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Ein paar Tage hat es so ausgesehen, als ob die Angst vor dem Wähler einen kleinen Schritt der Mäßigung beim Steuerpaket auslösen würde. Als ob das Bankgeheimnis doch nicht komplett, sondern nur zum Teil zertrümmert würde. Aber die Hoffnung dauerte nur kurz, bis die begnadeten Staatslenker Faymann und Mitterlehner „Nix da“ signalisierten. Und lautstark von den Herren Schieder und Schelling assistiert wurden. (Mit nachträglicher Ergänzung)
Das AUS für das Bankgeheimnis ist inhaltlich schlecht, aber auch parteitaktisch dumm. Denn damit machen sich die Bundespolitiker selbst zum Sündenbock für die – höchstwahrscheinliche – Niederlage ihrer steirischen und burgenländischen Parteifreunde am kommenden Sonntag. Wenngleich SPÖ und ÖVP wohl auch ohne die Bankgeheimnis-Groteske die Wahlen verlieren werden, wird es nun den Bundesländer-Parteien besonders leicht fallen, nach der Wahl mit spitzen Fingern der Bundespolitik die Schuld zuzuschieben.
Insbesondere ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner wird das wohl zu spüren bekommen. Sein Honeymoon mit der Partei, der mangels irgendwelcher Wahlen seit seinem Amtsantritt beim Parteitag noch groß gefeiert werden konnte, wird dann rasch zu Ende sein. Mitterlehner begeht ja nicht nur sachlich, sondern insbesondere auch aus Sicht der ÖVP-Parteitaktik einen Fehler nach dem anderen:
Das ist ein bisschen viel für den neuen Parteiobmann und den neuen Finanzminister. Sie bekommen zwar Streicheleinheiten von Medien und Rotgrün. Aber wohl nicht von den Wählern.
Besonders verderblich für Mitterlehner: Die ÖVP hat für all diese Konzessionen an die SPÖ von dieser nicht die geringste Gegenleistung für ihre eigenen Ziele und Anliegen eingehandelt. Außer dass Werner Faymann jetzt doch SPÖ-Chef bleibt, was manche Schwarze schon als Erfolg sehen. Und als weiteren "Erfolg" sehen sie an, dass es noch irgendwelche weitergehenden Forderungen der SPÖ gegeben hätte, die man (noch) nicht erfüllt.
Der Kurswechsel der ÖVP in Sachen Bankgeheimnis war ohnedies von Anfang an nicht sehr glaubwürdig. Ist er doch offensichtlich nur unter dem Druck der steirischen Wähler erfolgt, die der Volkspartei bei Umfragen nicht gerade einen rauschenden Sieg angekündigt haben. Überdies hat der steirische VP-Obmann Schützenhöfer auch gleich nach der einen Tag lang mutigen Ankündigung, dass die schwarzen Steirer im Nationalrat gegen das Bankgeheimnis stimmen würden (also ähnlich wie 30 Jahre früher die schwarzen Steirer gegen die damaligen Abfangjäger gestimmt hatten), wieder einen Halbrückzug gemacht. Bis sich überhaupt niemand mehr ausgekannt hat. Was der Glaubwürdigkeit wohl auch nicht sonderlich nutzt.
Und jetzt hat die „Presse“ aufgedeckt, dass sich die Finanz nicht nur den totalen Einblick in alle Konten verschaffen will, sondern Sünder auch mit Fingerabdruck jagen will. Diese Regelung steht ganz versteckt im Steuerpaket und wurde wochenlang nicht entdeckt. Sie war aber der Regierung natürlich wohlbekannt. Diese Vorgangsweise macht das ganze Herumeiern besonders lächerlich.
In Wahrheit müsste eine bürgerliche Partei ja nicht nur beim Bankgeheimnis Flagge zeigen, sondern auch die für Mittelstandsfamilien mörderische Grunderwerbssteuer ablehnen. Ebenso wie eine Erhöhung des Grenzsteuersatzes auf 55 Prozent.
Aber bedeutet das Bankgeheimnis nicht: Freie Fahrt für Steuerhinterzieher? Nun, in einigen Fällen wird das sicher so sein. Aber das Aufspüren auch des letzten Steuersünders kann moralisch dennoch einen so massiven Eingriff in die Privatsphäre nicht rechtfertigen – so wenig Sympathie organisierte Steuerhinterzieher auch verdienen. Denn ein Ende des Bankgeheimnisses bedeutet, dass jeder neugierige Finanzbeamte in den Konten der Bürger herumstieren kann. Stehen doch alle Selbständigen und Unternehmer bei ihnen sowieso unter Generalverdacht.
Auch die von Finanzminister Schelling nun angebotene „Kompromiss“-Lösung ändert nichts daran. Dann braucht ein Steuerfahnder halt nur mit einem zweiten Kollegen einen „Verdacht“ zu teilen, damit er das kann. Das ist nur in Schellings Augen eine Sicherung gegen Missbrauch. Denn jeder, der einmal eine Steuerprüfung erlebt hat, weiß: Irgendetwas finden die Steuerprüfer immer, um ihren Zeitaufwand zu rechtfertigen. Und sei es mittels einer noch so willkürlichen Ermessens-Einschätzung. Kein „Rechtsschutzbeauftragter“ wird imstande sein, jeden „Verdacht“ der massiv aufgestockten Steuerprüf-Truppe seriös zu überprüfen.
Vor allem aber gilt: Kein Österreicher will, dass seine finanziellen Angelegenheiten neugierigen Blicken zugänglich werden. Das will er auch dann nicht, wenn er keinen Cent hinterzogen hat, sondern beispielsweise nur jemandem Geld gezahlt oder geschenkt hat, wovon sonst niemand etwas wissen soll, oder wenn er ein Sparbuch hat, das gierigen Erben nicht bekannt sein darf.
Viele Menschen werden auf das Steuerpaket reagieren. Sie werden zu atavistischen Methoden zurückkehren, um ihren Notgroschen vor dem Staat zu verbergen. Sie werden ihr Geld – Dollar, Franken, Gold – im Wäschekasten oder unter dem Kopfpolster verstecken oder im Garten vergraben. Dieser Schritt wird ihnen umso leichter fallen, da man auf der Bank ohnedies keine Zinsen mehr bekommt. Dafür hat die politische Klasse Europas gesorgt.
Das ist keine gute Entwicklung – auch deshalb, weil es ohne Spareinlagen keine Kredite geben wird. Eine freudige Botschaft ist das nur für die diversen Einbrecherbanden aus Georgien, Albanien und Kosovo.
Die Aufhebung des Bankgeheimnisses wird vom gleichen Parlament beschlossen, das die Rufdatenspeicherung abgelehnt hat. Obwohl diese ein viel harmloserer Eingriff in die Privatsphäre wäre. Obwohl diese im Kampf gegen Terroranschläge, Gewaltdelikte – und auch Bandeneinbrüche – sehr hilfreich wäre.
Das alles sind deutlich schlimmere Verbrechen als Steuerhinterziehung. In meinen Augen zumindest. In denen der Politiker ist es hingegen das größte denkbare Verbrechen, wenn Bürger vor ihnen Geld verstecken wollen.
Das ist nebstbei bemerkt auch der endgültige Triumph des Marxismus, für den ja Privateigentum das schlimmste aller Delikte ist. Jetzt kommt er mit Hilfe einer dahinstolpernden ÖVP ans Ziel.
PS.: Fast wollte ich in den letzten Tagen die ÖVP loben, weil sie sich mit der Ablehnung des „Levelling up“ zumindest einmal als wirtschaftsliberal und wertkonservativ gezeigt hat. Hinter diesem auch als „Antidiskriminierung“ getarnten Wort versteckt sich der Plan eines weiteren massiven Eingriffs in die Privatsphäre. In diesem Fall gilt die Attacke der privaten Vertragsfreiheit. Die (wieder einmal als reine Schwulenlobby agierende) SPÖ will, dass man sich nicht einmal mehr den Mieter seiner Eigentumswohnung frei aussuchen können soll, wenn ein Möchtegern-Mieter sagt, er sei schwul. Dann müsste er nach dieser Regelung die Wohnung bekommen, ob's dem Vermieter passt oder nicht. Aber genau in dem Zeitpunkt, da ich die ÖVP für ihr Nein zu einem solchen Wahnsinnsgesetz loben wollte, schickte mir ein Leser ein Schreiben der ÖVP-Zentrale zu. Daraus geht klar hervor, dass man zwar kurzfristig Nein gesagt hat, dass man aber mittelfristig durchaus auch hier nachgeben will (wohl nach den diversen Landtagswahlen). Denn genau das heißt es in Wahrheit, wenn die ÖVP schreibt: „Wir lehnen den derzeitigen Entwurf ab, weil es . . . jedenfalls noch Diskussionsbedarf gibt.“ Und noch deutlicher: „ . . . Daher werden weitere Gespräche zu führen sein, um hier zu einer gemeinsamen tragfähigen Lösung zu kommen.“ In Wahrheit dürften diese "Gespräche" nur aus einem einzigen Wort bestehen: "Nein".
Nachträgliche Ergänzung: Nur wenige Stunden nach Erscheinen dieses Beitrags wird bekannt, dass wenigstens eine der Absurditäten der Strafrechts-Novelle fällt: Die Strafbarkeit des "Pograpschens" wird vom Justizminister doch wieder aus dem Entwurf herausgenommen. Das ist positiv und lobenswert - aber selbst im Hinblick auf die Strafrechtsreform viel zu wenig an Rückkehr der Vernunft.