Toleranz statt Demokratie

Jetzt also auch in Kopenhagen. Man ist einmal mehr geschockt, aber nicht zu sehr. Es hätte natürlich genauso gut in Barcelona, Hamburg, Wien, Marseille, Rom, Manchester, Rotterdam oder sonst einer Stadt in Europa sein können. Kommt aber noch. So brav und unterwürfig können die politisch korrekten Eliten und die europäischen Gesellschaften gar nicht sein.

Karikaturen, eine Diskussionsveranstaltung über Meinungsfreiheit, ein Film, ein christliches Symbol, ein falsches Wort, ganz egal, irgendwas findet sich immer. Deshalb posaunt man auch über alle zur Verfügung stehenden Kanäle hinaus, dass das nichts mit dem Islam zu tun hat und es sich lediglich um verwirrte Extremisten handelt, die in der Moschee nur nicht richtig aufgepasst haben.

Der islamisch motivierte Terror ist in Europa angekommen. Und er ist gekommen, um zu bleiben. In zwei Stunden, drei Tagen, einer Woche oder einem Monat wird es wieder krachen, es werden wieder alle – von Mal zu Mal etwas weniger – schockiert sein. Stadt XY! Ausgerechnet, wo man dort doch so viel für Integration …

Islamistischer Terror gehört bald zu unserem Alltag, mit all seinen Auswirkungen auf eine immer weniger offene und freie Gesellschaft. Man gewöhnt sich daran, bzw. wird daran gewöhnt. Beim nächsten Massaker wird die mediale und politische Aufregung nicht mehr ganz so groß sein. Von den Titelblättern in die hinteren Teile der Zeitungen unter „kurz notiert“, eine voraussehbare mediale Karriere. Es wird wieder nur ein verwirrter Täter oder ein isoliertes Grüppchen sein, den schwarzen Peter versucht man wie gewohnt der Polizei in die Schuhe zu schieben, die Linke hängt eben an ihren alten und bewährten Feindbildern.

Nach den nächsten Massakern werden die Tausenden von Charlies in Politik, Medien und Kultur wahrscheinlich sogar ihren unglaubwürdigen Aktionismus und ihre eitlen Alibiaktionen einstellen, weil ihnen selbst dafür künftig der Mut fehlen wird. Nur nichts riskieren. „Toleranz“ löst langsam Demokratie, Presse- und Meinungsfreiheit ab. Und es wird noch viel zu tolerieren geben.

Während man in Sonntagsreden und nach dem jeweils aktuellen Terroranschlag vollmundig für die Verteidigung der westlichen Werte eintritt, werden sie ohne großes Aufsehen ganz pragmatisch den neuen Begebenheiten in Europa angepasst. Schritt für Schritt. Mögliche Provokationen  werden vermieden.

Die europäische Kultur- und Kunstszene hat sich bereits selbst kastriert. Es gibt nur wenige Ausnahmen. Widerstand regt sich nur noch gegen jene, die auf diese Entwicklungen aufmerksam machen, denn sie sind es, die in Europa für Unruhe sorgen, unnötig provozieren und das Klima vergiften. Sie versuchen Angst zu verbreiten, Vorurteile aufzubauen und die Terroranschläge verwirrter Einzeltäter für ihre Zwecke – welche das auch immer sein mögen – zu instrumentalisieren.

Ein immer stärker vom Islam geprägtes Europa? Nein, Europa wird trotz aller demographischen Umwälzungen auch weiterhin Vorkämpfer für Geschlechtervielfalt, soziale Gerechtigkeit, Mülltrennung und Veganismus sein. Einige politisch korrekte Gesellschaftingenieure glauben tatsächlich, noch die HerrInnen auf der politischen Kommandobrücke des Schiffes Europa zu sein. Andere bekommen gerade, wie der Zauberlehrling in Goethes Ballade, ein ungutes Gefühl. 

Deshalb wird immer und immer wieder verkündet, es gibt keine Islamisierung, das sind nur die paranoiden Hirngespinste rechter Wirrköpfe und verwirrter Modernisierungsverlierer, die sich in der neuen bunten Multikultiwelt einfach nicht zurechtfinden. Die permanente Wiederholung dieses politisch korrekten Glaubenssatzes dient nicht nur der Volkserziehung, sondern auch als beruhigendes Mantra für die Vorturner und Mitläufer dieser Ideologie.

Eine Erklärung, warum aber ausgerechnet Europa, im Gegensatz zu weiten Teilen Afrikas und Asiens, nicht zunehmend islamischer werden sollte, bleiben uns die politisch korrekten Meinungsführer allerdings schuldig. Vielleicht, weil die europäische Kultur besonders stark und attraktiv für Zuwanderer ist? Vielleicht, weil die Europäer besonders glaubensstarke Menschen sind? Vielleicht, weil unsere Politiker besondere aufrechte und mutige Demokraten sind? Vielleicht, weil Europa eine intelligente und vorausschauende Einwanderungs- und Integrationspolitik betreibt? Scherz beiseite.

Die islamische Religion/Ideologie verändert Europa, seine Kultur, seine Gesellschaften, seine Werte. Und zwar sehr viel tiefgreifender, als es sich jene, die durch ihre Politik, ihr Wahlverhalten und ihr Engagement diese Entwicklung gefördert und vorangetrieben haben, vorstellen können oder wollen. Langsam wäre es an der Zeit, die Augen zu öffnen und sich der Realität zu stellen.

Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Kürzlich sind seine neuen Bücher „Die Feinde der Freiheit“ und „Das Phänomen Conchita Wurst: Ein Hype und seine politischen Dimensionen“ erschienen.

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