Realität und Berichterstattung: Wie die Kleine Zeitung Tatsachen verschweigt und verdreht

Gerade in Zeiten wie diesen ist eine unabhängige Redaktion wichtiger denn je. Damit ist allerdings nicht nur wirtschaftliche Unabhängigkeit gemeint, sondern auch die intellektuelle. Sie hat immer mehrere Seiten anzuhören und ausgewogen zu berichten. Leider fällt gerade in den letzten Jahren auf, dass in Zeitungen immer öfter Meinung und Meinungsmache forciert wird, statt ausgewogene Informationen zu liefern. Doch nicht nur das: Sogar Fakten werden bewusst verdreht.

Ich möchte dies kurz an drei Punkten deutlich machen, die ich selbst erlebt habe, als ich auf der ersten Grazer Pegida-Veranstaltung war.

  1. Die Kleine Zeitung schreibt, daß lediglich 150 Personen vor Ort waren.
    Richtig, es waren ca. 150 Leute vor Ort, aber die Polizei hat etliche Neugierige, die aus der Paulustorgasse kamen, nach 14.00 Uhr nicht mehr durchgelassen. Diese Information hat man im Artikel unterschlagen.
  2. Pegida spricht sich gegen die Unterdrückung von Homosexuellen aus und begründet dies auch (stand übrigens auch auf dem größten Plakat während der Veranstaltung). Doch was macht die Kleine Zeitung? Journalist Gerald Winter schreibt am 27.3 (S.24) und auch in Artikeln nach der Veranstaltung online „Pegida mache Stimmung gegen Homosexuelle“. Das ist so ziemlich genau das Gegenteil der Wahrheit.
  3. Doch es kommt noch schlimmer: Herr Winter schreibt unmittelbar nach der Veranstaltung online weiter: „Die Anhänger der Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes wurden unter anderen von Michael Stürzenberger ideologisch auf ihren Spaziergang vom Freiheits- zum Karmeliterplatz eingestimmt. Die Kernaussagen des Deutschen … Jeder Moslem ist ein potentieller Terrorist.“
    Richtig ist, dass dieser Satz gefallen ist, aber für alle Zuhörer deutlich hörbar als Zitat gekennzeichnet, und zwar von Nassim Ben Iman, einem gebürtigen Moslem. Und es macht einen gewaltigen Unterschied, ob man diesen Satz als Zitat eines Moslems kennzeichnet oder nicht.

Es mag ja sein, dass die meisten Journalisten keine Anhänger dieser Vereinigung sind, aber ein Journalist hat dennoch die Pflicht, für Menschen, die nicht vor Ort waren, wahrheitsgemäß und ausgewogen zu berichten – ansonsten hat er seinen Beruf meilenweit verfehlt. Wenn das kein Einzelfall ist, darf man sich dann wundern, wenn der Begriff „Lügenpresse“ fällt?

Übrigens stand ich zeitweise direkt neben den Kleine-Zeitung-„Journalisten“. Da wurde noch während der Veranstaltung nach dem negativsten Satz gesucht, den man bringen könnte. Und auch bei dem (schließlich wurde er als Aufmacher benutzt) schaffte man es noch, aus dem Zusammenhang zu reißen.

Oliver Rohkamm ist Betriebswirt und Unternehmer im Medienbereich.

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