bush-Worte vor allem deshalb berühmt, weil der Satz ja noch weitergeht: „Read my lips: no new taxes“ – und weil er dann zu einer der berühmtesten politischen Lügen geworden ist. Bush hat nämlich später sehr wohl Steuern erhöht – wenn auch unter dem Druck einer demokratischen Kongressmehrheit. Diese Lüge haben ihm dann jahrelang sowohl viele Konservative, als auch Nachfolger Bill Clinton mit großem medialem  Echo vorgeworfen.
  • Viertens heißt aber damit der Häupl-Sager ganz eindeutig: Mein Versprechen, nicht mit den Blauen zu koalieren, ist ebenso eine Lüge, wie die Ankündigung von Bush es war.

Vielleicht macht ihn in einem Lucidum intervallum jemand darauf aufmerksam, dass das wohl nicht ganz das war, was Häupl ausdrücken wollte. Oder doch?

Dann geht der Sager ganz eindeutig einmal in die Liste berühmter Freud'scher Versprecher ein. Das sind jene Worte, die unbeabsichtigt, aber durch Wirkung des eigenen Unterbewusstseins die Wahrheit ans Tageslicht bringen, obwohl man genau diese mit einer Unwahrheit verschleiern wollte.

PS.: Ratschlag fürs Merkbuch von Politikern: Zitieren ist Glückssache.

PPS.: Ratschlag für die Wahlkampfstrategie der Wiener SPÖ: Am besten Häupl nach seinen vielen Fehlleistungen bis zu seinem Rücktritt im Herbst gar nichts mehr öffentlich sagen lassen.

 

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