In ihrer aktuellen Studie behaupten der FPÖ-besetzte Rechnungshof und die SPÖ-besetzte Statistik Austria, die Realeinkommen für Arbeiter wären seit 1998 um 14 Prozent gesunken. In Wahrheit sind sie um 14 Prozent gewachsen. Wie man Österreichs Medien hereinlegt.
Der hanebüchene Unsinn von Rechnungshof und Statistik Austria:
- Arbeitereinkommen wären seit 1998 real um 14 Prozent gesunken
- Angestelltengehälter wären nur um ein Prozent gestiegen, die der Beamten aber um 23 Prozent
- Die untersten zehn Prozent hätten Reallohneinbußen von bis zu 40 Prozent erlitten (weibliche Arbeiter)
Reallohnverlust nicht möglich
Wer ein bisschen was von Wirtschaft versteht, der weiß, dass sich die Gewerkschaft bei der jährlichen Lohnrunde an keinen Verhandlungstisch setzt, wenn nicht von vornherein klar ist, dass die Inflationsrate abgegolten wird. Gefeilscht wird immer nur um den Teil des darüber hinausgehenden Produktivitätsfortschrittes („Benya-Formel").
Und weil die Löhne seit 1998 immer über der Inflationsrate erhöht worden sind, können die Reallöhne also gar nicht gesunken sein (Reallohn = Lohnerhöhung - Inflation). Lediglich in den Krisenjahren 2010 und 2011 gab es kleine Reallohnverluste von zusammen 1,4 Prozent. Diese wurden aber alleine 2012 doppelt so stark überkompensiert (Reallohnzuwachs 2,9 Prozent).
Wahrheit: Reallöhne Arbeiter steigen 13,8 Prozent
Nicht um 14 Prozent gesunken, sondern um 14 Prozent gestiegen sind die Durchschnittslöhne etwa vollzeitbeschäftigter Metallarbeiter, deren Mindest-Kollektivvertrags-Löhne sogar um 19,5 Prozent. Ungerechtigkeit und sinkende Massenkaufkraft? Herbeigedichtet. Weil 98 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse Kollektivverträgen unterworfen sind, betrifft die gute Nachricht fast alle Österreicher.
Wifo: Alle Branchen profitierten
Die Arbeiter-Löhne in der Papierindustrie stiegen seit 1998 um 29 Prozent, in der Bauwirtschaft um 31 Prozent, im Maschinenbau um 34 Prozent und in der Kfz-Branche um 35 Prozent. Die Inflation betrug im besagten Zeitraum aber nur 21,1 Prozent. Somit konnten alle Arbeiter aller Branchen real profitieren. Nirgendwo ein Reallohnverlust.
Arbeiter vor Angestellten
Laut Wifo sind die Real-Einkommen von 1990-2000 durchschnittlich um 1,5 Prozent p.a. bei Arbeitern (1,3 Prozent Angestellte), von 2000-2010 um 0,6 Prozent p.a. bei Arbeitern (und 0,5 Prozent bei Angestellten) gewachsen. In keiner Dekade musste irgendeine Berufsgruppe einen Reallohnverlust hinnehmen. Minus 14 Prozent sind für Vollzeitkräfte ein Fake.
Hinterlistige Argumentation
Wie kommt der Rechnungshof also zu seinen Thesen? Ganz einfach: Man hat die starke Zunahme der Teilzeitjobs bewusst ignoriert. Der Rechnungshof hat einfach nur die Lohnsummen nach § 25 Einkommenssteuergesetz aus der Steuererhebung durch die Anzahl der Stellen dividiert. Und weil es mittlerweile um 600.000 (Teilzeit-)Stellen mehr gibt, sank damit das Einkommen pro Arbeiter. So (mathematisch) einfach ging das.
Austria goes Teilzeit
In Österreich gab es 1998 nur 496.000 Teilzeitstellen, 2013 aber schon fast 1,1 Millionen! Die Vollzeitstellen sind dabei mit 3,1 Millionen konstant geblieben. Und weil die Teilzeitstellen größtenteils im Bereich ungelernter Arbeiter und einfacher Dienstleistungen entstanden sind, verteilt sich die Lohnsumme nun auf 20 Prozent mehr Arbeitsplätze.
Natürlich hat man das mit den Teilzeitjobs auch im Kleingedruckten erwähnt – aber in den großen Überschriften nicht. Ökonomisch Ungebildete haben dann einfach nur die großen Lettern abgeschrieben.
Schwindel: „Ärmste verloren 40 Prozent!"
Dass die „untersten 10 Prozent" der Gesellschaft einen Reallohnverlust von bis zu 40 Prozent hätten hinnehmen müssen, ist so irreführend konstruiert, dass es an die Propaganda-Schlachten der Zwischenkriegszeit erinnert. Denn die ärmsten unserer Gesellschaft beziehen im Durchschnitt gar keine Löhne – sie leben zu über 90 Prozent von Sozialleistungen. So verdienen die inkriminierten „untersten 10 Prozent der Arbeiterinnen" laut Rechnungshof € 126,50 im Monat. Weil die Sozialtransfers in einem solchen Haushalt bei zwei Kindern schnell die € 2.000 im Monat übersteigen können, spielen die € 126,50 Markteinkommen gar keine Rolle.
Dabei sind die Sozialleistungen seit 1998 nicht nur mit der Inflation gewachsen, sondern zusätzlich ausgebaut worden. Sie ermöglichen es den „untersten 10 Prozent", heute besser zu leben als noch vor 15 Jahren (Stichwort „Mindestsicherung").
Politisch gesteuerter Hass
Eigentlich müssten wir uns freuen, weil es uns heute trotz des Steuer-Staates so gut geht. Es ist nur leider politisch unerwünscht. Wer die hasserfüllten und verängstigten Beiträge im Internet liest, der weiß: Der Klassenkampf hat unser Land im Würgegriff. Es scheint, als wäre unserer Elite ein aufgebrachtes, wütendes Volk lieber, weil es sich dadurch leichter lenken lässt.
Mit makroökonomisch Unbedarften haben Österreichs professionell durchpolitisierte Organisationen – wie etwa der ORF (SPÖ), die Statistik Austria (SPÖ), der Rechnungshof (FPÖ) und die Österreichische Nationalbank (SPÖ) – oft leichtes Spiel. Objektive Informationen sind hierzulande manchmal nur schwer zu erhalten.
Weimarer Klassenkampf
Bei Rechnungshof und Statistik Austria scheinen die Ergebnisse schon im Vorhinein festzustehen: Armut, Kluft und Ungerechtigkeit steigen (trotz gegenteiliger Zahlen) – und das bedeutet Klassenkampf und Klassenhass. Wir haben längst übersehen, wie viel Wut Österreichs Eliten bereits geschürt haben. Weil wir uns an den Hass gewöhnt haben.
Die 1920er waren politisch so aufgeheizt wie heute unser Land. Hitler verdankte seinen Aufstieg in den 1930ern geradewegs den gedruckten Lügen und dem rücksichtslosen Klassenkampf der 1920er. Wer – wie Rechnungshof und Statistik Austria – sein politisches Süppchen auf dem Rücken der Wahrheit (und realer Verhältnisse) kocht, der riskiert in Zeiten von Finanz- und Weltwirtschaftskrise (Deja vu´?) heute wieder Schlimmes.
Angesichts der politischen Besetzung von Rechnungshof (FPÖ) und Statistik Austria (SPÖ) kann man sich ausmalen, was eine „FPÖ-SPÖ"-Koalition für Österreich hieße: „Den totalen Klassenkampf!"
Michael Hörl ist Wirtschaftspublizist aus Salzburg.
In seinen Büchern „Die Gemeinwohl-Falle" und „Die Finanzkrise und die Gier der kleinen Leute" beschäftigt er sich – österreichweit einzigartig – kritisch mit den Thesen Christian Felbers, Jean Zieglers, der Arbeiterkammer oder der Caritas.
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