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Es ist genug für alle da – nur auf die gerechte Verteilung kommt es an…

Für einige unserer Zeitgenossen lebt die Menschheit offenbar im Garten Eden. An diesem sagenhaften Ort herrscht bekanntlich absoluter Überfluss. Mangel – woran auch immer – ist unbekannt. Was das Herz begehrt, ist reichlich vorhanden. Man muss es sich nur einfach nehmen…

Das heißt, ganz so ist es gegenwärtig leider doch wieder nicht. Nicht etwa deshalb, weil nicht genug von allem da wäre. Das nicht. Sondern weil es ein paar raffgierige Unmenschen verstanden haben, sich auf schändliche Weise derart viel zu nehmen, dass alle anderen nun Mangel leiden müssen. Welche eine Gemeinheit!

Als Vehikel zur Schaffung dieser schreienden Ungerechtigkeit dient den entmenschten Blutsaugern die fatale Erfindung des Privateigentums, das bislang leider jeden noch so ambitionierten Versuch, es abzuschaffen, überlebt hat. Eigens zu seiner Verteidigung wurde die perfide Wissenschaftsdisziplin der Ökonomie erfunden. Einer deren erster Lehrsätze besagt, dass allgemeine Knappheit an Ressourcen herrscht (was nach einer Antwort auf die Frage nach der Verfügungsberechtigung verlangt). Lächerlich!

Der Wegbereiter der Französischen Revolution, Jean-Jacques Rousseau, erkannte als einer der ersten Theoretiker der Neuzeit den verderblichen Charakter privaten Eigentums: „Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und dreist sagte: Das ist mein und so einfältige Leute fand, die das glaubten, wurde zum wahren Gründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, Leiden und Schrecken würde einer dem Menschengeschlecht erspart haben, hätte er die Pfähle herausgerissen oder den Graben zugeschüttet und seinesgleichen zugerufen: Hört ja nicht auf diesen Betrüger. Ihr seid alle verloren, wenn ihr vergesst, dass die Früchte allen gehören und die Erde keinem.“

Das ist, für Intellektuelle typisch, bemerkenswert lebensnah und praktisch gedacht: Welcher Landwirt wird nicht voller Begeisterung seine Felder bestellen, um die geernteten Früchte dann ebenso selbst- wie kostenlos unter alle anderen aufzuteilen?

Von Rousseaus Betrüger ist es nur ein winziger Schritt zu Proudhons Dieb: „Eigentum ist Diebstahl.“ Klingt irgendwie logisch. Wir sehen schon: Privateigentum ist Teufelszeug. Wenn wir nur (wieder!) dahin kommen könnten, dass (wie einst im Paradies) jedem alles gehört, herrschte Frieden und Gerechtigkeit auf Erden. Denn da ja genug von allem da ist, kommt es ja nur auf die gerechte Verteilung an.

Wie die zu erreichen ist, davon haben etwa die ehrenwerten Damen und Herren der globalisierungskritischen NGO Attac recht klare Vorstellungen: Durch ein „bedingungsloses Grundeinkommen“ zum Beispiel. Damit könnte man ein „gutes Leben für alle“ schaffen. Diese Wohltat wird „bedingungslos, allgemein, personenbezogen in Existenz- und Teilhabe sichernder Höhe ausbezahlt“.

Leider wird vor lauter Begeisterung für dieses geniale Konzept auf die Erwähnung einer winzigen Kleinigkeit vergessen: Zwar sind die Auszahlungen an keine Bedingungen geknüpft. Die Finanzierung der Chose aber kann nur unter der zwingenden Voraussetzung sichergestellt werden, dass sich eine ausreichende Zahl von Narren findet, die freiwillig für das müßige Leben ihrer Mitmenschen aufkommen, oder – darauf läuft es realiter wohl eher hinaus – dass man Uneinsichtige gewaltsam zur Zahlung verpflichtet. Von „Bedingungslosigkeit“ des Grundeinkommens kann somit keine Rede sein.

Den Weg zum kollektiven Glück findet Attac unter anderem über die bemerkenswerte Erkenntnis, dass „Geld ein öffentliches Gut“ ist. Aha. Nehmen wir das einfach zur Kenntnis, ohne kleinlich danach zu fragen, ob das bedeutet, dass die in unseren Brieftaschen befindlichen Geldscheine eigentlich gar nicht wirklich uns gehören? In konsequenter Anwendung obiger Überlegungen gehören die ja wohl auch „allen“.

Entscheidend für die (Wieder-)Herstellung paradiesischer Zustände im irdischen Jammertal ist laut Attac jedenfalls die „Gerechtigkeit im Steuersystem“. Im einschlägigen Merkblatt mit dem Titel „Fair Steuern“ lesen wir als ersten Satz: „Steuern sind grundsätzlich etwas Positives…“ Na klar doch! Das Ekelhafte in den Beziehungen zwischen privaten Akteuren auf dem Markt ist ja der peinliche Umstand, dass jeder konkreten Leistung eine ebenso konkrete Gegenleistung gegenübersteht: Ware oder Dienstleistung für Geld.

Was für eine spießig-bourgeoise Fehlkonzeption! Wo bleibt da der Raum fürs „Soziale“? Da ist es doch ganz eindeutig besser, Tribute (jenseits der 50-Prozentmarke des jeweiligen Einkommens, versteht sich; es sei denn, man ist Bezieher eines „bedingungslosen Grundeinkommens“) abzuführen und sich hernach einfach überraschen zu lassen, was man, falls überhaupt, dafür bekommt!

So gesehen, ist es auch recht und – naja, billig ist es leider nicht – einzusehen, dass der kleine Prozentsatz von Leistungsträgern, die schon jetzt den Großteil der Steuerlasten schultert, künftig noch ein bisserl mehr zum „Gemeinwohl“ beitragen soll. Auf diese Weise können dann diejenigen, die überhaupt keine direkten Steuern leisten (dank einer klug durchdachten Steuergesetzgebung sind das täglich mehr!), auch noch mit „Negativsteuern“ (was für eine kreative Wortschöpfung!) verwöhnt werden. Das schwebt gegenwärtig der österreichischen „Arbeiterkammer“ vor, ihres Zeichens gesetzliche Zwangsvertretung der Arbeitnehmer des Landes.

Aus Wolkenkuckucksheim zurück zum Boden der Realität. Wie man es auch dreht und wendet: Respekt vor privatem Eigentum, oder auch nur die bloße Akzeptanz dessen schierer Existenz, sucht man bei den Sozialisten in allen Parteien (und NGOs) vergeblich. Alle geben sie sich, aller reichlich vorhandenen empirischen Evidenz um Trotz, überzeugt von der Überlegenheit des Gemeineigentums. Alles soll allen gehören – und damit am Ende niemandem.

Die unlösbaren Dauerkonflikte, die beim Wegfall einer eindeutigen Unterscheidungsmöglichkeit zwischen Mein und Dein notwendigerweise entstehen, werden einfach ausgeblendet. Die leidvollen Erfahrungen aus der Welt des Realsozialismus werden ignoriert. War/ist der dort allgegenwärtige Mangel wirklich nur das Resultat suboptimaler Verteilung?

Wie sämtliche verfügbaren Untersuchungen unzweideutig belegen, bedeutet die zentrale, planwirtschaftliche Organisation einer Gesellschaft den sichersten Weg zu ihrer Verarmung. Ebenso offensichtlich ist deren (nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht) möglichst liberale Gestaltung der Garant für wachsenden Wohlstand.

Fazit: Zwar kann man Koko, dem Gorilla, die menschliche Gebärdensprache beibringen; Staatsverliebten Bürokraten zu vermitteln, dass es besser wäre, sie würden sich aus Verteilungsfragen heraushalten, scheint indes unmöglich zu sein…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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