Engstirnigkeit und Despotie machen sich an den heimischen Universitäten breit. Zu stören scheint dies bislang niemanden. Die akademische Freiheit wird indessen an immer mehr Universitäten nur noch dann bemüht, wenn dies gerade für eigene Zwecke opportun erscheint.
Von Jahr zu Jahr rutschen österreichische Hochschulen bei internationalen Vergleichen von Forschung und Lehre weiter nach hinten. Fast ausnahmslos schiebt man die Schuld dafür der Unterfinanzierung der Universitäten zu. Geld ist jedoch dafür da, um Sicherheitspersonal zu beschäftigen, damit es Studenten im Anzug am Betreten der Universität hindert – so gesehen an der Universität Wien und der Technischen Universität Wien.
Ob eine Sprache der politischen Korrektheit dazu beiträgt, die Gleichstellung der Frau zu erreichen oder eher doch hauptsächlich eine Form der ideologischen Beeinflussung darstellt, welche Forschern aufoktroyieren will, wie sie ihre Gedanken formulieren dürfen, darüber scheiden sich die Geister. Aufnahmeprüfungen, bei denen Frauen, die schlechter als die Männer abschnitten, einseitig bevorzugt werden, erweisen der Wissenschaft einen ebensolchen Dienst wie Stellenbesetzungen, die sich an etwas anderem orientieren als an allgemein gültigen Leistungskriterien.
Alles in allem äußerst bedenkliche Fehlentwicklungen, die dazu geeignet sind, einen ordentlichen, objektiven und qualitätsorientierten wissenschaftlichen Universitätsbetrieb eher zu verhindern, als zu verbessern.
Ein Zentrum dieses Geistes, der sich gern progressiv gibt, jedoch nichts anderes ist als ein Misthaufen, auf dem viele linksextreme Ideen reifen, ist die Österreichische Hochschülerschaft. Diese Organisation, innerhalb der sozialistische Studenten, Grüne und Kommunisten nur mehr am Namen, kaum jedoch an ihren Inhalten unterscheidbar sind, ist bei knapp 30 Prozent Wahlbeteiligung zwar alles andere als für die Studentenschaft repräsentativ. Die ÖH ist andererseits aber jedenfalls stark genug, um unter den Rektoren manche Persönlichkeiten, welche vielleicht fachlich – nicht aber hinsichtlich ihrer Führungsqualitäten – für ihre Posten qualifiziert sind, vor sich herzutreiben und sie dazu zu bringen, ihr antidemokratisches Gedankengut zu übernehmen.
Jüngstes Beispiel dafür ist die Rektorin der Technischen Universität Wien, Sabine Seidler. Diese genierte sich nicht, dem Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) einen bereits Wochen im Voraus bewilligten Hörsaal so kurzfristig wegzunehmen, dass ein Ausweichen nur unter größten Problemen gelang. Die Absage enthielt zwar den Hinweis, dass es auch keinen Ersatzraum gebe – eine Begründung dieses Schrittes mussten sich die Hausjuristen der TU aber erst überlegen; sie wurde mit Verspätung von mehreren Tagen nachgereicht.
Thema der Veranstaltung sollte „Intelligenz, Bildung, Wissenschaft – Quo vadis?“ sein. Eine Brüskierung der eingeladenen Referenten – des emeritierten TU-Professors Werner Kuich und des Nationalrats Walter Rosenkranz – nahm Seidler dafür in Kauf.
Außerhalb von Fachkreisen war Sabine Seidler, Rektorin der Technischen Universität Wien, vor ihrem Amtsantritt 2011 für viele ein unbeschriebenes Blatt. Einzige Zwischenstation nach der Diplomarbeit war Bochum, ansonsten absolvierte sie ihre gesamte wissenschaftliche Laufbahn an der TU Wien. Sozialisiert wurde sie allerdings in der DDR, in Wittenberg und Merseburg.
Selbstverständlich steht es der TU Wien frei, Veranstaltungen in ihren Räumlichkeiten zu genehmigen oder auch nicht. Einmal gemachte Zusagen haben aber auch für die TU Wien rechtsverbindlichen Charakter und können nicht Ziel willkürlicher Entscheidungen sein. Entgegen der nachträglichen Begründung Seidlers, warum dem RFS der Hörsaal entzogen worden ist, gibt es nämlich auch die Auslegung, dass es dem RFS als wahlwerbender Partei durchaus zusteht, einen Hörsaal zugeteilt zu bekommen. (Demnach würde die kurzfristige Zurückziehung der Hörsaal-Zusage einen Gesetzesbruch und damit auch Amtsmissbrauch bedeuten.)
Um das wahre Ausmaß der „demokratischen“ Gesinnung Seidlers nicht zu verschweigen, sei überdies auch noch erwähnt, dass am geplanten Termin der verhinderten Veranstaltung der ursprünglich zugeteilte Hörsaal, der „Hochenegg-Hörsaal“ von Sicherheitspersonal bewacht wurde. Der Hörsaal war zwar leer, doch Hinweisschilder kündigten für gleichzeitig einen ÖH-Filmabend in eben jenem Hörsaal an. (Eine parlamentarische Anfrage zu den Kosten für Sicherheitspersonal an den Universitäten wurde in diesem Zusammenhang erst vor kurzem eingebracht, und auf das Ergebnis dürfen wir gespannt sein.)
Schade nur, dass angesichts dieses menschlichen Totalversagens auch der Ruf Seidlers als Wissenschaftlerin leidet. Meinungs- und Versammlungsfreiheit gilt in Österreich nämlich für alle Staatsbürger.
Kurz nach diesem Vorfall an der TU Wien hat der RFS erneut einen Hörsaal beantragt. Oben erwähnter Logik folgend – offenbar um sich nicht dem Verdacht eines fortgesetzten Amtsmissbrauchs aussetzen zu wollen – wurde die Hörsaal-Benützung diesmal genehmigt, sodass die Veranstaltung durchgeführt werden konnte. Die plumpe Vorgehensweise bei der Nichtgenehmigung hinterlässt aber jedenfalls einen schalen Beigeschmack, welcher Stellenwert der Meinungsfreiheit an der TU Wien eingeräumt wird. Einen ideologisch geprägten Wissenschaftsbetrieb haben wir vor Jahrzehnten hinter uns gelassen. Die Gesinnungsethik Sabine Seidlers ist daher völlig fehl am Platz.
Christian Schmied war langjähriger Funktionär des RFS Wien.