Wer geglaubt hat, dass es sich bei SPÖ und Arbeiterkammer um zwei verschiedene Organisationen handelt, wird spätestens mit Blick auf die derzeit tobende Steuerdebatte seinen Irrtum erkennen. Die „Argumente“ beider Gliederungen sind identisch. Die Feindbilder ebenso. AK und SPÖ sind eins. Pech für jene zahlenden Zwangsmitglieder der gesetzlichen „Arbeitnehmervertretung“, die mit marxistischem Gedankengut nichts am Hut haben
Gegen die geforderte steuerliche Entlastung der Arbeitseinkommen ist natürlich nichts einzuwenden – im Gegenteil. Jeder Euro, den der Staat nicht für sinnlose Tunnelprojekte, Genderlehrstühle, Radfahrbeauftragte, Fritz Neugebauer und (dessen diesfalls schwarze) Genossen verbraten kann, ist nicht nur ein Gewinn für die proletarischen Massen, sondern einer für die gesamte Gesellschaft.
Sowohl Arbeiterkammer als auch SPÖ lassen geflissentlich den Umstand unter den Tisch fallen, dass die durchschnittlichen Arbeitseinkommen durch Abgaben zur Sozialversicherung (mit 36,54 Prozent) rund dreimal so hoch belastet sind, wie durch Lohnsteuern (mit 12,57 Prozent; Quelle: Agenda Austria). Das befremdet allerdings nur auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick wird nämlich klar, dass es der Neidgenossenschaft ja um den (Klassen-)Kampf gegen die „Reichen“ geht. Und für den eignet sich das Steuerthema einfach ungleich besser als das der Sozialversicherungsbeiträge.
Die von den Genossen behauptete „steuerliche Besserstellung“ von Kapitaleinkünften gegenüber Arbeitseinkommen ist somit frei erfunden. Denn SV-Beiträge sind ja nach Ansicht der siamesischen Zwillinge SPÖ und AK offenbar keine Steuern. Die Steuerbelastung von Kapitaleinkünften beläuft sich bei Zinserträgen aber auf immerhin 25 und bei Erträgen von Kapitalgesellschaften effektiv auf 22,4 Prozent (der Rest ist beim Empfänger erneut mit 25 Prozent zu versteuern). Die Steuerkampagne der Genossen beruht daher auf glatter Desinformation.
Nach der kürzlich recht überraschend erfolgten 180-Grad-Wende des in jeder Hinsicht gewichtigen Bürgermeisters von Wien, Häupl, haben die Roten – scheinbar – von der Einführung von Vermögenssubstanzsteuern Abstand genommen. Offenbar haben die Schlaueren unter ihnen die mutmaßlich katastrophale Wirkung dieses fiskalischen Folterinstruments erkannt.
In der jüngsten Ausgabe der Kampfschrift „AK FÜR SIE“ wird nun aber auf keineswegs sonderlich subtile Weise die Saat für saftige Erbschaftssteuern ausgebracht. Erbschaften wären eine der Hauptursachen für Vermögensungleichheit, blablabla…
Erbschaftssteuern aber sind die Substanzsteuern schlechthin. Also was jetzt? Weiß bei den Roten die eine ihrer beiden linken Hände noch, was die andere tut? Die Argumentationslinie der Umverteilungsexperten lautet so: Beim Erben handle es sich um eine zutiefst „ungerechte“ Angelegenheit. Denn während die Sprösslinge arbeitsscheuer Nichtsnutze im Erbfall leer ausgehen, dürfen sich die Nachkommen fleißiger, tüchtiger und sparsamer Eltern eines möglicherweise sogar beträchtlichen Erbes erfreuen. Das geht natürlich gar nicht, zumal letztere ja eher nicht zum roten Elektorat zählen.
Der bereits bestehende, vom Erblasser aufgebaute Kapitalstock, also eine Bestandsgröße, muss daher in ein Einkommen, eine Flussgröße, umgelogen werden, um den Fiskus zuschlagen lassen zu können. Der Erbe, so das listige Argument, habe schließlich nichts zum Aufbau dieses Vermögens getan. Da dieses – noch dazu leistungslos – an ihn fließe, handle es sich daher um ein Einkommen, das, dem einschlägigen Tarif entsprechend, zu enteignen sei. Dass die Grünen exakt derselben Argumentation folgen, verwundert nicht. Der kritische Beobachter indes, der gewöhnt ist, sein Geld auf ehrliche Weise unter Marktbedingungen zu verdienen, kommt angesichts derartiger gedanklicher Verrenkungen nicht mehr aus dem Staunen heraus.
Dass die Konsequenzen – insbesondere im Falle von vererbten Unternehmensanteilen oder ertragslosen Vermögensbestandteilen (etwa einem alten Schloss oder einer Gemäldesammlung) – dramatisch sein können, ist nur ein Aspekt der Angelegenheit: In vielen derartigen Fällen werden die Erben gezwungen sein, ihren ererbten Besitz zu veräußern, um die Steuern bezahlen zu können.
Schwerer wiegt indes der Umstand, dass hier wissentlich und mutwillig ein X zu einem U umgedeutet und damit jedes (restliche) Vertrauen in die Rechtssicherheit im Lande zerstört wird. Eine Bestandsgröße (ein Vermögen) ist eben eine Bestandsgröße und kein Einkommen. Beider Wesen ist grundverschieden. Behandelt man ein bereits bestehendes Vermögen wie ein Einkommen, wird die Substanz (zumindest teilweise) verzehrt. Wer das nicht begreift, dem ist nicht mehr zu helfen.
Selbstverständlich sind die Genossen nicht blöd genug, das zu verkennen. Es geht ihnen aber – nicht anders als jedem gemeinen Straßenräuber – ausschließlich ums Beutemachen. Um nichts anderes. Die langfristig für die gesamte Volkswirtschaft schädlichen Folgen des Kapitalverzehrs sind ihnen deshalb völlig gleichgültig, weil sie hier und jetzt Mittel für Brot und Spiele brauchen – zur weiteren Bestechung ihrer Klientel. Motto: Nach uns die Sintflut!.
Den Erben zum „Bezieher eines arbeitslosen Einkommens“ zu erklären, ist nichts weiter als ein zynischer Witz, der an Bosheit nicht zu toppen ist.
Die treuherzige Versicherung der Sozialisten, schließlich nur Millionäre „erwischen“ zu wollen (so Kanzler Faymann), ist auf zweifache Weise irreführend und falsch. Denn jede Art von Substanzsteuern – besonders Grundsteuern – belasten jedermann im Lande. Auch die einkommensschwächsten Wohnungsmieter, die mittelbar über ihre Mietvorschreibung zur Kasse gebeten werden.
Es trifft einfach nicht zu, dass eine Maßnahme, wenn sie denn nur eine kleine Minderheit trifft, dadurch eine besondere moralische Qualität erlangt. Warum sollte es denn gerecht sein, die wenigen „Reichen“ (die bereits jetzt den Großteil der direkten Steuerlasten zu tragen haben) weiter zu belasten, um auf der anderen Seite den Kreis derjenigen noch stärker ausweiten zu können, die überhaupt nichts zum Etat beitragen – ja diese Leute sogar noch mit „Negativsteuern“ zu verwöhnen…?
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.