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Abschasseln statt argumentieren

Ein Mailwechsel offenbart die seltsame Verfasstheit einer bekannten linken Medienfigur. Man hat ja bestimmte Vorstellungen im Kopf, etwa von Chefredakteuren, wie denn so einer ist oder zumindest in Teilen sein sollte: gebildet und gerecht, logisch denkend, ausgleichend – eben all das, was man unter dem Begriff weise subsumieren könnte.

Was man keineswegs im Kopf hat ist, dass so einer den Leser beschimpfen und als Irren bezeichnen könnte. So aber geschehen beim Chef eines laut Selbsteinschätzung großen österreichischen Nachrichten-Magazins.

Nur dass das einmal groß war, jetzt aber nimmer, seit es einerseits zu einer Fachzeitschrift für Zeitgeschichte mutiert ist und andererseits mit immer reißerischeren, faktisch schlecht fundierten Aufmachern seine Glaubwürdigkeit zunehmend verspielt. Die Leserzahlen sinken dramatisch – denn als Bannerträger stramm linker (das liberal lassen wir jetzt einmal weg) Gesinnung hat der Falter übernommen, der zweifellos die echten „Intellektuellen und Künstler" sowohl anspricht als auch zu Wort kommen lässt. In besagtem Magazin dagegen trifft man auf keine neuen Ideen, keine neuen Journalisten, nichts Bemerkenswertes mehr, es dünstet sich im Saft vergangener Verdienste aus.

Unlängst: Ein Leser liest den Leitartikel des Chefredakteurs und findet darin wieder einmal, was sich seit Jahren durch das Heft und alle seine Schreiber zieht: Geballtes Hetzen gegen jene Gruppe, die selbst der „Hetze" beschuldigt wird. Der Leser greift zur Tastatur, zumal die chefredakteursche E-Mail-Adresse ja groß und fett dabeisteht und formuliert „Ein paar Fragen an einen Hetzer“ (zugegeben, auch nicht gerade die feine Klinge, aber grobe Keile auf grobe Klötze kann man doch schlagen, oder?).

Das Mail

  • die bisher abstinente SPÖ, die mit der FPÖ kopuliert
    passt diese Wortwahl zu Ihnen, Herr Chefredakteur?
  • eine Partei, die Hitler, den Zweiten Weltkrieg und die Judenvernichtung verherrlichte
    bitte wie, wann und wo?
  • das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte, das von österreichischem Boden seinen Ausgang gefunden (sic) hatte
    hat nicht Deutschland Österreich besetzt?
  • ekelhafte Figuren
    ist das nicht Stürmer-Stil?
  • eine elitenfeindliche Gruppierung
    sind das nicht eher die linken Gleichmacher-Studenten?
  • Strache führt einen Krieg gegen Administration, Gesetzgebung, Rechtsstaat
    bitte Belege dafür, oder leiden Sie einfach unter Paranoia?

Conclusio: Hetze von Rechts? Mag sein. Hetze von Links. Ist auch.

Die Antworten

Eine Antwort kommt umgehend, innerhalb Stundenfrist, und besteht aus einem einzigen Satz, einem Kreisky-Zitat:
Lernen Sie Geschichte, Herr Redakteur!

Darauf mailt der Leser:
Vielen Dank für die Antwort, aber halt ein bissl dünn. Erstens kann ich das nur zurückgeben. Und zweitens könnte man von einem Qualitäts-Redakteur schon etwas mehr erwarten als hysterisches Antifa-Geschwurbel. Nämlich Fakten, Fakten, Fakten.

Darauf wieder eine Ein-Satz-Antwort:
woraus nährt sich ihr problem eigentlich?

Äh, welches Problem? Hat einer, der Fragen stellt und abweichende Meinungen vertritt, ein Problem? Wollen Sie mich zum Psychiater schicken? Für verrückt erklären?

Die Antwort:
ich dachte eher an therapeuten als an psychiater.

Letztes Mail des Lesers:
Gut. Auf diesem Niveau wollen wir uns nicht weiter unterhalten. ist auch nicht lustig, selbst wenn es so gemeint ist. danke für Ihre Aufmerksamkeit

Aber der Chef muss natürlich das allerletzte Wort haben. Und das ist der medizinische Code für „narzisstische Persönlichkeitsstörung":
ICD10 F60.8 LG Rai

Der Leser ist baff, er konnte sich derartige Äußerungen eines ordentlichen österreichischen Chefredakteurs bis dato nicht vorstellen.

Das Interview

Es bereitet nicht wirklich Freude, im Privat- und Seelenleben eines Menschen herumzuwühlen, aber veröffentlicht ist halt nun einmal veröffentlicht, und so findet man in einem Interview, das jener Schreiber vor Jahren der Zeitschrift Woman gegeben hat (einmal gut, dass das Internet nichts vergisst) Äußerungen, die dessen seltsames Verhalten erklären. Nämlich eine lange und breite Auslassung über eine „somatoforme Störung", die in die Feststellung mündet:

Der erste Mensch, dem ich vollends vertraue, ist meine Analytikerin.

Und weiter – nach einer Aufzählung einer Reihe von Freundinnen aus der Prominenz seitens der Interviewerin kommt als Antwort auf die Frage „Gab es auch mal eine Unbekannte?" dieses Statement:

Klar. Das klingt, als wäre ich ein Trophäenjäger. Es ist ja eher naheliegend, dass ich zur Trophäe werde. Ich frage mich oft: Was wird da eigentlich an mir geliebt? Der Erfolg, die geborgte Macht, ein dummes italienisches Auto oder ich als Mensch!? Erst letztens meinte eine Bekannte: „Natürlich liebt man an dir die Macht!" Das war eine notwendige Erinnerung daran, dass das, wofür ich geschätzt werde, eine sehr komplexe Sache ist. Ich muss mich permanent darauf vorbereiten, dass meine Position, meine Gage oder auch das Gegrüßtwerden auf der Straße von einem Tag zum anderen weg sein kann.

So viel zur Psyche eines ehrenwerten Chefredakteurs. Wenn das nicht Narzissmus par excellence ist! Der noch dazu vom Narziss selbst wörtlich bestätigt wird:

Ich bin nun gelassener. Nehme mich an, aber nicht mehr auf narzisstische Weise, wo man nur nach Perfektion strebt und schauspielert.

Fazit: Die Störung des Schreibers also als die Störung des Lesers. Die Hand in Hand geht mit entsprechendem Realitätsverlust. Denn erwähnte Macht kann sich nur auf seine Redaktion beziehen. Die Funktion des meinungsmächtigen linken Fähnleinführers hat der Chef zusammen mit seinem Blatt jedoch schon längst an Kollegen wie Armin Thurnher oder Alexandra Föderl-Schmid abgegeben, und bezeichnenderweise taucht er kaum mehr in den elektronischen Medien auf, nicht in Talkshows, nicht in der Pressestunde, nur in bezahlter TV-Werbung für sein Blatt. Insofern bereitet er sich vielleicht nicht zu Unrecht auf das Nicht-mehr-Gegrüßtwerden vor.

Eine Ausnahmeerscheinung

Nun weiß man, was sich im Kopf des Schreibers abspielt, dass derartige Verhaltensauffälligkeiten wohl ihren Grund haben, und man könnte sogar für eine solch entwaffnende Ehrlichkeit fast Verständnis aufbringen. Der Punkt ist nur: Ein durchschnittlicher Leser setzt sich nicht hin und recherchiert nach, warum es zu derartigen Ausfällen – im doppelten Wortsinn – kommen konnte. Er will einfach nur konkrete Antworten auf für ihn berechtigte Fragen zu in keiner Weise und Zeile belegten Behauptungen, nicht mehr und nicht weniger. Er ist bereit zu jeder Diskussion, aber nicht auf der Folie der Psyche, sondern der Fakten.

Gott sei Dank ist der, um den es hier geht, die Ausnahme unter den Chef- und anderen Redakteuren, auch unter den linken. Denn auch die erinnern sich noch an die Zustände in der glorreichen Sowjetunion, wo Dissidenten in Nervenkliniken verbracht wurden. Trotz der Psycho- und Sozio-Theorielastigkeit, in die sich die moderne Linke verstrickt hat. Nur einer scheint das nicht zu checken. Einer der meint, dass die primitivsten Regeln des Anstands für ihn nicht gelten.

Dr. Angelo Peer. Aufgewachsen in Innsbruck. Studium der Sprachwissenschaft. Seit 40 Jahren schreibend in Werbung/PR/Journalismus tätig.

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