Darwin und das Design

In Österreich ist es um die zeitweilig recht heftig debattierte Intelligent-Design-Theorie ziemlich ruhig geworden. Das ist schade. Die Diskussion über die auf dem Zufallsprinzip begründete Evolutionstheorie einerseits und über das christlich inspirierte Denkmodell des absichtsvollen „Intelligent Design“ andererseits bliebe auch hierzulande eine Herausforderung. Auch wenn immer die Gefahr besteht, dass die Debatte in einen intellektuellen Stellungskrieg mündet, der von Schwarz-Weiß-Denken geprägt ist.

Die Frage, ob es den göttlichen Zündungsfunken bei der Lebensentstehung gab und ob seitdem eine steuernde Kraft hinter der Evolution steht oder nicht, diese Frage kann natürlich auch redundante Streitereien generieren. Dies passiert dann, wenn die jeweiligen Vertreter der beiden Denkfiguren in missionarischem Eifer die jeweils andere Seite überzeugen wollen.

Schon die zugrunde liegenden Begriffe „Glauben“ und „Wissenschaft“ legen nämlich fest, dass es im Prinzip um nur schwer verhandelbare Entitäten geht: Im Glauben manifestiert sich die religiöse Hoffnung auf die Existenz eines göttlichen Wesens, in der Wissenschaft erkennen wir die durch nachweisliche Fakten erklärbaren Dinglichkeiten des Daseins.

Wenn die Gläubigen und die Wissenschaftsanhänger einander in ihren gängigen Argumentationen die Existenz oder Nicht-Existenz Gottes beweisen wollen, so bringt das also nicht viel. Die Gläubigen werden ihren Glauben nicht aufgeben, nur weil biologistische Hardliner wie etwa der weltbekannte Genetiker Richard Dawkins die Existenz Gottes leugnen. Und die Atheisten unter den Wissenschaftlern werden aufgrund ihrer Faktensammlungen und ihres materiebezogenen Denkens weiterhin das Vorhandensein des Göttlichen in der Evolution bezweifeln.

Soll man deswegen nun aufhören, diese grundlegenden Fragen des Lebens zu diskutieren? Zweifellos nicht. Im Gegenteil, wir brauchen sogar eine intensivere, vor allem aber eine besser geführte Debatte. Das bedingt jedoch, dass alle, die an der Diskussion teilnehmen, zuerst ihre eigenen Sichtweisen hinterfragen, damit sie eventuell vorhandene engstirnige Positionen bei sich selbst erkennen können. Engstirnigkeit lässt höherstehende Debatten einfach nicht zu.

Eine Diskussion wird zwangsläufig ergebnislos bleiben, wenn die Bornierten unter den Diskutanten die Denkweisen der Gegenseite a priori ablehnen. Und, wohlgemerkt, in der Intelligent-Design-Debatte sind gar nicht wenige Wissenschaftler die Engstirnigen: Wenn Wissenschaftler die mögliche Existenz eines „Intelligent Designers“ kategorisch negieren, dann entbehrt diese Ablehnung jeder rationalen Grundlage. Niemand hat bisher jemals wissenschaftlich bewiesen, dass es keinen solchen Designer gibt. Daher kann keine Wissenschaft der Welt von dessen gegebener Nicht-Existenz ausgehen, eine solche Grundannahme ist exemplarisch unwissenschaftlich und verbietet sich von selbst.

Freilich kann und darf man als Wissenschaftler aber die Theorie vertreten, dass es keinen Gott gibt. Diese in der Wissenschaft grundsätzlich altbekannte Problematik von streng auseinander zu haltenden nachweisbaren Gegebenheiten und rein theoretischen Annahmen wird leider auch von Wissenschaftlern gerne diffus behandelt, die Vermengung dieser Begriffe ist tägliche Realität.

Ähnlich verhält es sich mit der Haltung und den Argumentationslinien der Kirche. Wenn ernstzunehmende Kirchenvertreter biologisch-wissenschaftliche Erkenntnisse als solche akzeptieren (was zumindest die Elite der theologischen Vordenker ohnehin tut), dann steht einer Diskussion um die Hintergründe des Lebens und seiner Entstehung nichts im Wege. Wenn aber dogmatisch und kategorisch die wissenschaftlich beweisbaren Fakten der Evolutionstheorie geleugnet werden, dann ist die Debatte aus den obengenannten Gründen ebenfalls a priori sinnlos.

Zusammengefasst bedeutet das: Für die Evolution, die Entstehung der Arten und den grundsätzlichen Wandel des Lebens gibt es eine ganze Reihe von stichhaltigen wissenschaftlichen Beweisen. Dass die Evolution aber ausschließlich auf dem Zufall beruht und keiner steuernden Kraft unterliegt, ist eine theoretische Annahme, die bisher eben nicht zu beweisen war. Die Möglichkeit der Existenz eines Schöpfers, der schon vor der Entstehung des Lebens da war und dasselbe initiiert haben könnte, muss daher auch und vor allem nach streng wissenschaftlichen Kriterien zugelassen werden.

Auf der anderen Seite gibt es für das Vorhandensein dieses „Intelligent Designers“ aus der Sicht der Gläubigen eine ganze Menge an Belegen. Vor allem aber gibt es religiöse Überzeugungen, die eine Existenz des Göttlichen als gegeben beinhalten. Biologische und wissenschaftliche Erkenntnisse werden deswegen nicht von vornherein abgelehnt, sondern haben zweifellos ihren Platz, denn die Wissenschaft als solche ist grundsätzlich nicht der Gottseibeiuns der Kirche.

Denkt man beide Sichtweisen mit offenem Geist zu Ende, dann erkennt man, dass sich die „Intelligent Design“-Theorie und die Evolutionstheorie keineswegs gegenseitig ausschließen, sondern vielmehr, dass die Denkmodelle sich sogar ergänzen, ja letztlich sogar ineinander fließen können. Die Existenz des Göttlichen widerspricht weder der Wissenschaft an sich noch der Evolutionstheorie im Speziellen. Und umgekehrt machen bei exakter Analyse sowohl Darwins Erkenntnisse wie auch die Ergebnisse modernster genetischer Forschungen das Vorhandensein eines Intelligent Designers keinesfalls denkunmöglich.

 Dr. Marcus Franz ist Arzt und Nationalrats-Abgeordneter des Teams Stronach.

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