Die Regierung steht vor einem Berg ungelöster Probleme und hat keinerlei Ambitionen, um diese zu lösen.
Hier seien einige der dringendsten aufgezählt:
Der Föderalismus ist in Österreich zu wenig ausgeprägt. Die Masse der Kompetenzen befindet sich auf der Bundesebene, die Auflösung der Landtage findet wegen ihrer mangelnden Kompetenz immer mehr Befürworter. Der Bundesrat kann Gesetze nicht wirksam beeinspruchen, seiner Funktion als Hüter des Föderalismus nicht nachkommen und wird von der Bevölkerung als wert- und wirkungslos eingestuft. Die Masse der finanziellen Mittel der Länder und Gemeinden kommt in Form des Finanzausgleiches vom Bund. Sie müssen nicht selbst eingenommen, können aber weitgehend frei vergeben werden, was nicht unbedingt den sparsamen Umgang mit ihnen fördert. Die erkennbare Macht einzelner Landeshauptmänner beruht keineswegs auf ihrer Stellung in der Verfassung, sondern auf ihrer realen Macht innerhalb ihrer Parteiorganisation, kann also nicht durch Verfassungsänderung, sondern nur durch weitgehende Entmachtung der Parteien behoben werden.
Das Subsidiaritätsprinzip wurde in der Präambel und in Artikel 5 des Vertrages über die Europäische Union festgeschrieben, wurde aber in Österreich nie zum Anlass für Reformen in Form von Kompetenzverlagerungen von oben nach unten genommen. Die Tendenz geht weiterhin zur Verschiebung von unten nach oben. Kompetenzen, die der Bund in Richtung EU abgibt, lösen keinerlei Reduzierung der eigenen Strukturen aus, sondern werden durch Heraufziehen von Kompetenzen unterer Verwaltungsebenen ausgeglichen.
Die Parteien gewinnen immer mehr Macht über das Leben der Bürger. Parteizugehörigkeit entscheidet über berufliches Fortkommen großer Teile der Bevölkerung. Mit Hilfe der von ihnen abhängigen Medien versuchen die Parteien und Politiker, den Bürger zu erziehen, anstatt seine Interessen zu vertreten.
Eine eigene Außenpolitik findet nicht mehr statt, es gibt nicht einmal eine Festlegung österreichischer Interessen. Österreich hängt sich einfach außenpolitisch an Deutschland an und vollzieht Befehle aus Berlin.
Die Sicherheit nach außen wird nicht mehr wahrgenommen. Das Bundesheer ist seit seiner Gründung nicht in der Lage, den verfassungsmäßigen Auftrag auszuführen. Es dient lediglich zur Rechtfertigung des Zivildienstes, der ansonsten im Sinne des Artikels 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention als Zwangsarbeit einzustufen wäre.
Die Zuwanderung von Personen aus Kulturkreisen, die mit dem europäischen nicht kompatibel sind, hat ein die Gesellschaft destabilisierendes Ausmaß angenommen. Sie bringen in vielen Fällen noch ihre heimischen Konflikte ins Land, was massive Auswirkungen auf die innere Sicherheit zeitigt, sodass Meldungen über solche Vorfälle schon zensuriert werden müssen, um nicht auch Konflikte zwischen Migrantengruppen und der einheimischen Bevölkerung ausufern zu lassen.
Die Justiz agiert so parteiisch, dass die Bevölkerung ihr Vertrauen in sie weitgehend verloren hat. Personen, die nicht aus dem inneren Kreis der Oligarchie kommen und solche aus der Opposition werden bei Fehlverhalten unverhältnismäßig schwer bestraft, während Verfahren gegen Personen aus dem engen Kreis der Oligarchie meist bereits im Vorfeld durch abhängige Staatsanwaltschaften eingestellt werden.
Der Staat ist überreguliert, die EU fügt dem noch zusätzlich eine Unzahl von Regulierungen hinzu. Aus falsch verstandener Liberalität werden Gesetze und Verträge jedoch wenig konsequent umgesetzt.
Der Haushalt ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Bei einer der höchsten Steuerquoten werden laufend neue Defizite produziert und neue Schulden aufgenommen. Regierung und alle Verwaltungsebenen zeigen keinerlei Sorgfalt beim Umgang mit den abgepressten Steuermitteln, weil Politiker grundsätzlich nicht für die von ihnen fahrlässig angerichteten Schäden finanziell zur Verantwortung gezogen werden können.
Die Familien werden mutwillig zerstört, alternative Lebensformen propagiert und damit die Geburtenrate so weit gesenkt, dass das Pensionssystem in absehbarer Zeit kollabieren muss, und damit der Generationenvertrag hinfällig wird.
Der Bildungssektor produziert trotz exorbitanter Kosten – sie liegen jährlich um 2000€ je Schüler über dem Durchschnitt der OECD – immer mehr Jugendliche, die die einfachsten kulturellen Fähigkeiten vermissen lassen. Eine Schweizer Studie setzt Österreich bei der Frage, ob das Bildungssystem ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte produziert, auf Platz 52 von 60 untersuchten Ländern. Auf der anderen Seite werden große Mengen von Akademikern ausgebildet, die in Fächern, für die kein oder wenig Bedarf besteht, ohne wesentliche Leistungen akademische Titel erworben haben. Die österreichischen Universitäten sinken in internationalen Rankings immer weiter ab, keine befindet sich mehr unter den 200 besten dieser Erde.
Die Arbeitslosigkeit steigt als Folge der durch Überregulierung und hohe Steuern ausgelösten Abwanderung der Industrie in Länder mit niedrigerem Lohn- und Steuerniveau.
Die Wirtschaft leidet unter der zunehmenden Feindlichkeit weiter Bevölkerungsschichten gegenüber Technik und rationalen Naturwissenschaften. Der erhoffte Umstieg von manueller Arbeit auf innovative, die das oben beschriebene Abwandern von Arbeit hätte ausgleichen können, führte mangels Steuerung zu einer Akademikerschwemme in den Geisteswissenschaften ohne positive Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeitslosigkeit.
Die Kosten des Sozialsystems explodieren, weil es den Anreiz zur Erwerbstätigkeit reduziert, zu wenig treffsicher angewandt, nicht den zukünftigen Herausforderungen angepasst und sein Missbrauch nicht verhindert wird. Es ist also teuer und wenig effektiv.
Die offenen Probleme betreffen die Mehrzahl der Ressorts dieser Regierung und zeigen darüber hinaus, dass der Staat seiner eigentlichen Hauptaufgabe, der Sicherung der äußeren und inneren Sicherheit, nicht mehr nachkommt und es ist keine politische Kraft im Lande erkennbar, die diesen Trend umzudrehen willens und imstande wäre.
Nach 70 Jahren ist die Repräsentative Demokratie in Österreich definitiv multi-dysfunktional.
Folgerungen
Mit der bestehenden Parteienlandschaft ist das Gemeinwesen nicht mehr evolutionär weiter zu entwickeln. Die notwendigen Veränderungen müssten eine weitgehende Entmachtung der Parteien beinhalten und stehen daher absolut im Gegensatz zu deren Interessen. Es bleiben nur mehr zwei Möglichkeiten der Veränderung:
Zumindest eine der beiden Regierungsparteien oder im optimalen Fall beide implodieren und aus ihren Resten und den anderen Parlamentsparteien lässt sich keine handlungsfähige Regierung mehr bilden.
Die Regierung wird gewaltsam gestürzt.
Nachdem die zweite Option mit Gewaltanwendung verbunden ist, muss sie jedenfalls vermieden werden. Bei steigender Verärgerung des Volkes und weiterer Unfähigkeit der Parteien zum grundsätzlichen Neuanfang rückt sie aber auf lange Sicht in den Bereich des Möglichen.
Eine Implosion der Regierungsparteien ist zu erwarten, wenn sie bei einer Wahl so dramatische Verluste einfahren, dass ein weiteres Verzögern absehbar in den völligen Untergang führt. Dies kann auf zwei Wegen erreicht werden: Wenn wählbare Parteien vorhanden sind, die die Option einer grundsätzlichen Veränderung der politischen Handlungsmuster eröffnen, wird damit eine im Vergleich zu den bisherigen Parteien bessere, wählbare Alternative angeboten – eine Option, die derzeit noch nicht erkennbar ist.
Der zweite Weg wäre die Nutzbarmachung der Nichtwähler. Nach derzeitigem Stand wären dies 26 Prozent der Wahlberechtigten. Wenn diesem Personenkreis klar gemacht werden kann, dass die Wahl irgendeiner Protest- oder Splitterpartei, gleichgültig welcher, den Anteil der Regierungsparteien automatisch verringert, anstatt ihn durch Nichtwählen ebenso automatisch zu vergrößern, müsste dieses Potential in großen Teilen zum Zwecke der Herbeiführung der Implosion nutzbar gemacht werden können. Beide Wege müssten gleichzeitig beschritten werden, um die Erfolgsaussichten massiv zu stärken.
Verlieren die Parteien die Macht, so muss diese irgendjemandem übergeben werden.
Mit der Oligarchie haben wir in den letzten Jahrzehnten genügend Erfahrungen gesammelt, um diesen Versuch nicht noch einmal zu beginnen.
Der Herrschaft einer Person in der Form eines Monarchen oder Diktators sollten wir ebenfalls auf Grund unserer Erfahrungen nicht näher treten. Immerhin haben beide Regierungsformen einen Weltkrieg angezettelt oder zumindest mit verursacht.
Es bleibt also nur die Übergabe der Macht an das Volk selbst in Form einer möglichst breiten Beteiligung, also Direkter Demokratie.
Selbstverständlich wird das Volk Fehler begehen, nachdem es des Regierens ungewohnt ist. Es darf auch Fehler begehen und wird aus diesen lernen, am besten beginnend auf der kommunalen Ebene, wo es die Probleme unmittelbar sieht, mehr Information für die notwendigen Entscheidungen mitbringt und eventuelle Fehler keine so gravierenden Auswirkungen haben. Das Argument, Österreichs Volk sei nicht reif für Direkte Demokratie ist zwar zutreffend – wann hätte es diese auch lernen sollen – ist aber als Argument gegen sie untauglich. Ohne sie zu praktizieren, kann man sie auch nicht erlernen.
Die Oligarchie muss entmachtet, Macht und Einfluss den Parteien weitgehend aus der Hand gewunden werden. Die Repräsentative Demokratie ist rückzubauen, einzige Alternative bleibt die Umwandlung zu Gunsten der Direkten. Der weiteren Zentralisierung, ausgehend von Transfer von Kompetenzen zu supranationalen Zusammenschlüssen und dem darauf folgenden Nachziehen von Kompetenzen von den unteren Ebenen, muss entschieden entgegengetreten werden. Die Verpflichtung zur Subsidiarität ist umzusetzen.
Es muss mit allen Mitteln versucht werden, diesen Prozess auf gewaltfreiem Weg durchzusetzen. Umso länger er aufgeschoben wird, umso schmerzhafter und gewaltsamer wird er sein.
Rupert Wenger war Offizier des Bundesheeres als Kompanie- und Bataillonskommandant in der Panzertruppe und später Analyst in einer Dienststelle des Verteidigungsministeriums.