Krise? Welche Krise?

Die Arbeitslosigkeit im Land am Strome nimmt zu. Kein Tag ohne neue Nachrichten von Firmenschließungen oder Produktionsverlagerungen ins Ausland. Zuletzt waren es etwa die vom Aus des Wäscheherstellers Triumph im burgenländischen Oberwart (mit 210 Arbeitsplätzen) und die des zum französischen Saint-Gobain-Konzern gehörigen Glasfaserherstellers Isover in Stockerau.

In diesem Werk nördlich von Wien werden zum Jahresende 2015 90 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren. Verantwortlich dafür ist nicht nur die allgemein schlechte Konjunktur. Es gibt auch hausgemachte politische Ursachen.

Es ist nicht so, dass nur Groß- und Konzernbetriebe aus Österreich abwandern. Mittlerweile kehren auch kleine und mittlere Produzenten dem Land den Rücken – und das nicht ohne Grund: Die Alpenrepublik verkommt mehr und mehr zur Abgaben- und Steuerwüste. Die Slowakei dagegen lockt, wie viele andere Staaten des ehemaligen Ostblocks, mit niedrigen Steuern und vergleichsweise moderaten Löhnen. Und: Pressburg ist gerade einmal 60 Kilometer von Wien entfernt.

Während Unternehmern dort aber größte Wertschätzung entgegengebracht wird, leiden diese in Österreich unter kollektiver Verachtung. Zudem macht der ständig zunehmende Steuer-, Regulierungs- und Wettbewerbsdruck den heimischen Klein- und Mittelunternehmen (KMU) das Leben immer schwerer. Die Zeiten, da die heimischen Betriebe sich hinter dem Eisernen Vorhang vor Konkurrenz aus dem Osten sicher fühlen duften, sind eben schon lange vorbei. Jetzt geht es ans Eingemachte.

Von alldem machen sich natürlich fortschrittliche Geister, wie etwa der Klubobmann der SPÖ, Andreas Schieder, nicht die geringste Vorstellung. Als Sohn des langgedienten SPÖ-Abgeordneten Peter Schieder, verfügt der Mann über so etwas wie den großen Proletariernachweis. Alter roter Parteiadel. Dass er, wie die meisten seiner im Parlament sitzenden Genossen, zeitlebens niemals sein Brot unter Marktbedingungen verdient hat, versteht sich von selbst. Nie war er etwas anderes als Kammerbürokrat und Berufspolitiker.

Und weil er demzufolge von der rauen Welt außerhalb geschützter Werkstätten naturgemäß nicht die leiseste Ahnung hat, kann er auch völlig schwindelfrei die Forderung nach der Einführung einer sechsten Urlaubswoche für alle – ungeachtet ihrer Betriebszugehörigkeitsdauer, versteht sich – erheben. Begründet wird das vom gelernten Ökonomen Schieder mit dem dadurch verbundenen Impuls zur Schaffung von Arbeitsplätzen.

Dass vor ihm noch keiner auf diese geniale Idee gekommen ist: Mehr Urlaub bedeutet weniger Arbeit pro Nase und bedingt daher mehr Nasen in Beschäftigung. Problem erkannt – Problem gebannt – brillant! Da der von ihm angestrebte Effekt desto stärker ausfällt, je größer der Freizeitanspruch ist, verwundert es indes, dass er nicht sieben, acht oder gleich zwölf Wochen Urlaub fordert. Das hätte doch einen vielfach positiven Effekt auf die Beschäftigungssituation. Betriebe sind ja schließlich nicht für die Herstellung von Gütern oder das Angebot von Dienstleistungen da, wie finstere Reaktionäre, Ausbeuter und bürgerliche Spießer irrig annehmen, sondern, wie Andi Schieder gelernt hat, natürlich primär für die Bereitstellung ebenso kommoder wie hochdotierter Arbeitsplätze.

Sollte dem Herrn Klubobmann diese Art von Voodoo-Ökonomie an der Universität Wien beigebracht worden sein, wäre es angebracht, das dort ansässige „Departement of Economics“ schleunigst, und zwar besser heute als morgen, dichtzumachen.

In einer Zeit, in der sich – siehe oben – die Beschäftigungssituation und die Lage der Betriebe im Lande dramatisch verschlechtern, den Unternehmen ohne jede Veranlassung mit sinnfreien Forderungen zusätzliche Lasten auferlegen zu wollen, ist grob fahrlässig. Das Gegenteil ist – auch im Sinne der Wähler der SPÖ – gefragt. Der Betriebsstandort Österreich muss wieder international konkurrenzfähig werden!

Nach Hundstorfer mit seinem Maschinensteuer-Vorstoß erhebt nun dessen Parteifreund Schieder mit der Forderung nach einer sechsten Urlaubswoche den Anspruch auf die Schnapsidee des Monats. Wäre da nicht die Grünabgeordnete Musiol mit ihrem skurrilen Verlangen nach einer strengeren Bestrafung des Führens von Adelstiteln – er hätte glatt gewonnen…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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