Australien galt lange Zeit als „the lucky country“, als eine Insel der Seligen: reich an Ressourcen, hoher Lebensstandard, ein fester Bestandteil der westlichen Welt; und doch, dank seiner geographischen Abgeschiedenheit, in gesunder Distanz zu den gröberen Turbulenzen des Weltgeschehens.
Doch zehn Tage vor Weihnachten wurde das friedliche Paradies „down under“ in seinen Grundfesten erschüttert. Der Terror, wie ihn die Welt nach dem 11. September kennen lernen musste, hat nun auch das ferne, abgeschiedene Australien erreicht. In einem Kaffeehaus mitten in der Innenstadt von Sydney bringt ein Mann, bewaffnet und zu allem entschlossen unter der Flagge des „Islamischen Staates“, 17 Menschen in seine Gewalt. Über 15 Stunden lang müssen Behörden und die australische Öffentlichkeit die Todesängste der Geiseln durchs Fenster mitverfolgen. Derartiges hatte Australien noch nie erleben müssen.
Geboren und aufgewachsen in Sydney kam ich für die Feiertage wieder nach Hause. Die Ereignisse des 15. Dezember haben sich für immer in mein Gedächtnis eingebrannt. Ich kenne das Lindt Café sehr gut; ich habe früher sogar im Geschäft gegenüber gearbeitet.
Angst und Unsicherheit machen sich breit. Bis dato hatten die Behörden alle terroristischen Aktivitäten erfolgreich von australischem Boden fern gehalten. Polizei und Nachrichtendienst arbeiten eng zusammen und konnten sämtliche bisherigen Anschlagspläne schon im Keim ersticken. Erst im September, als Australien Truppen in den Kampf gegen die IS-Miliz entsandte, fand der größte Anti-Terroreinsatz in der Geschichte dieses Landes statt.
Dennoch war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis ein Fanatiker der Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte entgleiten konnte. Nun reiht sich Sydney zu New York, London und Madrid als den Schauplätzen des modernen islamischen Terrors.
Interessanterweise denken die Australier nun wieder über ihre Waffengesetze nach. Wie wäre dieser 15. Dezember verlaufen, wenn zwei oder drei verantwortungsvolle Bürger eine Waffe bei sich getragen hätten? Machen wir es unseren Feinden nicht gar zu leicht, wenn wir freiwillig darauf verzichten, uns zu verteidigen? Schwäche ist provokativ.
Wenig verwunderlich müssen gerade jene Staaten mit „home-grown terrorism“, also Terrorgefahr aus dem eigenen Land, kämpfen, deren Waffengesetze besonders restriktiv sind. Eine wachsende Anzahl Australier wünscht sich nun doch, sich bewaffnen zu dürfen.
Die erschütternden Ereignisse haben die Besorgnis über die wachsende Präsenz des Islam in Australien in den Fokus der öffentlichen Debatte gerückt. Viele Australier fragen sich, ob nicht dieser Terroranschlag auf eine falsche Einwanderungspolitik in den letzten Jahrzehnten, von Regierungen beider politischen Lager, zurückzuführen ist.
Die Ablehnung individueller Freiheit und Vernunft, die rigorose Durchsetzung der Sharia bei Muslimen, aber gleichermaßen auch Andersgläubigen, der Status der Frauen in den muslimischen Gesellschaften sind ernste moralische Probleme der islamischen Welt. Die extremistische Haltung in diesen und anderen Fragen ist mit den liberal-demokratischen Werten des Westens unvereinbar.
In der Öffentlichkeit propagieren islamische Gelehrte gestützt auf den Koran immer öfter und immer ungenierter die Ideologie weltweiter islamischer Vorherrschaft. Die Regierung in Canberra lässt allerdings keinen Zweifel, wie sie mit Terrortouristen nach Syrien umgehen wird: Wer immer mit australischem Pass oder Aufenthaltsbewilligung in die Kampfgebiete in Nahen Osten reist, hat seine Mitgliedschaft im „Team Australia“ verwirkt und darf nie wieder einreisen.
Nick Adams, Lokalpolitiker aus Sydney, Bestsellerautor und Politikanalyst. Er ist regelmäßiger Gast mehrerer US-amerikanischer Fernseh- und Radiostationen.