Ist eine Koexistenz von Christentum und Islam möglich?

Kürzlich erschien im „Profil“ ein sehr lesenswerter Artikel des Univ.-Prof. Dr. Ednan Aslan, Ordinarius für islamische Religionspädagogik an der Universität Wien. Hätten alle Moslems eine so intellektuell redliche Haltung, gäbe es keine Probleme mit einer Koexistenz.

Faktisch sind aber die islamischen Gruppierungen weit mehr zerstritten als die christlichen Konfessionen. Die Feststellung, dass der Islam rund 600 Jahre jünger ist, ist zwar richtig, hilft aber für eine friedliche Koexistenz nicht weiter. Denn in einer globalisierten Welt ist das „Cuius regio, eius religio“ nicht mehr lebbar.

Conditio sine qua non für eine friedliche Koexistenz wäre das Anerkennen der AMRK 1948 (Allgemeine Menschenrechtskonvention) durch alle zusammen lebenden religiösen, weltanschaulichen, politischen Gruppierungen. Ungeeignet als Koexistenzbasis ist die Kairoer Menschenrechtserklärung von 1990, weil – trotz vieler Anklänge an die AMRK – die Scharia der letzte Maßstab bleibt (besonders in den Artikeln 22 bis 25).

Es ist Minister Sebastian Kurz voll und ganz zuzustimmen, wenn er sagt: „Für die Scharia ist kein Platz in Österreich." Diese Aussage ist durch einen Spruch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus dem Jahre 2003 gedeckt, zumal die Scharia zur Rechts- und nicht zur Religionspraxis zu rechnen ist.

In einer pluralistischen Gesellschaft darf keine religiöse oder andere weltanschauliche Gruppierung bevorzugt oder benachteiligt werden. Das müsste auch durch die anstehende Novellierung des Islamgesetzes gewährleistet sein. Und das ist teilweise nicht gegeben, teilweise wird es nicht kontrolliert.

Zu den nicht oder zu wenig kontrollierten Bereichen gehört etwa, ob Gesetze wie das Verbot der Beschneidung der Frau oder die Betäubung des Schlachttieres bei Schächtungen tatsächlich flächendeckend eingehalten werden.

Zu wenig geregelt ist die Lehrerlaubnis. Lehrende christlicher Konfessionen können zwar im Ausland ausgebildet sein, müssen aber nachweisen, dass sie unseren Lehrbefähigungskriterien entsprechen bzw. Fehlendes nachholen. Im Islam gibt es im Ausland ausgebildete Imame als „Lebendsubventionen“, deren Unterricht vom österreichischen Staat nicht kontrollierbar ist – und das, obwohl die Moslems dieselben Ausbildungsinstitutionen wie christliche Konfessionen erhalten haben.

Ebenso müssen Unterrichtsmaterialien auf ihre Kompatibilität mit der österreichischen Verfassung und dem österreichischen Schulunterrichtsgesetz kontrollierbar sein. Das gilt vor allem für den Koran. Es ist klar, dass es weder für die Bibel noch für den Koran eine authentische Übersetzung geben kann – aber die christlichen Konfessionen haben sich auf von ihnen anerkannte Übersetzungen geeinigt: Dass müsste auch für den Koran möglich sein, zumal er deutlich jünger als das Alte Testament ist. Wobei es eventuell verschiedene Übersetzungen für die verschiedenen Gruppierungen geben kann.

Es ist daher keineswegs eine Islamophobie, von Moslems, die in Österreich leben wollen, dasselbe zu verlangen wie von Christen, sondern eher eine Christianophobie, das nicht zu tun.

Eine friedliche Koexistenz setzt die Anerkennung der AMRK in Theorie und Praxis durch alle Koexistierenden voraus.

Mag. theol und Dr. phil Elisabeth Deifel ist als Schwester Katharina bei den Dominikanerinnen eingetreten. Sie ist verwitwete Ehefrau und Mutter und hat das Lehramt für Latein und Griechisch. Sie war Professorin an der Pädagogischen Hochschule und ist heute in der Erwachsenenbildung tätig.

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