Nun also auch der schwarze Wirtschaftsminister. Nachdem schon die rote Gesundheitsministerin, dem Vernehmen nach bis vor kurzem selbst dem blauen Dunst zugetan, ein ausnahmsloses Rauchverbot in Bewirtungsbetrieben gefordert hatte, schwenkt nun auch der schwarze Juniorpartner der Regierung, in Gestalt ihres Parteichefs, Vizekanzlers und Wirtschaftsministers, auf SPÖ-Linie ein. Angeblich werde „…die bisherige Regelung nicht exakt vollzogen“, so Mitterlehner.
Die seit mehreren Jahren gültige Regelung sieht bekanntlich vor, den Wirten die Möglichkeit einzuräumen, mittels baulicher Maßnahmen in ihren Lokalen eine Abteilung von Raucher- und Nichtraucherbereichen vorzunehmen. Kleinbetriebe mit geringer Gesamtfläche dürfen sich als Raucherlokale deklarieren. Eine grundvernünftige Lösung, mit der allen Interessen gedient ist und mit der alle leben können. Nicht wenige Gastronomen haben im Vertrauen auf die Gesetzeslage eine Menge Geld in die Hand genommen, um ihren Kunden bestmögliche Bedingungen bieten zu können.
Damit soll nun, nach dem Willen der Großkoalitionäre, Schluss sein. Mündigen und wahlberechtigten Bürgern freizustellen, sich für oder gegen Tabakqualm zu entscheiden, hält die Nomenklatura nicht länger für opportun. Plötzlich kommt – im Sinne der Volksgesundheit, versteht sich – nur mehr ein generelles Rauchverbot in Frage.
Grotesker Auslöser für den plötzlichen Gesinnungswandel des ÖVP-Kapos: Der Tod eines linken Journalisten. Der Mann war Kettenraucher und starb kürzlich an Lungenkrebs. Tragischer Fall, ohne Zweifel. Allerdings ist es seltsam, dass ausgerechnet dieser Todesfall die politische Klasse dermaßen in Fahrt bringt. Was wird geschehen, wenn demnächst ein prominenter Diabetiker ins Koma fällt? Muss dann damit gerechnet werden, dass der Verkauf von Schokoladen und Zuckerwaren verboten wird?
Die von vielen Gastronomen vorgenommenen baulichen Maßnahmen zum Nichtraucherschutz werden also demnächst als „gestrandete Kosten“ zu betrachten sein. Dem soll, soweit bisher verlautet, mittels Sonderabschreibungsmöglichkeiten oder Entschädigungszahlungen Rechnung getragen werden. Im Klartext: Der Steuerzahler darf die Chose finanzieren, die er der Wankelmütigkeit der Regierung verdankt. Keine neue Erkenntnis: Mangelnde Rechtssicherheit kostet eben…
Die von Mitterlehner & Genossen behauptete Sorge um die Volksgesundheit ist natürlich ein aufgelegter Schmäh. Niemand ist schutzlos der notorischen Rücksichtslosigkeit von Tabakjunkies ausgeliefert. Denn wer will, findet auch heute schon jede Menge rauchfreier Gastwirtschaften. Das gilt übrigens für Gäste ebenso, wie für Köche und Servierpersonal. Der „Arbeitnehmerschutz“ ist also nur ein durchsichtiger Vorwand.
Falls die hohe Politik tatsächlich meint, auch nur einen einzigen Raucher durch diese Regelung von seinem gesundheitsschädlichen Laster abbringen zu können, ist das einerseits lächerlich. Anderseits – und das ist der wesentlich bedenklichere Aspekt dieser Angelegenheit – ein schwerer Anschlag auf das Privatrecht.
Gastronomiebetriebe, das sollte auch Politikern einleuchten, sind keine „öffentlichen Räume“. Es handelt sich vielmehr um im Privatbesitz stehende Etablissements, in denen Anbieter und Konsumenten freie Vereinbarungen über eine zu erbringende Dienstleistung treffen. Kunden, die am Gebotenen keinen Gefallen finden, können vom Betreiber nicht zur Kontrahierung gezwungen werden. Oder etwas rustikaler formuliert: Wer keinen Wert darauf legt, geräuchert zu werden, trägt sein Geld eben nicht in eine Selchkammer.
Die mit dem Regierungsvorhaben verbundene unerhörte Ausdehnung des Geltungsbereichs öffentlichen Rechts auf privates Eigentum ist – völlig unabhängig von der (möglicherweise) gut gemeinten Absicht – außerordentlich bedenklich. Was kommt als nächstes? Mit denselben Argumenten wie in der Gastronomie können nämlich auch die Besucher der Privatwohnungen von Rauchern vom Staat „geschützt“ werden. Auch hier geht es ja schließlich um den Schutz der Volksgesundheit, nicht wahr?
Um das vermutlich also auch in Privatwohnungen bald drohende Rauchverbot durchzusetzen, wird es einiger robuster, zusätzlicher Mittel bedürfen: Verbindliche Montage von Rauchmeldern mit direkter Datenübermittlung zur Staatspolizei, Überwachungskameras, etc. Dem Gemeinwohl dienliche weitere Vorschläge sind an die Gesundheits- und die Polizeiministerin zu richten. Besten Dank im Voraus!
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.