Rund einen Monat ist es jetzt her, dass mehrere griechische Minister im Zusammenhang mit der drohenden Pleite ihrer korrupten Bananenrepublik massive Drohungen gegen den Rest Europas ausstießen. Nicht weniger als der „Export islamischer Massenmörder“ wurde in Aussicht gestellt, falls man auf ihre anmaßenden Forderungen nicht einzugehen gedächte. Hunderttausende illegale Immigranten, möglicherweise sogar Angehörige der islamischen Terroristen vom IS, sollten mit Papieren ausgestattet werden, „damit sie nach Berlin gehen können“, kündigte Verteidigungsminister Kammenos an. Ein Kommentar zu diesem unglaublichen Gangsterstück erübrigt sich.
Dass die auf diese Weise adressierten Politiker und Zentralbanker im Rest Europas darauf nicht in schärfster Form reagiert und die Massenmedien diese Ungeheuerlichkeiten großteils mit auffallender Zurückhaltung behandelt haben, ist als ein Symptom für den vollständigen politischen und moralischen Niedergang der Alten Welt zu werten. Denn auf einen groben Klotz gehört allemal ein grober Keil. Appeasement bringt niemals positive Resultate – gleich, ob es sich um eine Konfrontation mit deutschen Nationalsozialisten oder mit griechischen Kommunisten handelt…
Offensichtlich aber haben die aggressiven Rabauken der griechischen Regierung ihre windelweichen europäischen „Partner“ völlig richtig eingeschätzt. Denn die sind – erneut – eingeknickt und haben sich einmal mehr mit nichtssagenden Erklärungen zur Bewältigung der Schuldenkrise abspeisen lassen, anstatt die Reißleine zu ziehen und den maroden Balkanstaat in die wohl verdiente Pleite zu schicken (es wäre nicht die erste seit der Premiere anno 1893). Die gefährlichen Drohungen der Griechen in Richtung Brüssel und Berlin haben offensichtlich gewirkt – möglicherweise auch deshalb, weil sie listig mit Avancen an den Gottseibeiuns des einstmals freien Westens – Zar Putin – verknüpft waren.
Dass die EZB Anfang März mit einem gigantischen Anleihekaufprogramm begonnen hat zeigt, worauf sich inzwischen alles Sinnen und Trachten der europäischen Nomenklatura richtet: Auf den Erhalt der Währungsunion – und das zu jedem Preis. Wer wird schon so spießig sein und kleinlich auf dem statutengemäß einzigen Zweck der EZB – dem Erhalt der Währungsstabilität – herumreiten? Wo es doch um etwas wesentlich größeres, nämlich um das von den europiden Machteliten unverhohlen angepeilte Ziel einer Schaffung der „Vereinigten Staaten von Europa“ geht. Was sind da schon ein paar unbedeutende Aktien- Immobilien- und Staatsanleihenblasen, die durch immer neue monetäre „Rettungsmaßnahmen“ immer weiter aufgebläht werden? Gelegentlich platzen Immobilien- und Finanzblasen eben und die Welt dreht sich dennoch weiter, so scheint das frivole Kalkül des Brüsseler Politbüros und Mario Draghis zu lauten.
Um in Zahlen zu kleiden, was gegenwärtig passiert: Seit die EZB (statutenwidrig) damit begonnen hat, die Finanzmärkte Monat für Monat mit der gigantischen Summe von 60 Mrd. Euro zu fluten, ist der DAX um 19 Prozent (!) gestiegen (Quelle: Bankhaus Rott & Frank Meyer). Ohne dass sich an den gewöhnlich für die Aktienkurse relevanten Fundamentaldaten der Wirtschaft und/oder den Prognosen für die kommende Zeit etwas zum Besseren gewendet hätte. Jenseits des Atlantiks, in den USA, sieht es nicht viel anders aus. Dort hat der Staat, unter tatkräftiger Unterstützung durch die US-Notenbank FED, mittlerweile die unvorstellbare Schuldensumme von 18,2 Billionen USD (2007 waren es „nur“ 8,9 Billionen) aufgetürmt. Auch in den USA hängen Konjunktur und Aktienbörsen an der Nadel der in Rekordtempo Geld schöpfenden Notenbank.
Seit vielen Jahren werden die Vermögenswerte – weltweit – mittels Zinsmanipulation und lockerer Geldpolitik künstlich erhöht. Die Aktienbesitzer werden natürlich kaum Widerstand gegen die Währungsinflation leisten, solange dadurch die Kurse ihrer Anlagen steigen. Steigende (nominelle) Vermögenswerte aber befeuern die nicht enden wollende Debatte um die „aufgehende Schere zwischen Arm und Reich“. Und die mündet obligatorisch in der Forderung nach weiteren politischen Interventionen in die Märkte. Am Ende ist an jeder (vermeintlichen oder tatsächlichen) Fehlentwicklung nämlich immer „der Kapitalismus“ schuld, niemals Inkompetenz und Niedertracht der politischen Eliten. Merke: Der Weg zur zentral gelenkten Planwirtschaft ist mit Interventionen gepflastert.
Zurück nach Griechenland: Mit der pünktlich Anfang April erfolgten Zahlung von 450 Millionen Euro an den IWF hat sich Griechenland erneut einen runden Monat Zeit erkauft. Dann nämlich ist die nächste Umschuldungsaktion fällig. Zeit, in der, wie man den Worten des dynamischen Duos Tsipras/Varoufakis entnehmen kann, an keinerlei Reformanstrengungen gedacht ist.
Wer wird dann wohl einspringen, nachdem man für den zurückliegenden 450-Million-Coup (regelwidrig!) EZB-Notfall-Kredite im Umweg über die griechischen Privatbanken eingesetzt hat?
Von grundsätzlicher Bedeutung aber ist die Frage, ob es sinnvoll sein kann, einen Staat über Wasser zu halten, der aus eigener Kraft nicht annähernd ausgeglichen bilanzieren kann? Einen Staat, der Monat für Monat rund 20 Prozent mehr ausgibt, als er einnimmt? Wie intelligent ist es, ein Land dauerhaft mit Krediten am Leben zu erhalten, in dem man seit Jahrzehnten über seine Verhältnisse lebt?
Gutheißen werden diese Politik nur diejenigen, die darauf aus sind, die „Vereinigten Staaten von Europa“ quasi durch die Hintertür – im Wege einer Transferunion – und zwar gegen den Willen einer überwältigenden Mehrheit der EU-Bürger, zu etablieren.
Was in der Spätzeit des Wohlfahrtsstaates auf nationaler Ebene geschieht, wird mittlerweile eben auch im großen EU-Konzert zelebriert: Belohnt wird, wer sich bequem zurücklehnt und andere für sich schuften lässt. Bestraft wird, wer seine Ärmel aufkrempelt und – im wahrsten Sinn des Wortes - etwas unternimmt. Wer die Früchte seiner Arbeit behalten möchte, wird als „gierig“ und „unsozial“ gebrandmarkt. Wer seine Finger unentwegt in die Brieftaschen fremder Leute steckt, verhält sich dagegen „solidarisch“. Fridrich Nietzsche schrieb einst von der „Umwertung aller Werte“. Genau damit haben wir es, im Rahmen der derzeit von der EU gebotenen Groteske, zu tun.
Je länger die griechische Farce andauert (von einer Tragödie zu sprechen, verbietet die Armseligkeit der involvierten Akteure), desto näher rückt Europa dem erschreckenden Szenario eines zentralistischen, sozialistisch-totalitären, von den Produktiven zu den Unproduktiven umverteilenden Gouvernantenstaates. Besonders die Jungen, die sich nicht zur Auswanderung entschließen können, sind wahrlich nicht zu beneiden…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.